Formel 1: Carlos Sainz zurück zu Ferrari?

Günther Steiner Steckbrief

Günther Steiner

Günther Steiner

Management
  • Vorname: Günther
  • Nachname: Steiner
  • Nationalität: Italien
  • Geburtsdatum: 07.04.1965 in Meran, Italien (59 Jahre, 8 Monate und 7 Tage)
  • Familienstand: Verheiratet

Über Günther Steiner

Letzte Aktualisierung:
Einen Rennstall aus dem Nichts aufbauen: Wenn es einen Mann gibt, der beim US-amerikanischen Formel-1-Rennstall Haas für diese Rolle gerüstet war, dann hiess der Günther Steiner. Denn der Südtiroler hat dieses Kunststück in seinen dreissig Jahren Motorsport schon ein paar Mal gemacht.

Steiner begann seine Karriere als Mechaniker im Jahre 1986 – als Mechaniker im Rallye-Team von Mazda. Das Team aus Brüssel stellte damals von einem Gruppe-B-Modell vom Typ RX-7 auf den Gruppe-A-Renner vom Typ 323 um. Im zweiten Gruppe-A-Jahr gewann Timo Salonen mit diesem Auto die Schweden-Rallye.

Steiner stieg vom Mechaniker zum stellvertretenden Team-Manager auf, als er im Januar 1989 ins Team Top Run aus Varese (Italien) wechselte. Seine Verantwortung: Einsatz verschiedener Mazda-Kunden in zahlreichen Landesmeisterschaften der seriennahen Gruppe N. Steiner blieb dem Rallyesport treu, schloss sich aber für 1991 und 1992 dem Mailänder Jolly-Club-Team an.

Nach mehreren Titeln in der italienischen Meisterschaft zog Steiner zu Prodrive nach Banbury (England) – als Team-Manager des Rallye-Teams Allstar. Ergebnis: EM-Titel 1997 mit Krzysztof Holowczyc.

Danach wechselte Steiner erneut den Arbeitgeber, dieses Mal zu M-Sport, die für Ford die Einsätze in der Rallye-WM übernahmen. Steiner baute im Auftrag von Ford eine neue Design- und Technikabteilung auf. 1999 war der neue Rallye-Ford Focus bereit. Im dritten WM-Lauf (in Kenia) wurde der erste Sieg eingefahren, es folgte gleich ein zweiter in Portugal. Colin McRae wurde WM-Sechster. Steiner (nun leitender Techniker bei M-Sport) steigerte sich mit McRae und Carlos Sainz (dem Vater) 2000 auf WM-Rang 2 bei den Marken, der Brite wurde WM-Vierter, der Spanier Dritter. 2001 folgte erneut Schlussrang 2, McRae wurde WM-Zweiter, nur elf Punkte hinter Weltmeister Richard Burns.

Ford hatte nun für Günther Steiner andere Pläne: Der damalige Jaguar-Teamchef Niki Lauda holte ihn in jenen GP-Rennstall, der aus Stewart Grand Prix hervorgegangen war. Steiner sollte das Team neu strukturieren und technisch stabiler aufstellen. Hightlight des Jahres: Rang 3 2002 in Monza mit Eddie Irvine.

Ein Management-Wechsel bei Jaguar Racing bedeutete eine Auszeit für Steiner in Sachen Formel 1. Der Südtiroler vertiefte sein Wissen, indem er bei Opel als Technischer Leiter der Sportabteilung erneut eine Reorganisation übernahm.

2005 war Steiner zurück in Milton Keynes, doch inzwischen war aus Jaguar Racing neu Red Bull Racing geworden. Techniker Direktor: Günther Steiner. Mittelfristiges Ziel: RBR siegfähig machen. Das sollte Steiner nicht mehr an der Boxenmauer erleben. Bevor Red Bull Racing 2009 zu gewinnen begann und von 2010 bis 2013 vier WM-Titel in Folge holte, war Steiner schon mit einer neuen Aufgabe betraut worden: Aufbau eines NASCAR-Rennstalls in Mooresville (North Carolina).

Im April 2006 begann Steiner dort mit einem weissen Blatt Papier – am Ende arbeiteten beim Stock-Car-Rennstalls von Red Bull mehr als 200 Fachkräfte mit einem Jahresbudget von 50 Millionen Dollar.

Im April 2008 ging Steiner dort von Bord und gründete im Januar 2009 eine Verbundstofffirma (FibreWorks Composites), um Rennställe zu beliefern.

Als der US-amerikanische Unternehmer Gene Haas 2014 beschloss, in die Formel 1 einzusteigen, gab es für ihn nur einen Mann für den Job: Günther Steiner. Er wusste, wie man ein Team aufbaut. Er kannte die Logistik der Formel 1. Haas ernannte Steiner offiziell zum Teamchef zum ersten US-amerikanischen Formel-1-Team nach dreissig Jahren.

Die Plackerei von Steiner zahlte sich aus – Haas eroberte in den ersten vier Rennen der Saison 2016 drei Mal Punkte. Später wurde es schwieriger: Es mangelte am Verständnis fürs eigene Auto, besonders beim heiklen Umgang mit den Reifen. Günther Steiner gibt zu: «Wir haben Lehrgeld bezahlt, aber nichts Anderes hatte ich erwartet. Dennoch haben wir eine solide erste Saison gezeigt, wir brauchen uns für nichts zu schämen. Darauf lässt sich aufbauen.»

Haas wurde 2016 solider WM-Achter, mit immerhin 29 Punkten.

2017 wiederholten die US-Amerikaner diese Leistung (nun mit 47 Punkten), aber sie marschierten dem eigenen Erfolgsplan hinterher. 2016 eroberte Haas in den ersten vier Rennen gleich 22 Punkte, ein Jahr später waren es nur drei.

Dafür hat Teamchef Günther Steiner eine einfache Erklärung: «Das Spiel ist ganz einfach hochstehender geworden. Die Leistungsdichte im Mittelfeld hat den Konkurrenzkampf verschärft. Deshalb ist es auch schwieriger, in die Punkte zu fahren.»

Als Beispiel möge man sich nur einmal die Boxenstopps anschauen, betonte Steiner: «Die fallen bei uns für gewöhnlich ziemlich gut aus. Es braucht Zeit, um das so hinzubekommen, und die kann man nicht kaufen. Du musst dir deshalb genug Zeit lassen, um Probleme aus der Welt zu schaffen und weiter wachsen zu können. Solange wir Fortschritte erzielen, denke ich, dass wir unsere Sache gut machen.»

«Die Teams, die gegen uns kämpfen, sind schon seit Jahrzehnten dabei. Wir können uns also nur mit jenen Mannschaften vergleichen, die nicht mehr dabei sind – die Neulinge von 2010. Alle diese neueren Rennställe haben zusammen in eineinhalb Jahren nicht so viele Punkte geholt wie wir. Deshalb denke ich, dass wir unser Versprechen gehalten und uns zu einem ernstzunehmenden Teilnehmer entwickelt haben. Wir wollen erfolgreich sein, kennen aber auch unsere Grenzen. Alles in Allem haben wir einen guten Job gemacht», lobt der Südtiroler.

In den letzten vier Rennen fuhr Haas nur noch einmal in die Punkte (Kevin Magnussen wurde in Mexiko Achter), und Steiner analysierte: «Wir wollten einige grundlegende Veränderungen vornehmen, die sich nicht hundertprozentig vom diesjährigen Auto übernehmen liessen. Deshalb haben wir entschieden, uns auf das Auto für 2018 zu konzentrieren.»

Das zahlte sich 2018 aus: Haas war phasenweise viertstärkster Rennstall und mit etwas weniger Fehlern (des Teams und der Fahrer) hätte Renault im Duell um Rang 4 geschlagen werden können. Klar monierten die Gegner von Haas einmal mehr die enge Zusammenarbeit zwischen Ferrari und Haas.

So beschwerten sich etwa die Teamverantwortlichen von Force India und McLaren über das Geschäftsmodell der Amerikaner. Der VF-18 von Kevin Magnussen und Romain Grosjean sei nichts Anderes als ein Ferrari-Klon, hiess es. Doch diesen Vorwurf will Haas-Teamchef Steiner nicht auf sich sitzen lassen: «Wir haben bewiesen, dass wir nichts falsch machen, denn wir haben die Leute eingeladen, sich das anzuschauen. Ausserdem haben wir alle FIA-Tests bestanden, und wir sind immer noch offen, sollte uns jemand prüfen wollen. Bisher ist keiner gekommen, weil die Leute einfach nur versucht haben, uns Angst zu machen. Aber man kann niemandem Angst machen, der keine Angst haben muss. Deshalb haben wir auch gesagt: ‚Seid unsere Gäste.‘»

An der Ferrari-Partnerschaft will das Haas-Team deshalb auch nichts ändern. «Es wird genauso weitergehen, wie bisher», bestätigt Steiner. «Wir pflegen eine sehr gute Zusammenarbeit, es läuft alles sehr reibungslos, weil sich alles eingespielt hat. Es läuft wunderbar, deshalb gibt es auch keinen Grund, etwas zu ändern.»

2019 trat Haas in den Farben des englischen Energy-Drink-Herstellers «Rich Energy» an, und es entwickelte sich eine selbst für Formel-1-Verhältnisse komplett durchgeknallte Posse.

Bevor in Silverstone die Formel-1-Renner auf die Bahn gingen, war der Fall Rich Energy das dominierende Thema im Fahrerlager. Nicht einmal Haas-Teamchef Günther Steiner weiss, wie es mit dem Energy-Drink-Hersteller weitergeht, ob das Abkommen als Hauptsponsor des US-amerikanischen GP-Rennstalls nun beendet ist oder nicht. Der Südtiroler am Donnerstag: «Ich darf mich zum Fall nicht äussern, aus rechtlichen Gründen. Wir fahren hier mit der üblichen Lackierung, nächste Woche sehen wir weiter.»

Begonnen hatte alles mit einem überraschenden Tweet, wonach die Zusammenarbeit mit dem Haas-Rennstall beendet werde, «wegen mangelnder Leistungen». Dann eine Erklärung der Rich-Energy-Aktionäre: Die Nachricht der Trennung von Haas gehe zurück auf «das Vorpreschen eines Mitarbeiters», der als «rogue» bezeichnet wird, also als ein Schurke oder Schelm.

Der umstrittene Tweet hatte Sprengkraft: «Heute hat Rich Energy den Vertrag mit Haas beendet, wegen mangelnder Leistungen. Wir wollten Red Bull Racing schlagen; in Österreich noch hinter Williams zu liegen, das ist nicht akzeptabel. Die Politik und die Einstellung politischer Korrektheit der Formel 1 hemmt unser Geschäft. Wir wünschen dem Team alles Gute.»

Aber die Aktionäre teilten mit: «Wir glauben voll und ganz an das Haas-Team und an seine Leistungsfähigkeit. Wir haben uns diesem Engagement verschrieben und stehen dazu. Wir glauben auch an die Formel 1 als Plattform unserer Marke. Das schurkische Vorgehen ist sehr peinlich. Wir sind dabei, diese Person von allen Verantwortlichkeiten zu entbinden. Diese Person mag künftig für sich sprechen, aber sie repräsentiert nicht die Meinung der Firma. Wir bedauern den besagten Tweet, sie stammt aus einer nicht authorisierten Quelle. Wir bedanken uns für die Geduld von Haas, während wir uns intern um diese Angelegenheit kümmern.»

Jetzt ging es erst richtig los. Rich-Energy-CEO William twitterte: «Das ist eine aberwitzige Stellungnahme von Minderheits-Aktionären, die mit Red Bull und Whyte Bikes kuscheln, lächerlich. Ihr Versuch eines Umsturzes ist fehlgeschlagen. Ich kontrolliere das Vermögen von Rich Energy, und ich habe die Unterstützung aller wichtigen Aktionäre.»

Der Bezug auf Whyte Bikes geht zurück auf einen Rechtsstreit mit dem englischen Fahrradhersteller. Anfang 2019 hat das Formel-1-Team von Gene Haas das Design seines neuen Renners vorgestellt: Die US-Amerikaner treten im Schwarz und Gold von Energy-Drink-Hersteller Rich Energy an, die Lackierung erinnert stark an frühere GP-Boliden von Wolf oder Lotus. Die Fans haben grösstenteils positiv auf die neue Lackierung reagiert, die Begeisterung der Firma Whyte Bikes hielt sich in Grenzen – der britische Spezialfahrrad-Hersteller ist der Ansicht: Rich Energy habe das Firmenlogo mit dem Hirschgeweih schlicht geklaut.

Rich Energy zeigt deshalb einen Hirsch als Markenzeichen, weil CEO William Storey aus Richmond stammt, einem Stadtteil im Südwesten des Zentrums von London. Im Richmond Park, dem grössten königlichen Park des Grossraums London, sind oft Hirsche zu sehen.

Whyte Bikes ging vor Gericht und hat nun Recht erhalten: Richterin Melissa Clarke vom Obersten Gerichtshof in London kommt zum Urteil – Haas-Sponsor Rich Energy habe das Hirschgeweih-Logo geklaut.

Das Urteil bedeutet: Rich Energy darf das Geweih als Logo nicht weiterverwenden.

Richterin Clarke erklärte in der Urteilsbegründung, es handle sich um eine klare Copyright-Verletzung. Sie räumt Whyte Bikes das Recht ein, auf Schadenersatz zu klagen. Der Fahrradhersteller verwendet sein Logo seit 2008, Rich Energy seines seit 2015. Die Ähnlichkeit ist verblüffend.

Sean Kelly, der in Diensten der Firma Staxoweb Ltd. für Rich Energy das Logo entworfen hatte, stand im März vor Gericht. Er gab zu Protokoll, er habe ausführlich im Netz recherchiert, um Ähnlichkeiten mit anderen Geweih-Logos zu vermeiden. Kelly hat beteuert, Whyte Bikes sei nicht seine Inspiration gewesen.

Richterin Clarke kauft ihm das alles nicht ab. «Im besten Falle waren die Erklärungen des Angeklagten verwirrt und widersprüchlich. Ich halte weder Herrn Kelly noch Herrn William Story von der Firma Rich Energy für glaubwürdige Zeugen. Ich halte es für wahrscheinlich, dass sie nicht die Wahrheit gesagt haben, wenn sie angeben, dass sie das Whyte-Logo nicht kannten. Ich halte es für sehr wahrscheinlicher, dass sie das Logo kopiert haben.»

Beim Urteil vom Mai verfügte die Richterin auch: Rich Energy, CEO’ William Storey sowie Logo-Designer Staxoweb müssen an Whyte Bikes Gerichtskosten in Höhe von 35.416 Pfund bezahlen, bis 11. Juli 2019 (39.453 Euro). Aber das ist nicht passiert.

Gemäss britischem Recht hat der Kläger Whyte Bikes nun die Möglichkeit, einen Antrag auf Zwangsauflösung von Rich Energy zu stellen, um an sein Geld zu kommen. Der Fahrradhersteller prüft die weiteren Schritte.

Rich Energy hat derweil einen Brief von Haas-Anwalt Jeremy Courtenay-Stamp veröffentlicht. Das Schreiben ist an Neville Weston gerichtet, einen Minderheitsaktionär von Rich Energy. Courtenay-Stamp schreibt darin: «Haas wird sich erst dann mit einem neuen Management von Rich Energy auseinandersetzen, wenn es einen klaren Beweis dafür gibt, dass Herr Storey von seinen Aufgaben entbunden und ein neuer Geschäftsleiter eingesetzt ist. Wir sehen derzeit keinen Weg, wie Sie Herrn Storey die Kontrolle über die Firma entreissen können.»

Der bärtige William Storey hatte dazu genüsslich geschrieben: «Die Palastrevolution ist missglückt.»

Anfang September war die peinliche Posse endlich beendet: Das Formel-1-Team Haas bestätigte die Trennung von Titelsponsor Rich Energy: «Haas und Rich Energy haben sich freundschaftlich darauf geeinigt, ihre Partnerschaft in der Formel 1 mit sofortiger Wirkung zu beenden.»

«Ein unternehmerischer Reorganisations-Prozess bei Rich Energy bedeutet für sie die Notwendigkeit einer umgestalteten globalen Strategie. Deshalb kamen Haas F1 und Rich Energy zu dem Schluss, dass die Auflösung der existierenden Partnerschaft für beide Parteien der beste Weg in die Zukunft ist.»

In Singapur trat Haas weiterhin in Schwarz und Gold an, allerdings ohne die Schriftzüge von Rich Energy. Die erweisen sich nun als schlechter Verlierer. In einem Tweet schreibt Rich Energy: «Wir wünschen dem HaasF1Team alles Gute bei den Verhandlungen, um das Team an saudische Investoren zu verkaufen. Ein exzellentes Team und eine fabelhafte Investition.»

Pardon? Haas wird verkauft? Was haben wir da verpasst?

«Ich weiss wirklich nicht, was ich dazu sagen soll», meint Haas-Teamchef Günther Steiner. «Ich wünsche den Investoren auch viel Glück, denn ich kenne sie nicht.»

Der Südtiroler weiter: «Haas steht nicht zum Verkauf und basta. Das ist einer der üblichen Tweets von Rich Energy, wie wir sie kennen. Darauf will ich lieber nicht eingehen, das ist nicht unser Stil.»

Sportlich wurde 2019 zu einem Desaster. Das Haas-Team beendete die Saison 2019 mit nur 28 Punkten auf dem neunten Platz der Team-Wertung. Nur Williams schnitt noch schlechter ab als die Mannschaft von Günther Steiner, die damit die schlechteste WM seit dem GP-Einstieg 2016 erlebte. 2019 begann vielversprechend, die Vorsaison-Testfahrten auf dem kalten Circuit de Barcelona-Catalunya verliefen vielversprechend und beim Saisonauftakt in Australien bestätigte Kevin Magnussen mit em sechsten Platz, wie gut der VF-19 bei kühleren Temperaturen funktioniert. Doch sobald wärmere Bedingungen herrschten, begannen die Probleme.

Auch das langersehnte Update von Barcelona brachte keine Besserung, doch weil das Auto trotz Bedenken der Fahrer und Ingenieure relativ flott unterwegs war, hielt man am eingeschlagenen Entwicklungsweg fest. Ein Fehler, wie Teamchef Steiner rückblickend erklärt: «Wir müssen selbstkritischer sein. Als wir das Update in Barcelona auf die Strecke brachten, waren sich die Fahrer nicht sicher, ob es ein Fortschritt ist.»

«Aber keiner hatte den Mut zu sagen, dass es nicht funktioniert, weil das Auto schnell war. Auch die Daten sahen nicht gut aus, aber der Speed war da, und natürlich glaubten wir an die positiven Dinge. Das war aber falsch. Denn Barcelona ist ein Spezialfall, auf dieser Strecke funktioniert unser Auto gut. Wir machten trotzdem weiter und als wir endlich einsahen, dass wir uns in die falsche Richtung bewegten, war es schon zu spät», seufzt der Südtiroler.

«Wären wir in Barcelona mutiger gewesen, dann würden wir heute nicht da sein, wo wir derzeit stehen», fasste Steiner zusammen, der trotz der Einsicht, dass das aerodynamische Konzept des VF-19 fehlerhaft war, zuversichtlich in die nahe Zukunft blickt. «Ich bin guter Dinge, dass wir 2020 wieder da sein werden, wo wir 2018 waren – oder zumindest sehr nah dran an diesem Performance-Niveau. Das kann man natürlich nie wirklich wissen, weil auch die anderen Teams eine Rolle spielen. Aber wir arbeiten wieder wie zuvor und das gibt mir die Zuversicht, dass wir es schaffen.»

Aber daraus wurde nichts: Ganz im Gegenteil versank Haas noch weiter im Sumpf – nur drei WM-Punkte 2020, erneut der neunte Platz im Konstrukteurs-Pokal, nur Williams stand noch übler da. Und die Haas-Mannschaft konnte von Glück reden, keinen Toten beklagen zu müssen – der Feuer-Unfall von Romain Grosjean in Bahrain war fürchterlich.

Auf die Frage, was ihm durch den Kopf ging, als er den Unfall sah, gestand Steiner: «Ich sah die gleichen Bilder wie alle anderen auch. Man denkt sich: ‘Oh, das ist unser Auto, was ist passiert, was läuft da?’ Es ging so schnell und es wurde auch gleich gezeigt, dass Roman aus dem Auto rauskommen konnte. Das war genau das, was wir auch sehen wollten. Ich kann es fast nicht glauben, es ist ein Wunder, denn nur wenige Sekunden zuvor war dieser Abflug und das ganze Feuer und Drama geschehen, und er stieg dann aus den Flammen, denen er mit Hilfe der Medical Crew entkam.»

Das Haas-Team bekam auch während des Rennens, das nach rund einer Stunde und 20 Minuten wieder gestartet wurde, Updates zum Zustand von Grosjean. «Es war klar, dass er sich nicht schlimm verletzt hat und in diesem Moment macht man dann einfach weiter. Man weiss, dass der Fahrer okay ist, und wir sagten dem Team, dass es sich ganz auf den Job auf der Piste konzentrieren solle, denn wir hatten ja noch ein Auto, das dieses Rennen zu Ende fahren musste. Wir wussten, dass keine grossen Verletzungen diagnostiziert wurden, und deshalb konnten wir Ruhe bewahren.»

Zu diesem Zeitpunkt wussten Grosjean und Kevin Magnussen bereits, dass sie nicht weiter für Haas fahren würden.

Romain Grosjean verkündete es auf Facebook, Kevin Magnussen via Twitter: Nach dem WM-Finale von Abu Dhabi Mitte Dezember 2020 würde Schluss sein mit dem Engagement bei Haas, der Genfer hörte nach fünf Jahren bei den US-Amerikanern auf, der Däne nach vier.

Der Südtiroler Steiner sagte zum Aus für die beiden Grand-Prix-Routiniers: «Wir hätten den Status Quo behalten und mit den zwei heutigen Piloten weitermachen können. Aber wir wollten etwas Anderes, manchmal muss man ein wenig ausbrechen. Ich schliesse das Engagement von zwei Rookies nicht aus. Eine frische Perspektive kann von Vorteil sein, kann neue Lösungswege eröffnen.»

«Wir sind uns der Gefahren bewusst. Wir sehen, wie zum Beispiel das Selbstvertrauen eines Rookies an der Seite eines erfahrenen Mannes leiden kann, die Stallgefährten von Max Verstappen sind für mich ein gutes Beispiel.»

Am Ende entschloss sich Haas zum Engagement von Mick Schumacher und Nikita Mazepin. Günther Steiner sagt: «Wir haben nichts zu verlieren. Für uns war der Wechsel jetzt wichtig, um 2022 – wenn eine neue Rennwagengeneration kommt – mit den gleichen Piloten arbeiten zu können.»

2021 war der Tiefpunkt erreicht: Letzter Platz in der Markenwertung, null Punkte, eine Katastrophe.

Im Wellental von Haas entstand ein unerwarteter Effekt: Durch die Formel-1-Dokumentation «Drive to Survive» von Netflix wurde Steiner bekannt wie ein bunter Hund. Die Fans lieben seine, nennen wir es mal rustikale Ausdrucksweise.

Vor allem in den USA liebten die Fans die Serie, sie war der Turbo hinter frischem Interesse einer jungen Generation, ganz besonders in Amerika: Die ganze Leidenschaft der Formel 1 kommt in voller Stärke rüber, das schliesst alle Höhen und Tiefen mit ein.

Der Star der ersten Staffel war für viele GP-Freunde Haas-Teamchef Günther Steiner – denn der 53jährige Südtiroler hält sich mit Kraftausdrücken nicht zurück, am Kommandostand, im Funk, am Telefon mit Teambesitzer Gene Haas. Steiner schmunzelte dazu: «Ich schätze, die Serie ist für meine Tochter ungeeignet. Aber wieso sollte ich mich verstellen? Die Serie soll doch die Formel 1 so wahrheitsgetreu wie möglich zeigen, und Emotionen sind ein ganz elementarer Bestandteil des Grand-Prix-Sports.»

«Ich finde, die Netflix-Leute geben sehr gut wieder, wie die Formel 1 tickt. Es soll ja eine Dokumentation sein, keine Fiktion. Das ist verstanden und entsprechend umgesetzt worden. Mir gefällt das Ergebnis.»

Weniger gefiel Steiner das Ergebnis auf der Rennstrecke 2021, aber das war zu erwarten. «Schon ab Februar 2021 konzentrierten wir uns ganz auf die Saison 2022 mit dem neuen Flügelauto, es gab nur eine Evo-Stufe, am Imola-Wochenende. Wir wissen, dass es schwierig werden könnte, aber wir werden das meistern. Das ist einer der Gründe, warum wir zwei Rookies ins Auto setzen – das ist ein Übergangsjahr für uns und wir planen, 2022 besser dazustehen.»

«Natürlich gibst du alles, um nach vorne zu kommen, aber du musst auch realistisch sein und wissen, dass sich nichts über Nacht verändern wird. Wir hatten 2020 Mühe und das Auto ist im Grunde das Gleiche geblieben. Warum also sollte es so viel besser laufen? Ich glaube nicht, dass sich die Gegner grosse Fehler erlauben werden, denn sie haben gute Pakete, mit denen sie antreten. Wir wissen also, dass unsere Performance wohl nicht die Beste sein wird, aber wir arbeiten hart, um zwei Schritte nach vorne zu machen, die nötig sind, weil der Rückschritt im vergangenen Jahr so gross war.»

Noch während auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya die Formel-1-Wintertests 2022 liefen, handelte Haas: Wegen des russischen Einmarschs in der Ukraine wurden die Schriftzüge von Geldgeber Uralkali vom Auto gepult, und auch die an die russische Landesflaggen erinnernden Farbelemente wurden vom Wagen genommen.
Am 5. März bestätigte der US-amerikanische Formel-1-Rennstall: Das Sponsoring-Abkommen mit Uralkali ist beendet worden, und es wird keine weitere Zusammenarbeit mit dem russischen Piloten Nikita Mazepin geben. Steiner rief den Dänen Kevin Magnussen an. Und dann das.

Der Formel-1-Rennstall des US-Amerikaners Gene Haas, 2021 punktelos, lag nach dem ersten Saisonrennen auf Rang 3 im Konstrukteurs-Pokal, hinter Ferrari und Mercedes. Kevin Magnussen fuhr zu einem sensationellen fünften Platz, Mick Schumacher verpasste seine ersten Punkte nur knapp.

Es war Steiner, der sich nach der Trennung von Nikita Mazepin dafür stark gemacht hatte, Kevin Magnussen zurückzuholen. «Zum Glück hat mir Gene Haas vertraut. Diese Entscheidung war goldrichtig.»

Der Däne hatte schon im Qualifying mit Rang 7 verblüfft, im Rennen profitierte er von den Ausfällen beider Red Bull Racing-Renner und errang das beste Haas-Ergebnis seit Österreich 2018 (als Romain Grosjean Vierter wurde).

Günther Steiner: «Kevin wusste, dass er ein gutes Auto hat, aber dann musst du im Rennen deine Leistung auf den Punkt bringen, und Magnussen hat das perfekt gemacht. Im Wintertest war der längste Einsatz des neue Fahrzeugs am Stück 18 Runden, nun hat Kevin 57 gefahren. Ich kann dem ganzen Team nur das grösste Lob aussprechen, alle haben hervorragend gearbeitet. Es war ein Wochenende, das wirklich nach Wunsch verlaufen ist.»

«Wir haben drei sehr harte Jahre hinter uns, mit zwei neunten Rängen 2019 und 2020 und der punktelosen Saison 2021. Umso mehr geniessen wir jetzt diesen Erfolg, denn das ist ein Moral-Turbo für alle. 2018 lagen wir noch auf dem fünften Schlussrang in der Markenwertung, dann kam der Absturz auf Platz 9, das war schwer zu verdauen. Gerüchte kamen auf, dass Gene alles hinwerfen würde oder dass der Rennstall sogar verkauft wird. Aber wir sind noch immer da, und wir sind wieder bei der Musik.»

Apropos Musik: Im Frühling wurde der Ton gegenüber Mick Schumacher schärfer. Der junge Deusche zerlegte in Saudi-Arabien und in Monaco ein Auto. In Dschidda verlor er bei Tempo 260 die Kontrolle über das Auto, beim Einschlag wurde eine Verzögerung von 33g gemessen. Es ist der erneut verstärkten Sicherheitszelle eines GP-Renners zu danken, dass Mick Schumacher unverletzt blieb.

Der Unfall hatte zur Folge, dass Schumacher nicht am Rennen teilnahm. Denn noch ein Crash hätte bedeutet, dass die US-Amerikaner fürs darauf folgende GP-Wochenende von Australien zu wenig Teile haben. Günther Steiner: «Die seitlicherCrash-Struktur ist natürlich komplett zerstört – sie hat genau das getan, wofür sie konstruiert ist: Energie abbauen. Von den Aufhängungen ist nur jene links vorne vielleicht noch zu verwenden, alle anderen Räder wurden abgerissen und die Aufhängungen zerstört. Getriebe, Verkleidung, Kühler, das ist alles hin, ich schätze, wir reden hier von einem Schaden in Höhe von mindestens 500.000 Dollar, vielleicht sogar bis zu einer Million.»

In Miami wurde der Haas-Renner bei Schumachers Kollision mit Sebastian Vettel zwar nur leicht beschädigt, dafür warf der Youngster sicher geglaubte Punkte weg. Der Druck stieg aufgrund der Leistungsfähigkeit seines Autos sowieso schon, weggeworfene Punkte oder Unfälle erhöhten ihn nur weiter.

Steiner vor dem Monaco-Wochenende: «Ich befürchte, dass Mick mit einem gewissen Mass Verzweiflung zu viel aus dem Wagen holen will. Aber eigentlich kann er ganz ruhig bleiben – er ist nahe an den Punkten, er muss nur ein wenig geduldig sein, dann wird das schon.»

«Jeder Pilot will dem Limit so nahe als möglich kommen, aber du merkst erst, dass du eine Grenze überschritten hast, wenn es schon zu spät ist. Aber das gehört zum Job des Rennfahrers.»

Dann zerlegt Mick im Monaco-GP ein weiteres Auto, es wurde in zwei Teile zerrissen, Abbruch.

Schumacher konnte in der ganzen Saison 2022 letztlich nur zwei Mal Punkten, als Achter in England, als Sechster in Österreich, das war einfach zu wenig, um seinen Platz zu behalten. Teamchef Günther Steiner war auch genervt, sich in Deutschland ständiger Kritik stellen zu müssen, eine Weile sprach er deswegen nicht mit den TV-Leuten von Sky.

Viele Fans von Mick Schumacher ahnten, was auf sie zukommen würde, vor dem WM-Finale von Abu Dhabi war es vom Haas-Rennstall bestätigt: Der Sohn des siebenfachen Formel-1-Champions erhält keinen neuen Vertrag mehr, sein Nachfolger für 2023 als Stallgefährte von Kevin Magnussen heisst Nico Hülkenberg.

Steiner: «Wir haben uns mit dieser Entscheidung nicht leicht getan. Wir haben uns das sehr lange überlegt. Wir wollten Mick zusätzlich Zeit geben, um seine Chance zu wahren. Und jeder konnte sehen, dass er sich im Laufe der Zeit verbessert hat. Es gab also keinen Punkt, an dem wir sagten: Nun ist genug. Diese Entscheidung ist über Wochen und Monate gereift, immer vor dem Hintergrund, das Beste für den Rennstall zu machen. Bei den Gesprächen mit Gene Haas war vergangene Woche klar, in welche Richtung wir gehen wollen.»

Was hat bei Mick letztlich gefehlt? «Natürlich kann er nicht den Erfahrungsschatz eines Hülkenberg bringen, der zudem für verschiedene Rennställe gefahren ist. Erfahrung braucht Zeit, natürlich ist das etwas, das wir Mick nicht vorwerfen können. Aber Zeit ist eben derzeit genau das, was wir nicht haben. Wir müssen uns im Mittelfeld behaupten, und dazu brauchen wir Piloten wie Nico oder Kevin Magnussen.»

«Ich würde Mick Schumacher nie vorwerfen, dass er für die kommenden Jahre zu wenig gerüstet ist. Denn wir müssen da ehrlich sein: Wir selber müssen auch zulegen, wenn wir unseren Gegnern im Mittelfeld die Stirn bieten wollen. Ich würde Mick nie unterstellen, er sei Schuld an unserem Platz in der Weltmeisterschaft. Wir haben in der Formel 1 gut begonnen, dann aber haben wir stagniert und dann sind wir eher zurückgefallen, und das lag nicht an Schumacher. Erst 2022 haben wir wieder Fortschritte gemacht, aber unsere Saison ist ein einziges Auf und Ab. Wir brauchen Fahrer, die die bestmögliche Chance bieten, konstant Punkte sammeln zu können.»

Blieb Mick Schumacher unterm Strich unter den Erwartungen von Gene Haas und Günther Steiner? Steiner meint: «Das ist schwierig zu beantworten, weil ein Teil der mangelhaften Ergebnisse an uns liegt, nicht am Fahrer. Aber wir glauben einfach: Wenn wir über eine ganze Saison besser abschneiden wollen, dann ist die Chance dazu grösser mit einem erfahrenen Piloten wie Hülkenberg.»

War Nico immer erste Wahl? Steiner weiter: «Natürlich hat eine solche Liste am Anfang mehr Namen, aber dann werden es immer weniger. Wir haben ausgiebig mit Leuten gesprochen, die mit Nico gearbeitet haben, um uns ein besseres Bild zu machen. Er bringt gewaltige Erfahrung, auch mit Mittelfeld-Teams. Er weiss, was wir brauchen.»

«Nochmals: Die Unfälle von Mick Schumacher waren nicht der Grund, dass er keinen neuen Vertrag erhalten hat. Es ist eine Kombination von Faktoren, dass er über Abu Dhabi hinaus nicht mehr für uns fahren wird. Der Kernpunkt war: Welche Fahrer können uns vorwärts bringen? Und das sind derzeit unserer Ansicht nach zwei Routiniers.»

Bekommen junge Piloten in der modernen Formel 1 zu wenig Zeit, um sich zu entwickeln? Der Meraner Steiner antwortet: «In gewisser Weise hat Mick Recht. Er hatte nun zwei Jahre bei uns, aber vorher hat ein junger Fahrer kaum Möglichkeiten, sich auf diese Aufgabe vorzubereiten.»

Es fällt auf: Ende 2020 trennte sich Haas von den erfahrenen Magnussen und Romain Grosjean, um 2021 mit den jungen Nikita Mazepin und Mick Schumacher zu fahren. Nun genau das Gegenteil: Haas stellt wieder um auf ein erfahrenes Piloten-Duo? Wieso dieser Gesinnungswechsel? Steiner: «Weil wir nicht mehr das gleiche Haas-Team wie Anfang 2021 sind. Wir wussten, dass jene Saison ganz schwierig wird, weil wir unsere Ressourcen auf die Entwicklung des neuen Flügelautos 2022 bündelten. Und nun haben wir, jedenfalls zeitweise, zeigen können, dass wir im Mittelfeld gut mithalten können. Aber dazu brauchen wir wie gesagt erfahrene Hände am Lenkrad.»

«Junge Fahrer sind immer ein gewisses Risiko. Gut, heute wissen wir, die Formel-2-Fahrer George Russell, Charles Leclerc und Lando Norris sind alle herausragende Rennfahrer. Aber so ganz genau weisst du das vorher nicht. McLaren holt für 2023 Oscar Piastri. Alle stufen den Australier als fabelhaftes Talent ein, aber ganz ehrlich – nicht einmal bei McLaren wissen sie, ob das alles so kommen wird wie erhofft.»

Sprechen wir über die Zukunft: Sah es Haas nicht als Hindernis, dass Nico Hülkenberg 2019 seine letzte volle GP-Saison bestritten hat? «Das ist auch ein Aspekt, den wir uns angeschaut haben. Aber Nico ist in den vergangenen Jahren ein paar Mal für Kollegen eingesprungen, und es ist offensichtlich, dass er immer gleich auf Tempo war. Wir freuen uns darauf, mit ihm arbeiten zu können, und wir bedanken uns bei Aston Martin, dass sie Nico freistellen, so dass wir schon in der kommenden Woche beim Nachsaisontest hier in Abu Dhabi mit Hülkenberg die Arbeit aufnehmen können.»

Hat Mick Schumacher bei Haas alle Möglichkeiten erhalten, sich zu bewähren? «Ja, dieser Meinung bin ich. Wir behandeln unsere Fahrer fair.»

Hat die deutsche Medienlandschaft bei der Entscheidung gegen Schumacher eine Rolle gespielt? «Nein», antwortet Günther Steiner. «Und es geht nicht nur die Deutschen, ich will nicht, dass sie da hervorgehoben werden, sonst werden sie wieder böse. Wir sitzen alle im gleichen Boot. Die Medien müssen genug Raum erhalten, um eine eigene Meinung äussern zu dürfen.»

«Aber wenn etwas nicht gut läuft, dann weckt das Emotionen, dann äussern Leute ihre Meinung, und das sollen sie auch dürfen. In Sachen Piloten sehe ich das so – manchmal brauchen sie eine Umarmung und manchmal brauchen sie einen Weckruf. Wenn ein Fahrer nur in Watte gepackt wird, dann wird er selbstgefällig.»

Kevin Magnussen und Nico Hülkenberg, die waren sich vor Jahren spinnefeind. Günther Steiner schmunzelt: «Ich habe mit Kevin Magnussen natürlich gesprochen, und auch wenn sie früher einander das eine oder andere Mal in die Quere gekommen sind, so sind beide gereift, sie sind inzwischen Familienväter, und Anfang der Saison haben sie in Bahrain und auch danach gesprochen. Ihr Verhältnis ist normal. Kevin ist 30, Nico ist 35, wir wollen einige Jahre lang mit ihnen arbeiten.»

Steiner sieht sich – trotz seiner enormen Popularität, Netflix sei Dank – nicht als Selbstdarsteller. «Ich will einfach gute Arbeit leisten. Hier geht es nicht um Aufmerksamkeit. Ich mache einen Job und die Leute nehmen den wahr. Ich kann ja schlecht den Leuten sagen – schaut mich bitte nicht an. Ich denke nicht, dass ich mich dazu verteidigen sollte. Jeder kann tun und lassen und sagen, was er will. Ich mache hier bei Haas nicht, was ich will, sondern ich mache das, was ich für unser Team das Beste halte.»

In einer Zeit geprägt von politischer Korrektheit ragt Günther Steiner heraus. Der 57-jährige Norditaliener aus Meran nennt als Teamchef des US-amerikanischen Haas-Rennstalls die Dinge beim Namen, was nicht immer alle gut finden. In Deutschland stand Steiner in den vergangenen zwei Jahren besonders im Fokus, weil der junge Mick Schumacher für Haas antrat. Ende 2022 wurde klar: Schumacher erhält keinen neuen Vertrag mehr und wird durch den erfahrenen Nico Hülkenberg ersetzt.

Der Londoner Verlag Transworld hat Günther Steiner dazu überreden können, seine Erfahrungen als Teamchef in einem Buch zu verarbeiten, das im April 2023 erscheint. Der Buch-Titel ist eine verspielte Veränderung des Namens der TV-Serie «Drive to Survive» und heisst – «Surviving to Drive».

Steiner will darin pikante Details zur Arbeit in einem Formel-1-Rennstall verraten, das Werk soll ein ungeschminktes Bild der Arbeit eines Grand-Prix-Teams sein, wie der Verlag schreibt: «Das ist das erste Mal, dass ein Teamchef die Gelegenheit erhält, die volle Bandbreite darüber zu beschreiben, was in einem Formel-1-Team wirklich abgeht. Ohne Kompromisse und sengend heiss wird im typischen Steiner-Stil vom Auf und Ab einer Saison erzählt, mit urkomischen Geschichten und glasklaren Meinungen. Das wird ein faszinierender, immens unterhaltsamer Blick hinter die Kulissen.»

Harry Vines, Redaktionsleiter von Transworld, ergänzt: «In einem Sport aus grossen Egos und sorgfältig vorbereiteten, massvollen öffentlichen Auftritten ist Günther Steiner ein frischer Wind. Er sagt, was er denkt, dabei ist er wunderbar nahbar, indiskret und kurzweilig.»

Steiner selber sagt: «Ich hätte mir kein besseres Jahr aussuchen können, um zu dokumentieren, womit sich ein Teamchef in der Formel 1 herumschlagen muss. Ich habe nie zuvor Tagebuch geführt, aber während ich eher ein Mensch bin, der nach vorne schaut, hat es Spass gemacht, nochmals über die Vorkommnisse nachzudenken, über all die Höhen und Tiefen, die Haas F1 erlebt hat.»

«Die schönen Momente ragen hervor, mit Kevin Magnussen, der bei seiner Rückkehr in Bahrain gleich auf Rang 5 fuhr, oder mit den ersten WM-Punkten von Mick Schumacher in Silverstone. Wir konnten uns stattlich verbessern, haben Rang 8 im Konstrukteurs-Pokal erkämpft, und ich kann allen Angestellten gar nicht genug danken für ihre Hingabe. Ich hoffe, die Leute werden Freude haben, mehr Hintergründe zu erfahren – und ich hoffe, sie sind beim nächsten heissen Ritt dabei, wenn wir auf der guten Arbeit aufbauen wollen, um 2023 eine erfolgreichere Saison zu haben.»

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