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Jonas Folger: In der neuen Ruhe liegt seine Kraft

Kolumne von Sharleena Wirsing
Das beeindruckende Fahrtalent von Jonas Folger ist unter Experten seit Jahren unbestritten, doch langsam findet der Bayer die nötige Ruhe, um dieses in noch größere Erfolge umzumünzen.

Obwohl Jonas Folger schon mit 13 Jahren oft seine oberbayerische Heimat Schwindegg verlassen musste, um als Mitglied der «Red Bull MotoGP Academy» unter der Leitung von Alberto Puig in der Spanischen Meisterschaft anzutreten, ist er bis heute der Inbegriff eines jungen Bayern.

Jonas hat auch als WM-Pilot keine Allüren, strahlt bayerische Gelassenheit aus und spricht mit Landsleuten weiterhin den unverkennbaren Dialekt. Trotzdem gehört er mittlerweile zu den schnellsten Motorradfahrern der Welt.

Seine ersten Erfolge feierte Folger bereits sehr früh. Ein paar Wochen vor seinem 14. Geburtstag gewann Jonas als jüngster Deutscher aller Zeiten einen IDM-125-Lauf, nachdem er bereits in der Spanischen Meisterschaft erfolgreich war.

Ich erinnere mich noch gut an diesen Lauf auf dem Salzburgring 2007. Als ich, damals selbst noch ein Teenager, in die Box des Teams von Toni Mang, Sepp Schlögl und Adi Stadler kam, traf ich nicht nur auf ihren Stammfahrer Marcel Schrötter, sondern lernte erstmals den damals kleinen und sehr schmächtigen Jonas Folger kennen.

Die von Technik-Legende Sepp Schlögl vorbereitete Honda musste mit 14 Kilogramm Wolfram-Scheiben am Rahmen versehen werden, damit Folger das Mindestgewicht erreichte. Schon im Qualifying zeigte Jonas seine Stärke und holte die Pole-Position – doch dann ging es zum Wiegen.

Wie ein ausgelassener Toiletten-Gang zur IDM-Pole führte

Nur wenige hundert Gramm retteten ihn vor der Disqualifikation. In seiner unverwechselbar sympathischen Art klopfte Sepp Schlögl dem jungen Fahrer auf die Schulter: «Jonas, gut dasd nimma aufm Klo warst!» Auch Folger war von dieser Anekdote amüsiert, als ihn SPEEDWEEK.com daran erinnerte: «Damals war ich noch ein ganz schönes ‹Grischperl›.» Für alle Nicht-Bayern: Das Wort «Grischperl» bezeichnet ein kleines, dünnes Kind oder einen sehr schmalen Erwachsenen.

Im Rennen am 8. Juli 2007 beherzigte er die Fahranweisung von Toni Mang: «Fahr ja nicht als Erster den Berg rauf, erst in der Fahrerlagerkurve gehst du vorbei!» So besiegte der 13-Jährige den sechs Jahre älteren Georg Fröhlich und wurde jüngster IDM-125-Sieger. Auch Folger erinnert sich noch an diesen Erfolg. «Ja, daran erinnere ich mich noch gut. Das Rennen auf dem Salzburgring war eine gute Zeit, wir hatten ein gutes Wochenende. Ich war noch extrem jung. Wenn ich jetzt zurückblicke, ist das schon eine Zeit her, aber es sind schöne Erinnerungen. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht», lachte Folger.

Seit diesem Erfolg sind bereits viele Jahre vergangen. Folger schaffte den Sprung in die Weltmeisterschaft, glänzte mit Top-Resultaten, machte aber als Jugendlicher auch durch manch negative Schlagzeile von sich reden.

?Warum Folger kurz vor dem Karriere-Ende stand

Den Tiefpunkt erreichte seine Karriere vor drei Jahren, als er nach dem geplatzten Deal mit MZ im Ioda-Team mit der hoffnungslos unterlegenen Emir-Maschine antrat. Trotz der vielen technischen Probleme, versuchte er mit vollem Einsatz das Maximum aus diesem Paket heraus zu holen. Doch: «Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, meine Karriere zu beenden.»

Seitdem arbeitete sich Folger mit Disziplin und Einsatz wieder Schritt für Schritt nach oben. 2014 erfolgte der lang ersehnte Moto2-Aufstieg für den mittlerweile 1,78 Meter großen Bayern. Folger beeindruckte mit zwei Podestplätzen und einem weiteren Top-6-Resultat. Doch nach dem Mugello-GP brach die Leistungskurve ein.

Der 21-Jährige erkannte jedoch seine Schwäche und begann im Winter mit Mentaltraining, das sich offensichtlich bezahlt gemacht hat. «Viele Fahrer machen Mentaltraining. Es sieht natürlich vor, dass man mental stärker wird. Bisher fühle ich mich sehr wohl und merke, dass sich dieses Training gelohnt hat», bestätigte er.

Beim Saisonauftakt 2015 in Katar sorgte Folger für eine Überraschung und feierte nach einem cleveren und fehlerfreien Rennen seinen dritten GP-Sieg. Zuvor hatte er auf feuchter Strecke in Silverstone 2011 und Brünn 2012 in der kleinsten Klasse triumphiert.

Diese Leistung in Katar entging auch seinem einstigen Förderer Toni Mang nicht: «Das war eine sehr angenehme Überraschung. Es hätten wohl nur sehr wenige gedacht, dass Jonas gewinnen wird. Schön war auch, dass er das Rennen ruhig und ohne Fehler zu Ende fuhr, da er in der Vergangenheit manchmal zu hastig und ungeduldig war.»

«An jedem GP-Wochenende treffe ich mich mit einigen Freunden, um die Rennen zu sehen. Alle waren von Jonas überrascht und begeistert. Wenn Jonas das weiter mit guten Ergebnissen bestätigen kann, wäre das sehr gut. Es sollte keine Eintagsfliege bleiben», mahnt der fünffache Weltmeister.

Durch seinen Sieg in Katar gehört Folger nun zum Favoritenkreis für den Moto2-Titel 2015. Wenn Jonas seine derzeitige Ruhe und Abgeklärtheit beibehalten kann, zählt er am Jahresende zu den Top-3 der Moto2-WM und hat große Chancen auf einen MotoGP-Platz. Dort könnte der Bayer mit seinem großen Talent und dem unverkennbaren Spieltrieb auf dem Bike sicherlich einiges erreichen...

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