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Brünn: Zweitältester GP-Standort ist zurück!

Von Thorsten Horn
Brünn blickt auf eine lange Rennsport-Geschichte zurück

Brünn blickt auf eine lange Rennsport-Geschichte zurück

An diesem Wochenende kehrt Brünn mit dem zwölften Motorrad-Grand-Prix des Jahres auf die Weltbühne zurück. Der Masaryk-Ring zählt zu den traditionsreichsten Strecken im Kalender – seine Geschichte reicht 95 Jahre zurück.

Vor wenigen Wochen erlebten wir den Motorrad-Grand-Prix in Assen, bei dem 100 Jahre Dutch TT gefeiert wurden. Am bevorstehenden Wochenende schlägt der Tross erstmals seit 2020 seine Zelte wieder im tschechischen Brünn auf. Hier wurde 1930 das erste Rennen ausgetragen, also vor 95 Jahren.

Ähnlich verhält es sich in Sachen Anzahl der Motorrad-WM-Läufe. Von Beginn an dabei und mit einem WM-Lauf bedacht, wurden in der «Cathedral of Speed» seit 1949 fast ohne Unterbrechung (nur 2020 wegen der weltweiten Corona-Pandemie) bislang 76 und somit die meisten Grand Prix ausgetragen. In Brünn erleben wir an diesem Wochenende den 52. Motorrad-Weltmeisterschaftslauf, womit die zweitgrößte Stadt Tschechiens (hinter Prag) in dieser Statistik Platz zwei einnimmt.

Die lange Tradition der Rennen in Brünn begann 1930. Von Beginn an trug die Strecke den Namen Masaryk-Ring, benannt nach Tomas Garrigue Masaryk, dem ersten Staatspräsidenten der 1918 als einer der Nachfolgestaaten Österreich-Ungarns gegründeten Tschechoslowakei.

Am 28. September jenen Jahres wurde, wie damals und noch viele Jahre üblich, auf öffentlichen und für Rennveranstaltungen gesperrten Straßen, ein erstes Automobilrennen auf dem 29,194 Kilometer langen Rundkurs am westlichen Stadtrand der Metropole Mährens ausgetragen. Als erster Sieger ließ sich der Deutsche Heinrich-Joachim von Morgen mit einem Bugatti eintragen. Mit Hans Stuck, Bernd Rosemeyer und Rudolf Caracciola gewannen danach weitere deutsche Rennfahrergrößen den Grand Prix der CSR.

Bis 1937 wurde auf dem ersten Masaryk-Ring für Autos (1935 fand zunächst einmalig auch ein Motorradrennen statt) gegen den Uhrzeigersinn gefahren, was sich ab dem ersten Rennen nach dem Zweiten Weltkrieg änderte. Bei diesem wurde am 25. September 1949 auf einem auf 17,8 Kilometer verkürzten Kurs das erste und einzige Rennen nach Formel-1-Regularien ausgetragen und war daher sehr bedeutsam, gut besetzt und mit kolportierten über 400.000 Zuschauern auch sehr gut besucht. Die Formel-1-Weltmeisterschaft wurde erst im darauffolgenden Jahr aus der Taufe gehoben.

Vorausgegangen war 1948 ein internationales Motorradrennen im Brünner Stadtteil Cerny Pole. Ab 1950 gab es dann den ersten Grand Prix der CSSR für Motorräder.

Mit der Zeit wurden die Brünner Rennen für Motorrad-Rennfahrer und -Fans immer attraktiver, was den tschechoslowakischen Verband dazu bewog, sich für das Jahr 1965 um einen Motorrad-WM-Lauf zu bewerben. Mit Erfolg, sodass vom 23. bis 25. August 1965 auf dem nun auf 13,9 Kilometer verkürzten und in Sachen Sicherheit stark verbesserten Masaryk-Ring der erste zur WM zählende „Velka Cena CSSR“ (Motorrad Grand Prix der CSSR) ausgetragen werden konnte.

Dabei gewann der in Kanada geborene und inzwischen als Brite startende Frank Perris auf einer Suzuki vor den beiden MZ-Piloten Derek Woodman aus Großbritannien und Heinz Rosner das Rennen der 125er-Klasse. In der Viertelliterklasse war der britische Yamaha-Pilot Phil Read siegreich, was ihm bei den 350ern der damalige Rhodesier Jim Redman (aus dem heutigen Simbabwe) auf Honda gleich tat. Das Rennen der Halbliterklasse entschied Mike Hailwood, ebenfalls Engländer, auf einer MV Agusta für sich.

Jahr ein, Jahr aus kamen die weltbesten fast ausschließlich westlichen Motorrad-Rennfahrer nach Brünn und spätestens ab 1973 scharenweise noch mehr ostdeutsche Fans. Auf dem Sachsenring bei Hohenstein-Ernstthal wurden von 1961 bis 1972 Motorrad-WM-Läufe ausgetragen, doch danach verzichteten die ideologisch verblendeten Entscheidungsträger auf «Schauveranstaltungen des Klassenfeindes». Für den Brünner Veranstalter bedeutete das noch einmal eine deutliche Steigerung der Zuschauerzahlen und letztlich auch der Einnahmen.

Von 1965 bis 1968 waren jeweils die Klassen bis 125, 250, 350 und 500 cm³ am Start. Zu denen stießen 1969 die 50er und ab 1970 die Seitenwagen. Dafür pausierte die Halbliter-Kategorie 1970 und 1971.

Wie damals obligatorisch rotierten diese WM-Klassen bei den einzelnen WM-Läufen. Die 500er rückten auf dem 1975 noch einmal auf 10,925 Kilometer verkürzten Brünner Kurs dann 1977 letztmalig aus.

Gleich im ersten Jahr ohne Sachsenring bzw. jenem mit nur noch einem WM-Lauf im Ostblock, sprich 1973, gewann der (West-)Deutsche Dieter Braun in Brünn auch sehr zur Freude der aus der DDR angereisten Fans das Rennen der Viertelliterklasse. Ein weiterer deutscher Sieger bei den Solo-Klassen war Toni Mang 1980 und 1981, der jeweils die Rennen der Klassen bis 250 und 350 cm³ gewann.

Fast regelmäßig wurde die schwarz-rot-goldene Flagge nach Rennen der Seitenwagen gehisst. So 1970 für Klaus Enders/Wolfgang Kalauch, 1971 für Siegfried Schauzu/Wolfgang Kalauch, 1972 und 1973 für Klaus Enders/Ralf Engelhardt, 1974 für Werner Schwärzel/Karl Kleis bzw. 1975 für Werner Schwärzel/Andreas Huber sowie 1977 für Rolf Steinhausen/Wolfgang Kalauch.

1982 hingen dann, trotz besten Rennwetters, dunkle Wolken über dem Masaryk-Ring. Neben Imatra in Finnland war dieser die letzte klassische Straßenrennstrecke und damit noch gefährlicher als die inzwischen in der deutlichen Überzahl befindlichen permanenten Rennstrecken. So drohte sogar ein Streik der Spitzenfahrer auf Grund derer Sicherheitsbedenken, doch am Ende wurde in den angedachten Klassen bis 125, 250, ohnehin letztmalig 350 cm³ sowie Seitenwagen doch planmäßig gefahren. Dabei trugen sich der Italiener Eugenio Lazzarini, der Carlos Lavado aus Venezuela, der Belgier Didier de Radigues und das französisch-deutsche Duo Alain Michel/Michael Burkard in die letzten WM-Siegerlisten des Straßenkurses ein.

Vor allem bei tschechischen Fans sind Autorennen sehr beliebt. Auch diese kamen hinter dem Eisernen Vorhang in Brünn auf ihre Kosten, indem ab Ende der 1970er- bis in die 1980er-Jahre hinein Jahre Rennen zur damals noch bedeutsamen Tourenwagen-Europameisterschaft auf dem Brünner Straßenkurs durchgeführt wurden.

Nach vier weiteren Jahren auf der alten Strecke mit Läufen zur damals noch hochkarätigen und als reelle Aufstiegsmöglichkeit in die WM dienenden Europameisterschaft wurde vom 21. bis 23. August 1987 das neue 5,395 Kilometer lange Automotodrom Brno in Betrieb genommen. Eine hochmoderne Rennstrecke, die damals mit großen Sturzräumen und durchgehenden Rettungswegen innen und außen, auch gegenüber westeuropäischen Rennstrecken neue Maßstäbe setzte.

An diesem Wochenende kehrt Brünn, auch sehr zur Freude zahlreicher deutscher und deutschsprachiger Fans, in den Grand-Prix-Kalender zurück, was ein weiteres Fest der Sinne werden dürfte.

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