Romain Grosjean Steckbrief

Romain Grosjean

Romain Grosjean

Rennfahrer
  • Vorname: Romain
  • Nachname: Grosjean
  • Spitzname: k.A.
  • Webseite: www.romaingrosjean.com
  • Twitter: RGrosjean
  • Nationalität: Frankreich
  • Geburtsdatum: 17.04.1986 in Genf, Schweiz (37 Jahre, 11 Monate und 2 Tage)
  • Familienstand: Verheiratet
  • Wohnort: Genf
  • Größe: 180 cm
  • Gewicht: 65 kg
  • Hobbys: Computer, Videospiele, mit Freunden abhängen
  • Lieblingssportart(en): Golf, Karting
  • Lieblingsstrecke: Sepang und Suzuka
  • Lieblingsspeise(n): Asiatisch
  • Lieblingsmusik: Rock

Romain Grosjean ist der Sohn eines Schweizers und der französischen Künstlerin Marie-Hélène Brandt, tritt im Rennsport aber unter französischer Flagge an, «weil ich einfach glaubte, als Franzose im internationalen Rennsport mehr Unterstützung zu erhalten denn als Schweizer». Sein Großvater väterlicherseits ist der Schweizer Skirennläufer Fernand Grosjean, der Vizeweltmeister im Riesenslalom von 1950.

Grosjean begann seine Rennsportkarriere 2000 im Kartsport und gewann 2001 die französische ICA-Kartmeisterschaft. 2003 wechselte er in die Schweizer Formel Renault 1600 und die Formel Lista junior, in denen er in seinem Debütjahr Meister wurde. 2004 ging die Reise weiter in die französische Formel Renault, in der er Siebter wurde und in den Formel Renault 2.0 Eurocup, in dem er sein erstes Jahr als 15. beendete. 2005 fuhr Grosjean weiter in beiden Rennserien und sicherte sich in der französischen Formel Renault mit 10 Siegen in 16 Rennen den Meistertitel. Daraufhin nahm ihn das Renault-Formel-1-Team in sein Förderprogramm auf.

2006 stieg Romain in die Formel-3-Euroserie auf und stand in Oschersleben als Dritter auf dem Podium. Außerdem absolvierte er zwei Gaststarts in der britischen Formel-3-Meisterschaft teil und gewann beide Male. 2007 wechselte Grosjean vom Rennstall Signature-Plus zu ASM Formule 3, dem Team, mit dem Jamie Green, Lewis Hamilton und Paul di Resta in den Vorjahren den Meistertitel geholt hatten. Und Romain Grosjean machte es ihnen nach. Mit sechs Siegen und elf Punkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten Sébastien Buemi wurde Grosjean als erster Franzose Meister der Serie.

2008 wurde Romain Grosjean zum offiziellen Testfahrer des Renault-Formel-1-Teams ernannt und stieg gleichzeitig mit ART Grand Prix in die GP2-Serie auf. In der ersten Saison der GP2-Asia-Serie wurde er mit einem Vorsprung von 24 Punkten auf seinen ehemaligen Formel-3-Konkurrenten Buemi Meister. In der internationalen GP2 stand er insgesamt sechs Mal auf dem Podium und gewann zwei Rennen. Am Ende der Saison war er Vierter in der Gesamtwertung.

2009 blieb Romain Grosjean zwar in der G2, wechselte aber das Team und ging zu Barwa Addax. In Spanien stand er ein Mal als Sieger und ein Mal als Zweiter auf dem Podest, in Monaco überquerte er im Hauptrennen als Erster die Ziellinie. Nach einigen Rennen ohne Punkte fiel er in der Meisterschaft aber hinter Nico Hülkenberg zurück und wurde am Ende des Jahres Vierter in der Meisterschaft. Allerdings war er in den letzten acht Rennen gar nicht mehr am Start. Der Grund war einfach.

Nach der «Crashgate»-Affäre und der Entlassung von Nelson Piquet Jr. bei Renault fuhr Grosejan am 23. August 2009 in Valencia als neuer Teamkollege von Fernando Alonso nämlich sein erstes Formel-1-Rennen. Punkte blieben für Grosjean aber sowohl in Valencia als auch in den restlichen sieben Saisonrennen außer Reichweite und Ende des Jahres verkündete Renault Vitaly Petrow als neuen Piloten für 2010. Grosjean wirkte in der Formel 1 überfordert.

Nachdem er in der Formel 1 kein Cockpit finden konnte, startete Romain Grosjean 2010 für den Schweizer Rennstall Matech Competitionin der neugegründeten FIA-GT1-Weltmeisterschaft. Gemeinsam mit seinem Teamkollegen Thomas Mutsch gewann er zwei Rennen und belegte am Ende des Jahres Platz 11 in der Fahrerwertung. Darüber hinaus gab er sein Debüt beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Außerdem startete er ab Saisonmitte für DAMS in der GP2 und der Auto GP, in der er sich zwei Rennen vor Saisonende bereits die Meisterschaft sicherte – obwohl er in den ersten beiden Saisonrennen nicht am Start war. 2011 blieb Romain Grosjean mit DAMS in der GP2 und wurde mit fünf Siegen und fünf dritten Plätzen Meister und war außerdem wieder Testfahrer beim Renault-Formel-1-Team.

2012 kehrte Romain Grosjean als Stammfahrer beim Lotus F1 Team, dem Nachfolger des Renault-Werksteams, als Teamkollege von Kimi Räikkönen in die Formel 1 zurück. Beim ersten Saisonrennen startete er als Dritter, kam aber nicht sehr weit. Nach einer Kollision mit Pastor Maldonado war sein Rennen schon nach einer Runde zu Ende. In Malaysia startete der Lotus-Pilot von Platz 7, kam nach einer Kollision mit Michael Schumacher und einem Dreher ins Kiesbett aber auch da nicht ins Ziel. Erst in China sah er als Sechster zum ersten Mal die Zielflagge und stand ein Rennen später, in Bahrain, als Dritter zum ersten Mal auf dem Podium. In Kanada gelang es ihm, dieses bisher beste Ergebnis sogar zu übertreffen: Platz 2 für den Formel-1-Rückkehrer. Die einzige weitere Podestplatzierung des Jahres folgte in Ungarn.

Dafür machte Grosjean aber umso mehr durch seine ungestüme Fahrweise auf sich aufmerksam. Beim Grand Prix von Belgien verursachte er eine Startkollision mit vier Autos. Als Strafe dafür musste er auf Anordnung der FIA beim nächsten Rennen in Monza zuschauen und eine Geldstrafe von 50.000 Euro bezahlen. Nach den Unfällen in den ersten beiden Saisonrennen, einem Unfall mit Fernando Alonso in Monaco und kleineren Scharmützeln in weiteren Rennen, war der Crash in Spa-Francorchamps Grosjeans siebter Zwischenfall im zwölften Rennen. Und der achte, für den er mit einer Stop-And-Go-Strafe belegt wurde, folgte in Japan beim Start. Am Ende des Jahres war Romain Grosjean Achter in der Fahrerwertung und als Crash-Kid verschrien.

Ab September 2012 ließ er sich von einer Psychologin mental betreuen, die unter anderem auch schon für die französische Olympiamannschaft gearbeitet hatte – und das Training zahlte sich aus. 2013 blieb Romain Grosjean neben Kimi Räikkönen bei Lotus und fuhr in den ersten drei Rennen in die Punkte. In Bahrain stand er als Dritter auf dem Podium. Nach einem technischen Ausfall in Spanien erinnerte Grosjean in Monaco wieder an das Crash-Kid des vergangenen Jahres. Ausgangs des Tunnels krachte er Daniel Ricciardo ins Heck und musste dafür in Kanada zehn Plätze weiter hinten starten.

In Deutschland, Südkorea, Japan und Indien wurde er Dritter, in Austin zum ersten Mal in der Saison Zweiter. Das teaminterne Duell gegen Kimi Räikkönen verlor er mit 132 zu 183 Punkten und wurde in der Fahrerwertung am Ende des Jahres Siebter.

Im Juni 2012 heiratete Romain Grosjean seine langjährige Freundin Marion Jollès, die für den französischen TV-Sender TF1 als Formel-1-Reporterin arbeitete. Die beiden haben inzwischen zwei Kinder.

Die Saison 2014 war für das gesamte Lotus-Team niederschmetternd. Das Auto mit seinen beiden unterschiedlich langen Nasenspitzen ein Flop, die neue Antriebseinheit von Renault schwachbrüstig und defektanfällig. Grosjean, in den Jahren zuvor als künftiger GP-Sieger gehandelt, rutschte auf den 14. WM-Rang ab. 2015 ging es mit Mercedes-Power zwar nach oben, aber nun wurde das Team durch die dürftige Finanzierung behindert. In Belgien klopfte der Gerichtsvollzieher an. Ausgerechnet in jenem Rennen wurde Grosjean fabelhafter Dritter.

Längst stand sein Entschluss fest: Ein Tapetenwechsel musste her. «Ich bin in der Formel 1, damit ich eines Tages um die WM mitfahren kann. Und deshalb glaube ich, dass der Wechsel zu Haas der beste Weg ist, um dieses Ziel in naher Zukunft zu erreichen. Ich denke, meine besten Jahre liegen noch vor mir.»

«Man ist seines eigenen Glückes Schmied. Man versucht, die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen und ein bisschen Glück ist natürlich auch dabei. Je mehr Möglichkeiten du schaffst, desto besser ist es. In den nächsten Jahren ein Ferrari-Cockpit zu bekommen, ist mein Traum. Ob es zwei, drei oder vier Jahre dauert, weiss ich nicht. Aber ich würde sehr gerne für Ferrari fahren, bevor ich meinen Rennhelm an den Nagel hänge.»

Grosjean verschaffte Haas ein schlichtweg sensationelles Debüt in der Formel 1: Drei Punktefahrten in den ersten vier Rennen, auf Rang 6 in Australien liess der Genfer Platz 5 in Bahrain folgen. Haas trat auf, als wären die US-Amerikaner schon immer da gewesen. Die Probleme kamen später: Der Rennstall hatte Mühe, das eigene Auto zu verstehen, die Interaktion zwischen Chassis und Reifen war oft ein Rätsel.

Nach dem tollen Frühling musste Grosjean hartes Brot essen: Nach Rang 8 in Sotschi kamen an 17 Rennwochenenden nur noch zwei Punktefahrten zustande – als Siebter in Österreich und als Zehnter beim Heimrennen von Haas in Texas. Romain Grosjean: «Wir wussten immer, dass es nicht so weitergehen konnte wie zu Beginn der Saison. Lehrgeld hatte ich einkalkuliert. Bei den meisten Rennen hatten wir null Erfahrungswerte. Die werden wir aber 2017 haben.»

Grosjean wurde am Ende WM-Dreizehnter mit 29 Punkten. Für 2017 visierte der Genfer eine Leistungssteigerung an. Aber erneut sprang der dreizehnte Schlussrang heraus, mit einem Punkt weniger als im Vorjahr.

Als Romain Grosjean für Formel-1-Neuling Gene Haas unterzeichnete, glaubten viele: Der Doppelbürger spekuliert darauf, über diesen Umweg bei den US-Amerikanern bei Ferrari anzudocken. Der in Genf geborene Romain hat das immer dementiert: «Ferrari war nicht der vorrangige Aspekt, wieso ich bei Haas unterzeichnet habe. Es ist mehr das grosse Ganze, das mir gefällt. Die Art und Weise, wie das Projekt aufgegleist worden ist, der Wille, es zum Erfolg zu führen, die amerikanische Mentalität – da arbeiten Racer, keine Politiker, das gefällt mir. Aber natürlich ist es auch schön zu wissen, auf einen Partner wie Ferrari zählen zu können.»

«Ich gebe zu: Alle von träumen von Ferrari– Ingenieure, Mechaniker, Fahrer. Ferrari ist kein Rennstall wie jeder andere, Ferrari ist ein Mythos, also wieso nicht davon träumen, eines Tages Werkspilot von Ferrari zu sein? Aber genau so gut darf ich davon träumen, eines Tages zu Renault zurückzukehren und zu versuchen, als Franzose mit einem französischen Team Weltmeister zu werden. Alles ist offen. Klar erhalten die Ingenieure von Ferrari alle Daten der Haas-Fahrer. Aber es stimmt einfach nicht, dass ich nur wegen Ferrari zu Haas gegangen bin.»

Tatsächlich weiss Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene genau, was Grosjean kann. Doch im Ferrari wird auch 2018 Kimi Räikkönen sitzen. Der Anruf aus Maranello kam nicht.

Grosjean bleibt gelassen. «Ich habe mich von Anfang an darauf eingerichtet, drei Jahre lang Haas-Fahrer zu sein. Ich will mithelfen, wie das Team wächst und gedeiht. Wenn ich aber eines Tages die Chance erhalten sollte, Rennen und den Titel zu gewinnen, dann wäre das fabelhaft.»

Auf die Frage, welche Farbe dieses Auto haben sollte, meint Romain: «Eine andere als mein jetziges. Das Leben steckt voller Überraschungen. Schau dir an, wie sich das Schicksal von Valtteri Bottas gewendet hat in der ersten Dezember-Woche 2016. Solche Dinge passieren.»

Aber ist Renault an Romain Grosjean herangetreten? Der WM-Siebte von 2013 – damals mit jenem Rennstall, der heute die Renault-Werkstruppe ist – gibt zu: «Nein, es gab keine Gespräche mit Renault. Es wäre entzückend, eines Tages zu Renault zurückzukehren, aber es sollte in einer Phase sein, wenn wir gemeinsam Weltmeister werden können. Ich habe mein grosses Ziel noch nicht aufgegeben. Deshalb fahre ich Rennen. Und deshalb bin ich frustriert. Ich kann es kaum fassen, dass mein letzter Rennsieg auf das Jahr 2011 zurückgeht. Das schmerzt. Aber seither hatte ich auch nie ein siegfähiges Auto.»

Dass sich Romain Grosjean oft und gerne am Funk beschwert, dürfte mittlerweile jeder Formel-1-Fan mitbekommen haben. Der Haas-Pilot klagt etwa über die Fahreigenschaften seines Dienstwagens – speziell über das Bremsverhalten – aber auch über allfällige Strafen, die er aufgebrummt bekommt, oder den Zustand seiner Reifen. Letzteres führte im US-GP 2017 zu einer Szene, die für Schlagzeilen sorgte.

Denn Grosjean schimpfte in den letzten Runden, dass sein linker Vorderreifen durch sei und er lieber die Box ansteuern würde. Das Klagelied des Genfers sorgte schliesslich dafür, dass bei Teamchef Günther Steiner die Sicherung durchbrannte. «Halt die Klappe», entfuhr es dem Südtiroler, der sich schliesslich durchsetzte: Grosjean kam schliesslich mit einer Runde Rückstand auf Rennsieger Lewis Hamilton auf Position 14 ins Ziel.

Hinterher gab sich der GP-Star wortkarg: «Das ist eine interne Angelegenheit, über die ich lieber nicht sprechen würde», erklärte er vor laufender Kamera. Sehr viel gesprächiger präsentierte sich Günther Steiner: «Ja, Romain kam hinterher zu mir, um mit mir zu sprechen. Es dauerte aber nicht lange, bis wir das geklärt hatten, alles ist wieder gut. Ich hatte, was ich einen Romain-Grosjean-Moment nenne. Ich habe einfach kurz die Fassung verloren, das darf auch ein Mal im Jahr passieren. Er kann sich das einige Male erlauben, ich darf das nur einmal im Jahr. Manchmal muss man Romain aufmuntern und manchmal kann er sich halt nicht beherrschen, weil die Emotionen überborden. Wenn er dann wenige Minuten später aus dem Cockpit steigt, hat er sich wieder beruhigt. Das ist auch kein Problem, wir alle haben unsere Höhen und Tiefen, die Stimmung im Team ist also ungetrübt.»

Grosjean fuhr für Haas 2017 acht Mal in die Punkte (2016 waren es fünf Mal), aber Rang 6 in Österreich war das höchste der Gefühle, ein Highlight wie Rang 5 in Bahrain 2016 gab es keines.

Dafür gab es abseits der Rennstrecke Grund zur Freude: Hobbykoch Grosjean hat mit seiner Marion 2017 das erste gemeinsame Kochbuch veröffentlicht. Und püntklich zum Jahreswechsel, am 31. Dezember, schenkte Marion ihrem Gatten nach den Buben Sacha und Simon das erste Mädchen, die kleine Camille.

2018 leistete sich Romain Grosjean so viele Fahrfehler, dass im Sommer offen darüber spekuliert wurde, ob der Genfer nicht von Haas gefeuert werde. Dann konnte sich der Routinier aber fangen. Am Ende wurde er WM-14., mit Platz 4 in Österreich als Highlight. Rennstallbesitzer Gene Haas und Teamchef Günther Steiner sprachen ihm für 2019 das Vertrauen aus.

Aber Grosjean kam vom Regen in die Traufe: Haas brachte es viel zu selten fertig, dass der Rennwagen und die Pirelli-Reifen harmonieren – Romain konnte nur acht Punkte erobern (mit Rang 7 im Chaos-GP von Hockenheim als Highlight) und wurde damit WM-Drittletzter, nur die Williams-Fahrer Robert Kubica und George Russell waren noch schlechter. Das einzig Positive an der Saison 2019: dass Grosjean für 2020 bestätigt wurde.

Die Misere ging aber weiter: Nur drei Punktefahrten 2019, mit Rang 7 in Deutschland als Highlight. 2020 kam es noch übler: Bis zum Grossen Preis von Bahrain konnte Romain aus 14 Rennen nur eine Top-Ten-Platzierung vorweisen, als Neunter auf dem Nürburgring.

Der grösste Erfolg 2020 für Romain Grosjean war, mit seinem Leben davongekommen zu sein – bei einem der fürchterlichsten Feuer-Unfälle der vergangenen Jahre.

Der Haas-Fahrer wechselte nach dem Start zum Grossen Preis von Bahrain am Ausgang der dritten Kurve die Fahrbahnseite, dabei geriet er mit dem AlphaTauri von Daniil Kvyat aneinander, weil er wohl den Abstand zum Auto des Russen falsch eingeschätzt hatte, dann schoss Romains Wagen rechterhand in die Leitschienen, trotz blockierender Räder mit hoher Geschwindigkeit. Das Perfide dann: Der Wagen wurde durch zwei Leitschienen hindurchgezwängt, dabei wurde der hinter Teil des Wagens von der Überlebenszelle gerissen, ein riesiger Feuerball entstand. Um genau zu sein, drang der Wagen zwischen die erste und zweite Etage der dreistöckigen Leitschienen.

Grosjean sass rund 20 Sekunden lang im Feuer, Rennanzug und Overall sind dafür entworfen, einem solchen Feuer mindestens eine halbe Minute lang zu widerstehen. Der Genfer krabbelte nach rund zwanzig Sekunden selber aus dem Wagen und warf sich in die Arme des heraneilenden Rennarztes Ian Roberts, ex-Rennfahrer Alan van der Merwe war mit einem Feuerlöscher zur Stelle.

Dass Romain Grosjean noch am Leben ist, geht vorrangig auf fünf Faktoren zurück. Der Halo ist dabei genauso wichtig wie die Überlebenszelle, die seit Jahren fast jedes Jahr härteren Belastungstests widerstehen muss.

Mitentscheidend ist, dass Grosjean nicht das Bewusstsein verloren hatte und sich selber aus der schräg festklemmenden Fahrerzelle schlängeln konnte. Dabei spielte ebenfalls eine Rolle, wie die Überlebenszelle in den Leitschienen steckenblieb – genau so, dass eine Lücke für den Rennfahrer blieb, um sich aus der lebensgefährlichen Situation zu befreien.

Letzter Faktor schliesslich das schnelle Eingreifen von Streckenposten und Rennarzt. Die Streckenposten von Bahrain geniessen einen hervorragenden Ruf, weit über die Landesgrenzen hinaus. Als erstmals ein Grossen Preis von Indien ausgetragen wurde, liess man die Spezialisten aus Bahrain einfliegen, um die Arbeit an der Rennstrecke zu erledigen. Bei Grosjean waren die ersten Löscharbeiten rund zehn Sekunden nach dem Aufprall im Gange.

Seit Jahren folgt der Mercedes des Ärzte-Teams dem Feld in der ersten Runde, um bei einem Unfall möglichst schnell vor Ort zu sein, das Medical-Car wurde von Ex-Racer Alan van der Merwe gelenkt, neben ihm sass Formel-1-Chefarzt Ian Roberts, der 2013 Nachfolger von Gary Hartstein wurde.

Der ehemalige Rettungshubschrauber-Arzt und Experte für Intensiv- und Narkosemedizin Roberts hatte jahrelang als Chefrennarzt beim Grossbritannien-GP in Silverstone Rennstreckenluft schnuppern können. Er ist auch als Berater in vielen motorsportlichen Gremien tätig, unter anderem auch im FIA-Institut und in der britischen Motorsport-Vereinigung.

Für Ian Roberts steht fest: «Es war diese ganz besondere Kombination aus Faktoren, welche das Leben von Grosjean gerettet hat. Hätte nur ein Faktor gefehlt, dann hätte das ganz anders ausgehen können.»

Mit dem Wort Wunder wird heute so verschwenderisch umgegangen wie mit dem Wort Star. Aber dieses Mal ist das W-Wort angebracht: Es ist ein Wunder, dass Romain Grosjean der Feuerhölle von Bahrain mit verhältnismässig leichten Verletzungen davongekommen ist. Der Westschweizer sagt dazu pragmatisch: «Ich spürte, dass meine letzte Stunde noch nicht geschlagen hatte, aber ich sah den Tod kommen.»

Nur vier Tage nach dem schweren Unfall stand der Haas-Fahrer per Videokonferenz den Journalisten Rede und Antwort.

«Ich bin froh, euch zu sehen. Jeder fragt sich: Wie war das im Feuer, wie war das in diesen 28 Sekunden? Für mich fühlte es sich viel länger an. Als der Wagen stand, machte ich die Augen auf und öffnete sofort die Gurten. Ein Rätsel ist für mich, wo das Lenkrad hinkam. Es war nicht mehr da. Wahrscheinlich ist es beim Aufprall weggeflogen, ich weiss es nicht.»

«Ich wollte zunächst aussteigen, spürte aber etwas an meinem Kopf. Also zurück in den Sitz. Dann sah ich das Feuer. Ich versuchte erneut auszusteigen, ich dachte an Niki Lauda, es ging nicht. Also liess ich mich wieder in den Sitz fallen. Auf einmal spürte ich eine grosse Ruhe. Ich dachte – ich werde sterben. Ich dachte: Wann beginnt der Schmerz, wenn ich verbrenne? Das waren real bestimmt nur Sekundenbruchteile. Meine Kinder kamen mir in den Sinn. Ich dachte – das kann ich ihnen nicht antun.»

«Ich lehnte mich nach links hinüber, um mich aus dem Wagen zu schlängeln, dieses Mal kam ich mit den Schultern durch, mein Schuh blieb im Auto hängen. Meine Handschuhe wurden schwarz, nun kam der Schmerz. Ich spürte aber auch Erleichterung, dass ich raus bin. Das nächste was ich spürte, war, dass jemand an meinem Overall zieht.»

«Ich bemerkte, dass mein Overall brennt, meine Hände taten weh. Ich wollte die Handschuhe sofort ausziehen. Da war schon Ian Roberts, der mich anherrschte: ‚SETZ DICH!’ Ich sagte zu ihm: ‚Du kannst normal mit mir reden.’ Ich hörte die Streckenposten, wie sie riefen: ‚Die Batterie brennt, bringt andere Feuerlöscher.’»

«Dann begann der linke Fuss wirklich weh zu tun. Die Hände gingen so. Ian sagte, dass die Ambulanz gleich komme. Ich antwortete – ich will zum Krankenwagen gehen. Das war vielleicht nicht intelligent, aber mir war wichtig, dass meine Familie und die Menschen sehen, ich kann gehen, ich bin okay.»

«Ich hatte mir Anfang 2020 die rechte Hand gebrochen, zuhause, das habe ich bisher niemandem im Rennsport gesagt. Es war ein offener Bruch. Er ist aber gut verheilt. Ich war auf Socken herumgerannt und ausgeglitten. Von daher kann ich mit Schmerz ganz gut umgehen. Ich bin da ein wenig eigen: Eine solche Verletzung ertrage ich gut. Aber wenn ich Fieber habe, bin ich der grösste Jammerlappen.»

Als Romain Grosjean an die Rennstrecke zurückkehrte, wollte er als Erstes seinen Unfallwagen sehen. «Ich wollte sehen, ob ich panisch werde. Aber ich blieb ganz ruhig. Also sehe ich keine mentale Hürde, um wieder Rennen zu fahren. Meine Familie ist nicht besonders begeistert davon, dass ich beim WM-Finale antreten will. Aber ich brauche das.»

Aber war das nicht ein Zeichen höherer Gewalt, vielleicht den Helm aufzuhängen? «Nein, denn ich will einfach nicht, dass meine Karriere mit solch einem Tag endet. Wenn meine Rückkehr nicht machbar ist, dann bin ich aber auch nicht untröstlich, dann soll es eben so sein.»

«Die Leute sagen mir, ich sei ein Held. Ich sehe das nicht so. Ich sagte vielmehr Ian Roberts und Alan van der Merwe, dass ich sie als Helden sehe. Sie meinten: ‘Nein, wir haben nur unseren Job gemacht.’ Ich fühle mich nicht als Held. Ich finde die Bilder ja selber unglaublich. Wenn ich sie gesehen hätte, hätte ich gedacht: Kein Fahrer kann das überleben.»

«Ich spürte auch im Feuer nie Panik, alles war rational. Ich weiss nicht, wieso ich so reagiert habe, aber das hat mir zweifellos das Leben gerettet. Aber ich halte mich deswegen nicht für etwas Bemerkenswertes. Ich hoffe, mein Unfall kann dazu beitragen, dass auch künftig Leben gerettet wird. Ich habe mich schon mit den FIA-Experten unterhalten.»

«FIA-Präsident Jean Todt erinnerte mich daran, was ich damals über den Kopfschutz Halo gesagt habe. Aber nur ein dummer Mensch ändert seine Meinung nicht. Was die Sicherheitsausrüstung angeht, so sollten wir die Handschuhe verstärken. Das sehe ich als Schwachstelle. Feuer haben wir lange nicht mehr erlebt in der Formel 1, aber wir wurden daran erinnert, dass diese Gefahr noch immer da ist.»

Die Abreissvisiere des Helms von Grosjean waren am Schmelzen und wurden undurchsichtig, wie konnte Romain sehen, wohin er fliehen muss? «Das Visier selber war komplett in Ordnung, so wie der Helm auch, aber die Abrissvisiere waren tatsächlich am Schmelzen. Viel sehen konnte ich nicht, ich versuchte, den Feuerlöschknopf im Wagen zu finden, doch ich sah ihn nicht. Die Eineinhalb-Liter-Flasche hätte bei diesem Feuer ohnehin nicht viel geholfen. Das Problem war, dass die Abreissvisiere zu schmelzen begannen, links war alles verschwommen, aber die rechte Seite war halbwegs okay, zudem schätze ich, dass das Hirn Informationen einspielt, welche das Bild komplettieren. Ich konnte genug sehen, um da rauszukommen, ich weiss noch, dass ich mich auch umgedreht habe und ungläubig auf das Feuer sah und wie die Feuerwehrleute versuchten, es zu löschen.»

«Das Schlimmste für mich ist nicht, was ich erlebte, ich habe keine Alpträume, ich habe keine Flashbacks. Aber ich werde dennoch mit Psychologen sprechen, um das alles zu verarbeiten. Das Schlimmste vielmehr ist für mich, was ich meinen Lieben angetan habe – dass meine Familie und Freunde dachten, ich sei tot. Dieser Gedanke bringt mich sofort zum Weinen, das macht mir am meisten zu schaffen.»

Erst Anfang Januar konnte Grosjean erstmals den Verband an der linken Hand wegnehmen. Damals schrieb der Westschweizer: «Nach 39 Tagen in Verbänden atmete endlich auch die linke Hand frei, fünf Stunden lang. Das ist eine gute Nachricht, das ist ein Sieg.»

Beim fürchterlichen Unfall vom 29. November hatte der Haas-Pilot nicht nur Verbrennungen an den Handrücken erlitten, wobei die linke Hand schlimmer verletzt wurde als die rechte, auch ein Band am linken Daumen wurde verletzt.

Bei einem Eingriff Mitte Dezember ging es darum, diese Bänderblessur zu reparieren und die Brandwunden zu reinigen. Grosjean teilte damals mit, dass es auch einen Eingriff an der rechten Hand gegeben habe. Hier ging es um einen Bruch, den er sich im vergangenen Frühling zuhause zugezogen und von dem er erst nach seinem Feuerunfall gesprochen hatte.

Der Westschweizer wollte eigentlich am WM-Finale von Abu Dhabi teilnehmen. Letztlich entschied er sich auf Anraten seiner Ärzte dagegen. Die Spezialisten hatten ihm eröffnet, dass ein verfrühter Einsatz zu einem möglichen dauerhaften Schaden an der linken Hand führen könnte. Das wollte Grosjean nicht riskieren.

Grosjean hatte nie irgendwelche Alpträume wegen des Unfalls und scherzte zum Jahreswechsel sogar: «Möglicherweise werde ich dieses Mal auf Feuerwerk verzichten.»

Romain Grosjean wusste jedoch: Seine Formel-1-Karriere ist vorbei. Also richtete er sich neu aus und begann eine Karriere in der IndyCar-Serie. 2021 stand er mit Dale Coyne Racing schon beim dritten Rennen auf dem Siegerpodest (Zweiter beim Rennen auf dem GP-Kurs von Indianapolis), ein weiterer zweite Rang (wieder in Indy) und Platz 3 in Laguna Seca folgten. Er wurde Meisterschafts-15.

2022 wurde er von Michael Andretti verpflichtet, mit Rang 2 in Long Beach als Highlight reichte es zum 13. Schlussrang. Auch 2023 wird er für den Sohn der Rennfahrerlegende Mario Andretti antreten.

Der Formel 1 ist Grosjean als GP-Experte der französischen Kollegen von Canal+ verbunden geblieben. Er besuchte seine früheren Wegbegleiter aus der Königsklasse bei den Rennen in Miami, Montreal und Austin.

Lebenslauf

Von Bis Art Serie Unternehmen

Meisterschafts Gewinne

Serie Saison Punkte

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Ergebnisse

Serie Saison Veranstaltung Pos Team Fahrzeug Runden

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