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Windreich AG: Wie Sponsor Willi Balz scheiterte

Von Günther Wiesinger
Oldtimer-Herrenfahrer Willi Balz

Oldtimer-Herrenfahrer Willi Balz

2011 warb sogar Weltmeister Stefan Bradl für die Windreich AG. Jetzt ermttelt die Staatsanwaltschaft gegen Firmenchef Wili Balz.

Andächtig lauschten die Wirtschaftsjournalisten der renommiertesten Blätter Deutschlands in den letzten Jahren den salbungsvollen Worten des Windpark-Entwicklers Willi Balz, des Vorstandsvorsitzenden der Windreich AG. Kaum ein Superlativ, das dem selbsternannten «Windmüller» nicht zugeschrieben wurde. Er hielt Vorträge und sprach gern von einem Projektvolumen von mehr als 1 Milliarde Euro. Auch von 1,6 Milliarden war zwischendurch die Rede...

Die Windreich AG hatte aber durch zwei Anleihen nur 125 Millionen Euro aufgenommen und jahrelang Verluste erwirtschaftet.

Trotzdem wurde Balz (51) von willfährigen Journalisten als Kraftwerk bezeichnet, als Macher und Motivator, als Antreiber und Alphatier. In Wirklichkeit war er eher ein Jongleur mit dem Geld fremder Leute.

Global Tech 1 sollte der Windpark vor der deutschen Nordseeküste heissen, mit dem sich der eifrige Oldtimer-Sammler und langjährige Motorsport-Sponsor auf hohe See wagte. 2008 wurde die Anlage genehmigt, sie sollte jährlich 1,4 Milliarden Kilowattstunden Strom liefern. Damit könne der Bedarf von 450.000 Haushalten und einer Million Menschen gedeckt werden, schwärmte Balz. Er war Gründer, Vorstandsvorsitzender und Alleinaktionär der Windreich AG.

In euphorischen Pressemitteilungen sprach die Windreich AG von jährlichen Umsätzen von 100 Millionen Euro.

Jetzt sieht es so aus, als habe Balz um seine Geschäfte zu viel Wind gemacht. Laut FAZ ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft gegen den Windparkentwickler Windreich AG. Es sei ein Verfahren wegen des Verdachts der Bilanzmanipulation, des Kapitalanlagebetrugs, der Marktpreismanipulation und des Kreditbetrugs eingeleitet worden. Rund 35 Beamte des Landeskriminalamts durchsuchten am Dienstag die Hauptverwaltung des in Wolfschlugen ansässigen Unternehmens sowie vier Privatwohnungen. Die Ermittlungen richten sich gegen fünf amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder. Vorstandsvorsitzender und Alleinaktionär des Unternehmens ist Willi Balz.

Ein Faible für Prominenz

Balz entwickelte nicht nur Windparkanlagen, sondern auch ein Faible für Prominenz. Er holte den ehemaligen baden-württembergischen Wirtschaftsminister Walter Döring genau so in den Vorstand wie die TV-Moderation Sabine Christiansen.

Als Motorsport-Sponsor schmiss sich der Windmüller an wie Sportler Loris Capirossi, Alex Hofmann, Stefan Bradl, Philipp Öttl und Katja Poensgen heran. In Düsseldorf sass er als Beifahrer beim Race of Champions neben Sebastian Vettel. Dazu liess er sich mit Weltumsegler Bertrand Piccard fotografieren, der die Welt als erster Mensch mit einem Ballon umkreiste. Mit seinem zehnsitzigen Privatflugzeug Pilatus PC12 flog Prominenz wie Ministerpräsident Stefan Mappus. Und Rennstrecken-Architekt Hermann Tilke wurde als Experte für die Projektsteuerung und das Controlling präsentiert. 

Irgendwann dozierte er von drei genehmigten (einer nennt sich MEG 1, einer Deutsche Bucht) und 20 beantragten Windparks. Er wollte in den kommenden Jahrzehnten 1700 Windräder für mehr als 30 Milliarden Euro in die Nordsee stellen. Die Leistung von 8500 Megawatt reiche aus, um 23 Millionen Menschen mit Strom zu versorgen, rechnete Balz vor. Bei solch windigen Angaben blieb den meisten Zuhörern andächtig der Mund offen. Wie diese Strommenge den Weg zu den Verbrauchern finden und wie er gespeichert werden sollte, solche Details wollte da niemand mehr erörtern.

Der Ausbaubedarf für neue Stromtrassen liegt bis 2022 bei 3800 km. Das würde 20 Milliarden kosten. Wer das bezahlen sollte, darüber herrscht Unklarheit.

Der Windreich AG wurde in einer Studie ein Marktanteil von 35 Prozent für Offshore-Windkraft in der deutschen Nordsee attestiert. Damit sei sie uneingeschränkter Marktführer, hiess es.

Die Windreich AG legte 6.5-%-Anleihen auf, die Anleger schlugen alle Warnungen in den Wind. Irgendwann kehrte Windstille ein. Zur Jahreswende 2011/2012 mehrten sich die Informationen, Willi Balz sei nicht mehr erreichbar. Der Geldstrom der Sponsorship-Zahlungen versiegte. Und Balz beweihräucherte seine Oldtimer-Heldentaten nicht mehr in windschiefen, ganzseitigen Anzeigen.

Dafür mehrten sich die Anzeichen von nicht rechtzeitig fertiggestellten Windparks. Die Genehmigungsverfahren waren unberechenbar und langwierig. Die Behörden prüften die Auswirkungen auf die Meeresumwelt immer strenger. Balz hielt die Risiken für überschaubar. Die Restrisiken seien versichert, behauptete er.

Oltimer mit Firmengeld erworben

Balz vermengte mitunter Geschäftliches und Privates. 2009 habe die Firma Windreich AG ihrem Eigentümer Balz ein Darlehen über 48,5 Millionen Euro gewährt, berichtete die Creditreform. Er habe es vor allem für den Erwerb historischer Rennwagen verwendet, wurde Balz vorgeworfen.

Doch Balz machte weiter viel Wind. «Wir werden uns gegen die grossen Konzerne durchsetzen», kündigte er an und meinte wohl die Energieriesen RWE, E.On, ENMW und Vattenfall.

Jetzt haben die 35 Einsatzkräfte des Landeskriminalamtes 1200 Stehordner und riesige Mengen digitaler Daten beschlagnahmt. Auf der Homepage der Windreich AG heisst es, man werde alle Vorwürfe schnell ausräumen.

Nicht nur den Windkraftanlagen in der Nordsee steht das Wasser bis zum Hals.

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