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Bathurst 1987: Das australische Abenteuer
Geschichten aus einer anderen Zeit: Unser Autor Friedbert Holz war lange Jahre Pressesprecher von BMW. Heute nimmt er uns mit nach down under, als ein E30 M3 nach einem Crash besser fuhr als zuvor.
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Wurde nach der Ford-Disqualifikation zum Sieger erklärt: Peter Brock im Holden.Wurde nach der Ford-Disqualifikation zum Sieger erklärt: Peter Brock im Holden.Foto: LAT
Wurde nach der Ford-Disqualifikation zum Sieger erklärt: Peter Brock im Holden.© LAT
Es gibt wohl kaum noch Rennstrecken in Europa, die in punkto Sicherheit nicht die hohen Anforderungen der Sportbehörde erfüllen. Wer als Rennfahrer aber den Mut hat, sich am Limit über einen Kurs zu tasten, der weder Auslaufzonen noch Fangzäune hat, dessen Begrenzungen oft nur aus massiven Betonmauern bestehen, der sollte nach Mount Panorama Bathurst im OstenAustraliens reisen. Dorthin hatte die FIA bei der ersten und einzigen Tourenwagen-Weltmeisterschaft 1987 den achten von elf Läufen gelegt. Dieser Event sollte für BMW mit dem damals nagelneuen M3 Gruppe A und für seine Werksfahrer ein unvergessliches Abenteuer werden.
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Stellen Sie sich vor, Sie rasen zuerst, nach der rechtwinkligen "Hell Corner", mit fast 300 km/h schnurgerade über die „Mountain Straight“ einen Berg hinauf, immerhin mit 174 Metern Höhenunterschied, kommen dort in ein verwinkeltes Kurvengewirr mit völlig unterschiedlichen Radien. Darunter ist auch ein Korkenzieher-artiges Gefälle wie auf der US-Strecke Road Atlanta, "The Dipper", nur eben viel enger und ohne jeden verzeihenden Sturzraum. Danach geht’s auf der anderen Seite des Berges wieder zu Start und Ziel, über die ewig lange "Conrod Straight" – und das über ein 1.000 Kilometer langes Rennen. Die Australier lieben dieses Rennen einmal im Jahr, es ist ein Motorsport-Fest mit allem, was „Down Under“ unter Spektakel verstanden wird: Über die Startaufstellung donnern erst Kampfjets der Luftwaffe, dann rollen Panzer an der Boxengasse vorbei – very strange! Auch die Autos, die dort normalerweise um Plätze und Punkte streiten, sind Monster: Neben den heimischen Holden Commodore, quasi einem brutalen Opel-Verschnitt mit V8-Power unter der Haube, die ihre Kraft lautstark über armdicke Auspuffrohre nach draußen schreien, gibt’s dort auch die bärenstarken Nissan Skyline GTR. Unter 600 PS geht hier gar nichts, und auf diese Kulisse stießen wir 1987 mit unseren schmalbrüstigen M3 und gerade mal 300 PS. Viele unserer Fahrer erschraken wirklich, als sie diese Szene erlebten und dort die ersten Runden drehten. Lady Power
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Damals waren auch zwei Damen bei uns im Team Schnitzer, Anette Meeuvissen und Mercedes Stermitz aus Österreich. Obwohl sich Mercedes mit Bergen auskennt und unser Auto gekonnt bewegte, passierte im Training das fast Unvermeidliche: Sie crashte in eine der Mauern, der M3 war böse zerknautscht. Der Lokalzeitung dort verschaffte dieser Unfall zwar eine vermeintlich spaßige Schlagzeile auf Seite eins: "Mercedes bends BMW" – Mercedes verbiegt einen BMW. Im Team jedoch herrschte Schock-Stimmung: Wie den kapitalen Schaden bis zum Rennen reparieren?
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Doch die High-tech-verwöhnten Deutschen hatten nicht mit den pragmatisch denkenden Aussies gerechnet: Unweit der Rennstrecke gab es damals ein Institut, das Karosserie-Spengler ausbildet. Ein kurzer Wortwechsel zwischen Wolfgang-Peter Flohr, dem BMW Motorsportchef, der auch vor Ort war und dem Leiter der Lehr-Werkstatt genügte, schon wanderte der zerbeulte M3 dort auf die Richtbank – ein wahrlich martialisch dreinschauendes Gebilde.
Unglaublich, aber wahr: Mit dicken Stahlketten wurde die Karosserie in stundenlanger Nachtarbeit wieder gerade gezogen – zumindest nach den Maßstäben, die in dieser Situation möglich waren. Wie gut das Ergebnis am Ende war, durfte der Teampartner von Mercedes Stermitz im Auto, Markus Oestreich, nach einem kurzen Probelauf auf der Rennstrecke beurteilen. „Das Auto fühlt sich jetzt besser an als vorher“, war sein unglaubliches Resumee, das Auto konnte also starten. Aussie rules
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Im Rennen, das über 161 Runden ging, waren die BMW M3 allerdings nicht ganz vorne. Die Sieger hießen Steve Soper / Pierre Dieudonne in ihrem Ford Sierra RS 500 Cosworth vom Schweizer Eggenberger-Team. Allerdings wurden sie ein Jahr (!) später nachträglich disqualifiziert – wegen angeblich illegal modifizierter vorderer Kotflügel, um größere Räder montieren zu können. So rückte Lokalmatador Peter Brock in seinem Holden nach. Ein lokaler M3 mit Jim Richards wurde Vierter, erst auf Platz sieben folgte der einzig überlebende europäische M3 mit Johnny Cecotto und Gianfranca Brancatelli vom italienischen CiBiEmme-Team. Auch Roberto Ravaglia, den Champion des Jahres, hatte es böse erwischt: Wegen Auspuffdämpfen im Cockpit musste er ausscheiden und zur Beobachtung ins Hospital. Nur eine Woche später aber war er wieder fit und wurde zusammen mit seinem Dauer-Partner Emanuele Pirro Zweiter beim neunten Lauf im Oval von Calder bei Melbourne. Zwischen den beiden Rennen hatte das Schnitzer-Team eine Meisterleistung hingelegt. Denn sie schafften es, eine aus München per Flug eilends herbeigeschaffte Rohkarosserie samt Ersatzteilen in nur sieben Tagen zum fertigen Renn-M3 in einer angemieteten Garage aufzubauen! Immerhin mussten noch die zwei weiteren Rennen in Wellington (Neuseeland) und in Fuji (Japan) bestritten werden. Soviel Konstruktives von Fahrern und Teams in Australien geleistet wurde, es gab, im Kleinen, auch eine Demontage: Eine deutsche Motorjournalistin, mit einigen anderen Kollegen von BMW zu den beiden Läufen eingeladen, fand das Regen-Rennen in Calder so spannend, dass sie bis zur Zieldurchfahrt ihren Kugelschreiber fast vollständig zernagt hatte...
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