Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

Luca Boscoscuro (Speed-up): «Qualität vor Quantität»

Von Günther Wiesinger
Die neuen Ángel-Nieto-Moto2-Piloten Canet und Syahrin testeten gestern in Valencia erstmals auf Speed-up. Firmenchef Luca Boscoscuro über seine nicht alltägliche Strategie.

Speed-up-Teambesitzer Luca Boscoscuro wird 2020 vier statt zwei Motorräder einsetzen. In seinem Werksteam fahren weiter Di Giannantonio und Navarro, dazu wird er das Ábngel Nieto-Valresa-Moto2-Team von Jorge «Aspar» Martinez beliefern.

«Ich will nicht möglichst viele Fahrer im Feld haben», betont der Moto2-Motorradhersteller. «Für mich ist wichtig, dass das Projekt eines Kundenteams erfolgversprechend ist und dass dort Fahrer unter Vertrag sind, zu denen man Vertrauen haben kann und die vorne mitfahren können. Es wäre für mich kein Problem, wenn ich weiter nur zwei Fahrer im Startfeld hätte.»

Speed-up war 2019 mit beiden Piloten auf dem Podest, Jorge Navarro hatte sogar lange Zeit sogar Chancen auf einen Top-3-Platz in der WM. Dabei verfügt Speed-up nur über drei Chassis-Designer. Letztes Jahr leistete sich Speed-up als einziger Hersteller kein Testteam, trotzdem wurde die erste Maschine mit dem Triumph-765-ccm-Motor ein Volltreffer. Boscoscuro: «Wir haben 2018 mit dem neuen Bike keinen einzigen privaten Test gemacht. NULL!»

Der ehemalige 250-ccm-Europameister liefert auch eine einleuchtende Begründung. «Erstens findest du keinen wirklich schnellen Testfahrer. Und wenn sie zu langsam sind, liefern sie nur falsche Informationen. Wir haben lieber in Ruhe entwickelt und das 2019-Motorrad erst beim ersten offiziellen IRTA-Test im November 2018 in Jerez auf die Strecke gebracht. Dann hatte ich auch gleich meine zwei Fahrer für 2019 im Sattel und konnte mit brauchbarem Feedback rechnen.»

«Boscos» hat nach seiner Rennfahrerkarriere ab 2005 für Aprilia und Gilera gearbeitet und sich nach dem Rückzug von Aprilia aus der Moto2-WM (die Italiener stoppten das Projekt im Winter vor der Saison 2010) kurzfristig für die Entwicklung von Eigenbau-Maschinen entschlossen.

Trotz überschaubarer Budgets hat Boscoscuro immer wieder talentierte Fahrer entdeckt und aufgebaut. «Iannone, Pol Espargaró und letztes Jahr Fabio Quartararo sind für mich gefahren. Sie haben dann ihren Weg in der MotoGP gemacht. Ich gebe allen Fahrern Zwei-Jahres-Verträge für die Moto2. Aber bei einem MotoGP-Angebot können sie nach einem Jahr aussteigen, das habe ich auch Quartararo ermöglicht. Dabei hätte ihm eine zweite Moto2-Saison bei mir nicht geschadet… Aber es freut mich ja, wenn ich sagen kann, meine Schützlinge und ich, wir haben einen guten Job erledigt.»

KTM zieht sich aus der Moto2-WM zurück, die Österreicher rüsteten 2019 neun Fahrer aus. Doch Boscoscuro wollte seinen Marktanteil in der WM nicht dramatisch vergrößern. «Man erinnert sich vielleicht, dass ich 2013 acht Fahrer eingesetzt habe. Aber inzwischen behaupte ich: Die Qualität ist wichtiger als die Quantität. Ich glaube auch nicht daran, dass man mit zusätzlichen Teams mehr Geld verdienen kann. Du willst jedes Teams bestmöglich unterstützen, du investierst also viel, ich will ja für jeden Rennstall das Maximum leisten. Ich gratuliere Kalex, die rüsten mehr als 20 Fahrer aus und leisten erstklassige Arbeit. Aber wie gesagt: Ich will nur erstklassige Projekte. Klar, Kalex gewinnt fast immer. Aber auch die letzten Fahrer im Feld sind oft auf Kalex unterwegs. Das wäre für mich nicht reizvoll.»

Den KTM-Rückzug aus der Moto2-WM bedauert Boscoscuro. «Das ist schlecht für mich. Denn wenn ich das KTM-Werksteam besiege, wertet das unsere Performance auf. Es sorgt für mehr Befriedigung, wenn ich so ein namhaftes Werk schlagen kann.»

Boscoscuro äußert aber auch Kritik in Richtung KTM und WP Suspension. «Die Österreicher sind mit WP in die Moto2-WM eingestiegen. Ich habe ihr Material von 2015 bis 2017 verwendet. Sie haben dadurch wertvolle Daten abgesaugt und viele Set-up-Informationen und zur Bike-Geometrie bekommen», ist Luca überzeugt. «Als mir bewusst geworden ist, was da läuft und als sie mit einem eigenen Motorrad in die Moto2-WM gekommen sind, bin ich 2018 zu Öhlins zurückgekehrt. Öhlins hat viele kostbare Informationen der Moto2-Teams. Aber sie werden nie ein eigenes Motorrad bauen…»

Boscoscuro blickt trotzdem etwas neidisch auf KTM. «Denn sie hatten mit Brad Binder den weitaus besten Moto2-Fahrer im Feld», bemerkte Luca nach den fünf GP-Triumphen des Südafrikaners. «Er gewann, obwohl sein Motorrad zu den unruhigsten im Feld gehörte. Das sah jeder, der draußen auf der Strecke zugeschaut hat.»

Moto2-Rennergebnis, Valencia:

1. Binder. 2. Lüthi. 3. Navarro. 4. Manzi. 5. Martin. 6. Fernandez. 7. Vierge. 8. Marini. 9. Di Giannantonio. 10. Lowes. 11. Pasini. 12. Aegerter. 13. Locatelli. 14. Dixon. 15. Bastianini. – Ferner: 17. Schrötter. 26. Öttl.

Moto2-WM-Endstand nach 19 Grand Prix:

1. Alex Márquez 262. 2. Binder 259. 3. Lüthi 250. 4. Navarro 226. 5. Fernandez 207. 6. Marini 190. 7. Baldassarri 171. 8. Schrötter 137. 9. Di Giannantonio 108. 10. Bastianini 97. 11. Martin 94. 12. Lecuona 90. 13. Vierge 81. 14. Nagashima 78. 15. Gardner 77. – Ferner: 22. Aegerter 19. 27. Raffin 6. 29. Tulovic 3.

Team-WM Endstand:

1. Flexbox HP 40, 391 Punkte. 2. Dynavolt Intact GP 387. 3. Red Bull KTM Ajo 353. 4. EG 0,0 Marc VDS 343. 5. MB Conveyors Speed Up 334.

Konstrukteurs-WM:

Kalex 442 Punkte. 2. KTM 281. 3. Speed-up 259. 4. MV Agusta 45. 5. NTS 11.

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