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Red Bull Ajo-KTM-Team: Der Glanz bröckelt

Kolumne von Günther Wiesinger
So schlecht ist das Red Bull KTM-Team von Aki Ajo noch nie in die Saison gestartet wie 2015. Mit Brad Binder liegt der beste Fahrer auf Platz 7. Eine Bestandsaufnahme.

Nach den Zieldurchfahrten bei den Moto3-Rennen in Doha und Austin blieb es in der Red Bull-KTM-Box des Teams von Aki Ajo ganz still.

Kein Wunder, was gibt es zu jubeln, wenn Brad Binder als jeweils bester Fahrer des Trios einmal als Zehnter und einmal als Fünfter ins Ziel kommt und in der WM jetzt als Siebter 24 Punkte hinter Leader Danny Kent (Leopard Honda) liegt.

Ausgerechnet hinter jenem Danny Kent, den Aki Ajo 2014 als hoffnungslos abgestempelt hat. 2012 hatte der Brite im Ajo-Team noch zwei GP-Siege gefeiert und den vierten WM-Rang sichergestellt.

Kent steuerte im Vorjahr im Ajo-Team eine Werks-Husqvarna, aber er hatte nach einem Moto2-Jahr bei Tech3 Mühe, sich wieder den Moto3-Fahrstil anzueignen und kam erst im der zweiten Saisonhälfte besser in Fahrt.

Da war Jack Miller längst die Nummer 1 im Ajo-Team – und der einzige Titelanwärter.

Aki Ajo ist der erfolgreichste Teambesitzer der letzten Jahre in der kleinsten WM-Klasse. Er gewann den Titel 2008 mit Mike di Meglio und 2010 mit Marc Márquez, nachher 2012 mit Sandro Cortese, er brachte Johann Zarco 2011 auf den zweiten WM-Rang und 2014 Jack Miller, dazwischen landete Ajo-Schützling Luis Salom 2013 auf dem dritten WM-Rang.

Eine einmalige Erfolgsbilanz in dieser hart umkämpften Klasse.
Aki Ajo hat ein Gespür für talentierte Fahrer, er kitzelt manchmal selbst aus den abgeschriebenen Talenten viel heraus, er verfügt über eine meisterhafte Technikcrew. Und er ?verfügte zumindest 2012 und 2013 mit der Werks-KTM über überlegenes Material, wie die zwei WM-Titel der Österreicher (2012: Cortese; 2013: Vinales) und die Rekordanzahl von 27 KTM-GP-Siegen hintereinander in der Moto3-WM beweisen.

Aber KTM hat mit diesen grandiosen Moto3-Erfolgen als Innviertler David den japanischen Goliath Honda gereizt. Das Imperium hat zurückgeschlagen. Die ewigen Niederlagen gegen KTM bei der Rallye Dakar und in den US-Cross-Meisterschaften machten Nakamoto schon wütend genug.

Honda sah sich herausgefordert und gezwungen, für 2014 endlich ein Sieger-Motorrad für die Moto3-WM zu bauen. Es wurde in mancher Hinsicht eine KTM-Kopie – siehe 81 mm Bohrung, Doppelauspuff.

Trotzdem hätte Miller die Moto3-WM 2014 für KTM gewonnen, hätte ihm nicht HRC monatelang mit dem MotoGP-Vertrag den Kopf verdreht und ihn abgelenkt. So sieht es das KTM-Management.

Da Aki Ajo seit einem Jahr der persönliche Manager von Miller (und seit 2013 auch von Maverick Vinales) ist und die Verhandlungen mit HRC führte, gab es zwischen Ajo und KTM zumindest kleine Unstimmigkeiten.

Im Winter erhofften sich KTM und Ajo, beim neuen Red-Bull-Trio Oliveira, Binder und Hanika würde sich ein Miller-Effekt einstellen, sie würden sich also trotz bisher bescheidener Darbietungen über Nacht zu Titelanwärtern entwickeln.

Bisher ist davon nichts zu sehen. Oliveira schied zweimal durch Sturz aus, er ist punktelos. (Auch die anderen KTM-Asse versagen bisher, Romano Fenati hat erst acht Punkte; 2014 hat er vier Rennen gewonnen).

Die technische Überlegenheit von KTM ist verschwunden, das neue 250-ccm-Motorrad noch nicht ganz ausgereift, die verregneten Wintertests waren nicht gerade hilfreich, dazu bindet der MotoGP-Einstieg der Mattighofener Manpower-Kapazitäten.

Jetzt ist bei Red Bull KTM und Ajo Schadensbegrenzung angesagt.
Ajo droht die schlechteste Saison seit 2009.

Der abtrünnige Danny Kent wirft Ajo vor, immer nur einen Fahrer pro Jahr zu bevorzugen, der dann auf den Titel angesetzt wird. Diese These lässt sich nur schwer widerlegen.

So ging KTM neben Kent zum Beispiel auch Arthur Sissis verloren, der gewiss über enorm viel Talent verfügte. Der schnelle Karel Hanika, Red Bull Rookies-Cup-Sieger 2013, ist bei Ajo auch noch nicht richtig aufgeblüht.

KTM hat auch das Heranwachsen einiger aussergewöhnlicher Talente verschlafen – man denke an Enea Bastianini (er fuhr sogar im Rookies-Cup!) und Rookie Fabio Quartararo.

Und Honda kann den Moto3-Stars natürlich bessere Aufstiegs-Perspektiven bieten – in der Moto2 und MotoGP.

Ein weiteres Problem: Die Auswahl von vielversprechenden Moto3-Piloten mit Siegchancen wird immer kleiner, weil sie heute schon mit 19 oder 20 Jahren in der MotoGP fahren wollen.

Aki Ajo hat letztes Jahr fünf Moto3-Fahrer betreut, jetzt sind es noch drei, dafür hat er ein neues Moto2-Team mit Johann Zarco installiert, das auf Anhieb eingeschlagen hat.

Aki Ajo hat viele wertvolle Eigenschaften; er ist zielstrebig, streng, erfolgshungrig, schlitzohrig und geschäftstüchtig.

Jetzt muss der Finne seine Fähigkeiten als Trouble Shooter unter Beweis stellen.

Die KTM-Fahrer beklagen sich über Chassis-Probleme, während sechs Honda-Fahrer an der Spitze der Moto3-WM-Tabelle liegen.

Das darf für Ajos hoch dekoriertes Team kein Dauerzustand sein, für KTM ebenfalls nicht. ?Ajo droht sonst die dritte Moto3-Saison ohne Titelgewinn. (KTM siegte in der WM 2013 mit Maverick Vinales im Calvo-Team).

Der Portugiese Miguel Oliveira hat das fahrerische Rüstzeug für Podestplätze. Aber zuerst muss er einmal sitzen bleiben.

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