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Marc Márquez: Ist er der beste Fahrer aller Zeiten?

Von Günther Wiesinger
Marc Márquez beim achten Titelgewinn in Thailand

Marc Márquez beim achten Titelgewinn in Thailand

Hailwood, Agostini und Rossi hatten nie so viele starke Gegner wie Marc Márquez. In ihrer Ära war das Material nicht so ausgeglichen wie heute. Das macht die beispielhaften Erfolge des Spaniers so besonders wertvoll.

Marc Márquez sorgte in den letzten Wochen wieder für eine Menge Schlagzeilen. Er gewann in Buriram vor drei Wochen seinen achten Weltmeistertitel, den sechsten in sieben Jahren in der MotoGP. In Motegi siegte er vor einer Woche neuerlich, er bescherte Honda damit den 25. Konstrukteurs-WM-Titel in der Königsklasse. Dazu hat er jetzt 13 Grand Prix hintereinander auf dem ersten oder zweiten Platz beendet. Jetzt hat der Honda-Superstar sogar die Chance, den größten Punkteabstand seit Bestehen der MotoGP-Viertakt-Ära (sie begann 2002) sicherzustellen. Rossi besiegte Melandri 2005 mit 147 Punkten Vorsprung; Marc liegt jetzt 119 Punkte voraus.

Die Superlative nehmen keine Ende. Kann er Agostinis All-Time-Rekord von 122 GP-Siegen und 15 WM-Titel brechen? 80 GP-Siege hat der Honda-Star bereits erbeutet, allein 54 in der MotoGP-Klasse, damit hat er den Honda-Rekord von Doohan egalisiert.
Es wird davon abhängen, wie lange sich der Spanier überwunden kann, Motorradsport auf diesem hohem Niveau zu betreiben. Er hat den ganzen Sport auf ein neues Level befördert, sein körperliches Training erinnert an das eines Zehnkämpfers, sein Körper bildet die Basis für seine Erfolge und dafür, dass er die meisten Stürze heil übersteht, der Muskelpanzer schützt ihn.

Márquez hat auch bei der Risikobereitschaft neue Maßstäbe gesetzt, das helfen ihm die neuen Technologien bei der Ausrüstung, vom Airbag beim Leder bis zu den widerstandsfähigen Helmen und den mit Karbon gestützten Stiefeln und Handschuhen sowie den Protektoren, die alle Gelenke schützen. Die heute riesigen Auslaufzonen haben auch ihren Anteil daran, dass heute die meisten Stürze glimpflich verlaufen. Auch die Elektronik (Traction Control, Wheelie-Control, Launch Control, «corner by corner»-Set-up) leistet einen wertvollen Beitrag zur Sicherheit.

Marc Márquez hat aber noch viele andere Vorzüge. Seine Detailversessenheit, sein Trainingsfleiß, sein Siegeswillen, seine Fahrkunst, seine Fahrzeugbeherrschung, sein Draufgängertum, sein unerbittlicher Kampfgeist und seine Fähigkeit, von den großen Stars der Branche (Rossi, Lorenzo, Stoner) zu lernen, zeichnen ihn aus und machen ihn zu einem Ausnahmekönner, wie man sie in anderen Sportarten mit Marcel Hirscher, Lance Amstrong, Roger Federer, Rafael Nadal, Michael Schumacher oder Dirk Nowitzki erlebt hat.

Klar, Marc Márquez hat in seinen Flegeljahren auch ein paar unsympathische Aktionen dargeboten. Hier in Australien hat er im FP1 am Freitag (2011, Moto2) den Thailänder Wilairot in der Auslaufrunde abgeschossen, er wurde zur Strafe auf den letzten Startplatz befördert; trotzdem brauste er im Rennen hinter Stefan Bradl auf den dritten Platz. 2012 siegte er in Valencia im Regen sogar vom letzten Moto2-Startplatz aus.

Auf Phillip Island 2013 wurde Marc mit der schwarzen Flagge aus dem Rennen geholt, weil er den Pflichtstopp zum Wechsel des Hinterreifens nach neun oder zehn Runden leichtsinnigerweise verpasst hatte. Er fuhr damals wie in einem Tunnel. In Sepang 2015 benahm er sich rüpelhaft, weil er sich bei Rossi rächen wollte, nachdem dieser ihm vorgeworfen hatte, er habe in Australien als Steigbügelhalter von Lorenzo agiert und seinen Landsmann beim Titelfight gegen Rossi tatkräftig unterstützt.

Ein Wahrheitsbeweis dafür wurde nie geliefert. Dieser Kommentar war der größte Fehler von Rossi in seiner ganzen Karriere. Denn diese Aussage kostete ihn den zehnten Titel.

Den Vogel schoss Márquez 2018 in Argentinien ab, als er einen neuen All-Time-Rekord aufstellte: Ihm wurden drei Penaltys in ca. 40 Minuten aufgebrummt. Er legte sich mit Rossi an, mit Zarco und Pedrosa, mit Aleix Espargaró und Bradley Smith, er schob des Bike schon am Startplatz illegal gegen die Fahrtrichtung – und durfte trotzdem starten.

MotoGP: Marc Márquez setzte neue Standards

Marc Márquez brach 2013 wie in Überfall in die MotoGP-Klasse herein. Bei HRC fragte man sich, ob er im ersten Jahr als Teamkollege von Dani Pedrosa bereits Podestplätze er zielen könne. Aber er gewann gleich den zweiten Grand Prix des Jahres in Texas – und dann als Rookie die Weltmeisterschaft.

Er setzte neue Standards, auch 2014 als er die ersten zehn Grand Prix der Saison alle der Reihe nach für sich entschied.

Er deklassierte jedes Jahr alle Honda-Markenkollegen und wurde über Nacht zum Liebkind von HRC. Denn ohne der Nummer 93 hätten Honda seit Jahren keinen WM-Titel mehr gewonnen. Pedrosa, Crutchlow, Lorenzo – alle zu schwach.

Dabei nimmt sich Marc Márquez immer genügend Zeit für die Fans, für die Sponsoren und für die Medien. «Unglaublich, wie professionell er auf jedem Gebiet ist», lobt HRC-Testfahrer Stefan Bradl.

Wenn man darüber nachdenkt, welche unvergesslichen Ereignisse die Karriere von Márquez bisher geprägt haben, wird eine Vielfalt von Situationen in der Erinnerung wach.

Da fällt mir seine verrückte Quali-Runde in Austin ein, nachdem die Nr.-1-Maschine stehen geblieben und er im Dauerlauf zur Box gerannt war. Oder der 338-km/h-Crash im FP1 im Jahr 2013 in Mugello auf der Zielgeraden, den er als harmlosen Ausrutscher abtat. Und unzählige Rennen, bei den er über sich hinauswuchs und die Gegner zum Verzweifeln brachte.

Der Dominator aus Spanien macht es wie Valentino Rossi an seinen besten Tagen: Marc gewinnt seine Titel nicht mit dem Rechenschieber, er fährt auf Sieg, auch wenn der Titelrivale in der WM schon 110 Punkte zurückliegt. «Dovi» wird 2019 wieder Vizeweltmeister, zum dritten Mal in Serie, er hat bisher 119 Punkte auf Marc verloren. Rossi sogar 205!

Wer kann den spanischen Schräglagenkönig in den nächsten Jahren vom MotoGP-Thron stoßen? Alle reden von Fabio Quartararo. Aber hat er neben dem riesigen Talent und dem eindrucksvollen Speed auch die nötige Nervenstärke? Kann er dem Dauerdruck standhalten? In diesem Jahr hatte der Franzose als Rookie nichts zu verlieren.

Aber 2020 soll er das Yamaha-Werksteam demütigen und sich für einen Werksvertrag 2021 qualifizieren. Bei Yamaha, bei Ducati, irgendwo.

Die Schlacht mit den Scheckbüchern hat schon begonnen.
Quartararo muss die rosige Zukunft und das viele Geld ausblenden, wenn er ein Großer werden will.

Marc Márquez hingegen spürt keinen besonderen Druck mehr. Er kann sich nach sechs Titelgewinnen in sieben Jahren auch mal eine Niederlage leisten.

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