Fahrer im GP-Sport: Sie müssen um ihre Rechte kämpfen

Kolumne von Günther Wiesinger
Der ehemalige Rothmans-Honda-500-Werksfahrer Roger Burnett prangert die Zustände im GP-Sport an. GP-Sieger wie Sam Lowes müssen sich finanzschwachen Teams anbiedern, weil renommierte Teams nicht genug Plätze erhalten.

In den letzten Jahren gab es immer wieder GP-Teams wie das Racing Team Germany, Forward Racing oder jetzt das Swiss Innovative Investors Team, die in erster Linie durch unbezahlte Rechnungen von sich reden lassen. Immer wieder zählen auch die Rennfahrer, die für diese Teams ihre Haut zu Markte tragen, zu den finanziell Leidtragenden.

So steht zum Beispiel Forward Racing bei Colin Edwards heute noch mit Lohnzahlungen aus der ersten Saisonhälfte 2014 in der Kreide. Das Schweizer Moto2-Team von Fred Corminboeuf ist Lüthi von 2017 noch mehr als 300.000 Franken Gage schuldig, auch Sam Lowes hat von seinem 2018-Lohn von ca. 100.000 Euro noch keinen Cent erhalten. Das Reisebüro FAST berichtet von Verbindlichkeiten von ca. 100.000 Euro aus dem Jahr 2017, KTM macht bei Corminboeuf offene Forderungen von 2018 geltend. Auch bei der Leihwagenfirma Avis scheint das Schweizer CGBM-Team Schulden zu haben.

Roger Burnett, ehemaliger Manager von Hodgson, Toseland und Kent und jetzt Manager von Sam Lowes, beklagt die fehlende Repräsenation der Fahrer im GP-Paddock. «Wenn ein Team die Fahrergagen nicht bezahlt, schreitet niemand ein», wundert sich Burnett. «Die IRTA wurde einst gegründet, um die Interessen der Fahrer zu vertreten. Jetzt vertritt sie nur die Interessen der Teams.»

Tatsächlich haben Corminboeuf und Forward-Chef Giovanni Cuzari für nächstes Jahr wieder zwei Startplätze, während das renommierte Petronas-Team (Pawi) und Gresini (Sam Lowes) keinen zweiten Platz erhalten haben.

«Es gibt mehr Moto2-Fahrer als Teamplätze, also müssen Fahrer wie Sam Lowes manchmal auch dann unterschreiben, wenn sie wissen, dass das Team schwer verschuldet ist. Manche Fahrer suchen verzweifelt einen Teamplatz, sie ergreifen jeden Strohhalm. Klar, die Fahrer sind quasi Angestellte der Teams, sie müssen deren Regeln akzeptieren», weiß Burnett. «Aber im Fußball werden den Clubs, die ihre Budgets nicht gesichert haben, die Lizenzen vorenthalten. So ein Konzept müsste man auch im GP-Paddock vorschreiben. Manche Teams, ich rede da nur von den schwarzen Schafen, sollten vor der Saison bei der IRTA eine Bankgarantie von 1 Million hinterlegen müssen, und von dieser Summe kann Geld abgezweigt werden, wenn Rechnungen an Lieferanten, Gehälter, Reisespesen oder Fahrergagen nicht bezahlt werden.»

Burnett hat Sam Lowes für 2019 zum Federal Oil-Gresini-Team transferiert, bei dem der Brite schon 2015 und 2016 in der Moto2-WM gefahren ist. Burnett: «Mit Forward habe ich auch verhandelt. Aber ich habe gesagt, wir gehen dort nur hin, wenn Sam seinen Vertrag direkt mit dem MV-Agusta-Werk unterschreiben kann. Das war nicht möglich.»

Beim Swiss Innovative Investors Team ist jetzt mit dem umstrittenen Amerikaner Eitan Butpul ein neuer 60-Prozent-Teilhaber eingestiegen. Er behauptet, er werde die Schulden von 2018 bezahlen. Und kaum einer glaubt es.

«Die Fahrer haben im Fahrerlager keine Interessensvertretung. Keiner kümmert sich um ihre Anliegen», wundert sich Burnett.

Aber keiner der aktiven Fahrer will Zeit investieren und eine Riders Association gründen. Dabei gab es in diesem Jahr genug Anlass für Ärger. In Silverstone weigerte sich die Dorna, das Rennen auf Montag zu verschieben, schließlich haben quasi die Hersteller und Teams aus der MotoGP-Klasse entschieden, ob bis Montag gewartet wird oder nicht. Honda lag mit Marc Márquez klar in Führung in der Fahrer-WM, ein Rennen weniger war willkommen, also stimmte Honda mit zwei Kundenteams für die Absage.

Zwei Wochen später entschied die Dorna plötzlich: «Künftig fahren wir in so einem Fall am Montag oder Dienstag.»

«Wir müssen nur schauen, dass wir noch rechtzeitig zum nächsten Rennen kommen», ätzte Valentino Rossi.

In Australien (26. bis 28. Oktober 2018) verlangten die Fahrer am Freitag in der Safety-Commission-Sitzung eine Vorverlegung der Startzeit von 16 auf 14 Ihr Ortszeit, weil es um 15 oder 16 Uhr meistens heftig zu schütten begann.

Die Dorna-Manager lehnten ab, der Veranstalter wünsche sich eine Startzeit von 16 Uhr.

In Wirklichkeit sollte wegen der zehn Stunden-Zeitunterschied in Europa das MotoGP-Rennen nicht um 4 oder 5 Uhr, sondern erst um 6 Uhr gezeigt werden.

«Ich bin kein militanter Mensch», betont Roger Burnett, der neben Wayne Gardner und Mick Doohan im Rothmans-Honda-500-Werksteam fuhr. «Aber es herrscht ein Mangel an Repräsentation für die Fahrer. Die Dorna hat mit der kommerziellen Vermarktung seit 1992 großartigen Job gemacht. Aber das System mit der Vergabe der Teamplätze sollte verbessert werden.»

Schließlich sind es die Piloten, die für die Show sorgen. Die meisten sind nicht ohne weiteres ersetzbar.

Müssen, Rossi, Lorenzo, Márquez und Co. ihre eigene Fahrergewerkschaft gründen?

Vielleicht. Aber es trifft ja nie die Stars, die in renommierten Werksteams fahren und dort pünktlich bezahlt werden. Und wenn Fahrer aus der zweiten Liga aufmucken, wird ihnen keiner Gehör schenken.

Den Letzten beißen die Hunde.

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