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Übersee-Logistik: Japans Kaiser sorgte für Verspätung

Von Günther Wiesinger
Nicht weniger als 400 Tonnen Fracht wurden zu den Übersee-Rennen geflogen. Es steckt ein ausgeklügeltes Logistik-System dahinter. Wir liefern die exklusiven Hintergründe.

Heute werden auf dem Ricardo Tormo Circuit in Valencia, wo 1999 erstmals ein Motorrad-GP stattfand, die Boxen der Teams eingeräumt, und wenn diese Arbeit erledigt ist, hat sich ein Kreislauf geschlossen. Denn am Nachmittag und Abend des 22. September, nach Beendigung der GP von Aragonien auf dem MotorLand Aragón, wurde das Material sämtlicher GP-Teams an Ort und Stelle in den Frachtkisten der Teams verstaut und auf die Übersee-Reise nach Thailand, Japan, Australien und Malaysia geschickt.

Die Fracht wurde dann mit Lkw-Zügen zum nur 90 km entfernten Aeroport Saragossa gebracht und mit vier Fracht-Jumbos nach Bangkok geflogen. Dort wurden nicht weniger als 55 Lkw gebraucht, um das gesamte Material auf dem Landweg ins fünf Stunden entfernte Buriram zu kutschieren. Normal werden zwölf Lkw pro Charter benötigt, aber die thailändischen Fahrzeuge sind etwas kleiner.

Die Team-Lkw blieben während der Übersee-Tournee überwiegend in Spanien geparkt, in Barcelona oder Valencia, um Treibstoffkosten und Autobahngebühren für die Heimfahrt nach Italien, Frankreich, Deutschland oder die Niederlande zu sparen. Nach der Übersee-Tournee wurden die Fracht-Container direkt in das Fahrerlager von Valencia gebracht und mit Hubstaplern vor die entsprechenden Boxen gestellt.

Insgesamt werden inzwischen vier Boeing 747-Fracht-Jumbos für die Fortbewegung des Materials verwendet, das Gesamtgewicht der Fracht liegt bei 400 Tonnen.

Inzwischen haben die Teams auch die Vorzüge der Seefracht entdeckt. Dunlop und Michelin schicken die Reifen schon seit Jahren mkit Frachtschiffen rund um die Welt. Nachteil: Die Reifen müssen drei Monate vor dem Grand Prix weggeschickt werden.

Viele Teams schicken heute zum Beispiel die Boxendekoration, Tische, Stühle, Kühlschränke und so weiter per Seefracht. Man braucht dann aber für die Saison drei «Sets», die einmaligen Anschaffungskosten sind aber deutlich geringer als die Zusatzkosten für die fortwährenden Kosten für die Luftfracht. Auch die Hospitality-Betreiber schicken ihre Tische, Sessel, Kühlschränke, Kochutensilien, Öfen und so weiter überwiegend mit der preiswerten Seefracht.

Bereits im ersten Jahr gleicht die Kostenersparnis der Seefracht die Anschaffungskosten der zwei zusätzlichen «Sets» aus. Red Bull und Honda verschicken dieses Material zum Beispiel ausschließlich mit Seefracht. Denn die Kosten liegen bei einem Drittel der Luftfracht.

Bei der Luftfracht kostet 1 kg pro Saison (inklusive aller Übersee-Rennen) ca. 50 Euros.

Je ein «Set» wird im Frühjahr nach Katar, Texas und Argentinien verschifft. Im Herbst geht ein Paket nach Thailand, von dort wird es auf dem Landweg nach Malaysia gebracht, je eines wird inzwischen per Schiff nach Japan und Australien geliefert.

2020 werden sich die Teams etwas Neues einfallen lassen müssen. Denn Katar, Thailand, Texas und Argentinien können nicht mit drei Sets bewältigt werden. Eventuell muss für den Weg von Katar nach Thailand die Luftfracht bezahlt werden.

Die GP-Teams bekommen von Dorna/IRTA Zuschüsse bei den Frachtkosten, je nach Position in der Weltmeisterschaft, auch die Zuteilung der Boxen erfolgt nach dem IRTA-Ranking.

Für die MotoGP-Teams gehen die Frachtkosten für Übersee trotzdem ganz schön ins Geld. Das Monster Yamaha-Werksteam (Rossi, Viñales) transportierte im Herbst ziemlich genau 14.500 kg zu den Übersee-Rennen. Die Luftfrachtkosten liegen also allein für die sieben Übersee-GP bei ca. 725.000 Euro.

«Bei einem Moto3-Team mit zwei Fahrern muss man mit 2000 bis 3000 kg Fracht rechnen», sagte Red Bull KTM-Ajo-Teambesitzer Aki Ajo. «In der Moto2 braucht man 3800 bis 4000 kg.»

Von den MotoGP-Teams verfügt Repsol-Honda über das meiste Geld, dieses Team lässt sich auch bei der Fracht nicht lumpen. HRC beansprucht immer mehr Gewicht als alle anderen Hersteller. Es ist von 18.500 kg die Rede.

Ein MotoGP-Kundenteam beschränkt sich in der Regel auf 7 bis 8 Tonnen.

Das deutsche Dynavolt Intact GP-Team verfrachtete für die Moto2-Piloten Tom Lüthi und Marcel Schrötter exakt 2850 kg nach Übersee. «Im Schnitt sind es bei den Moto2-Teams drei Tonnen. Wir sind sparsam, wir haben extra leichte Kisten und Karbon-Boxenwände», schilderte Teamprinzipal Jürgen Lingg.

Übrigens: Auch die beiden Official Cars (ein M4 und ein M8) von BMW werden rund um die Welt geflogen. Denn sie haben so viel Spezial-Zubehör (TV-Kameras, Funksysteme) eingebaut, dass nicht in jedem Land ein beliebiges Serien-Fahrzeug eingesetzt werden kann.

Japan: Kaiser-Krönung als Hindernis

Besonders bei den drei aufeinanderfolgenden Rennen von Motegi, Phillip Island und Sepang (sie fanden am 20. und 27.10. und 4.11. statt) standen die Logistikpartner der Dorna unter Zeitdruck.

«Denn in Japan fand zeitnah zum Grand Prix die Krönung des neuen Kaisers statt», schilderte Geoff Dixon, Paddock Manager der Teamvereinigung IRTA. «Deshalb landeten viel mehr Passagierflugzeuge am Narita Airport in Tokio, es flogen auch viel mehr weg. Es gab also weniger Slots für die Fracht-Charter. Deshalb wurde ein Teil der Fracht nach Nagoya geschickt statt nach Narita. Die Trucks fuhren in Motegi am Sonntagabend in verschiedene Richtungen los. Der erste Charterflug landete dann Dienstagmittag in Melbourne/Australien.»

Vorrang hatte das Equipment der Dorna und IRTA, dann folgte die Ausrüstung der MotoGP-Teams. Das meiste MotoGP-Material befand sich auf den ersten drei Flügen, nur das KTM-Zeug war auf dem vierten Flug verstaut worden. Dieser Flug landete erst am späten Mittwochabend in Melbourne.

Auch das Material für die Moto2- und Moto3-Teams wurde auf den letzten Charterflug verladen. Deshalb wurde das Fahrerlager für die beiden kleinen Klassen sowie für die «technical suppliers» (Reifenfirmen, Lederfirmen, Helmfirmen, Öhlins, WP usw.) statt Mittwochfrüh erst Donnerstagfrüh geöffnet.

Auch nach dem Australien-GP herrschte Zeitnot. Deshalb wurden diesmal zwölf riesige Trucks nach Melbourne in Gang gesetzt. Früher waren immer sechs in Betrieb, sie fuhren dann die 170-km-Strecke von Phillip Island bis zum Melbourne Airport je zweimal.

In Sepang befindet sich die Strecke nur 10 km vom Kuala Lumpur International Airport entfernt, das sparte Zeit. Die Fracht traf am Dienstag ein.

Von Kuala Lumpur setzten sich wieder vier Fracht-Jumbos in Marsch. Zwei flogen Barcelona an, zwei landeten direkt in Valencia.

Zeitliche Engpässe sind im GP-Business keine Seltenheit. 2017 entstand ein Durcheinander, weil wegen eines Unwetters in Las Termas/Argentinien am Montag keine Flüge starten konnten.

Ein Teil des Materials traf deshalb erst Donnerstagmittag im Paddock von Austin ein. Die bereits eingerichteten MotoGP-Teams halfen dann den anderen Teams beim Einräumen der Boxen. Aber seither wird zwischen den beiden Rennen in Texas und Las Termas de Río Hondo immer ein freies Wochenende eingeplant.

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