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Herzlichen Glückwunsch Reinhold Joest

Von Guido Quirmbach
Seine Autogramme sind begehrt: Reinhold Joest

Seine Autogramme sind begehrt: Reinhold Joest

Der Gründer und Inhaber des erfolgreichsten Rennteams der Sportwagenszene wird heute 75 Jahre jung.

Seit mehr als 30 Jahren ist Joest Racing ein Begriff in der Welt des Motorsports. Eine Marke, die für Qualität spricht. Offiziell stehen 13 Siege bei den 24 Stunden von Le Mans auf der Habenseite des Teams, der Rennstall aus dem Odenwald siegte auch in Daytona oder Sebring. Alle Siege des Teams aufzuzählen, sprengt fast den Rahmen des Internets.
 
Reinhold Joest machte seine Anfänge im Bergrennsport in den 1960er Jahren, seinen ersten eigenen Meistertitel holte er am Berg 1964. Am Ende des Jahrzehnts zog es ihn mehr und mehr auf die Rundstrecke. 1969 war sein erster Start als Fahrer bei den 24 Stunden von Le Mans auf einem privat eingesetzten Ford GT 40, den er mit Helmut Kelleners teilte. Wegen eines Unfalls im Strassenverkehr blieb er einen Grossteil der Saison 1970 ausser Gefecht, dennoch folgte ein Jahr später erstmals die Berufung ins Porsche-Werksteam. Mit Willi Kauhsen startete Joest mit dem rosa Porsche 917/20, besser bekannt als «Sau», sah jedoch nach einem Unfall keine Zielflagge.
 
Als sich Porsche werksseitig vorübergehend aus dem Prototypen-Sport zurückzog, erstand Joest vom Werk einen 908, ein ehemaliges Werksauto, dass 1971 die 1000 km am Nürburgring gewann. In allen möglichen Variationen, mit Saugmotor oder Turbo, ohne Heckflügel oder mit einem Langheck setzte Joest diesen Wagen mit der Chassisnummer 008 fast eine ganze Dekade ein. Und dies auch sehr erfolgreich: Reinhold Joest gewann als Fahrer die Interserie, Rolf Stommelen und Jürgen Barth feierten auf diesem Auto neun Jahre nach dem ersten Erfolg 1980 erneut einen Sieg bei den 1000 km am Ring.
 
Waren bis dahin die Einsätze des 908 eher ein Hobby auf professionellem Niveau von Reinhold Joest, der im Hauptberuf erfolgreich ein VW-Autohaus betrieb, so gilt 1978 als Geburtsjahr von Joest Racing. Neben dem 908 wurden nun auch Fahrzeuge des Typs 935 eingesetzt, die Joest als Kunde des Werks kaufte. Doch er gab sich generell nie zufrieden, nur Kunde zu sein, sondern brachte in die bestehenden Fahrzeuge seine eigenen Ideen ein.
 
Dafür brauchte es eine solide, finanzielle Basis. Die war immer Bestandteil der Firmenphilosophie von Joest Racing. Schon Mitte der 1970er, als Sponsoring nicht mehr die Ausnahme, aber auch noch nicht die Regel war,  war auf dem Joest-908 gerne mal das Logo der «Lufthansa». Was immense Einsparungen bei den Reisekosten nach Watkins Glen oder Kyalami mit sich brachte. Später gaben sich solvente Kunden wie zum Beispiel Volkert Merl oder «John Winter» bei Joest die Klinke in die Hand. Für gutes Geld bekamen sie gute Ware, sprich einwandfrei vorbereitete Rennfahrzeuge.
 
1980 siegte Joest mit Stommelen und Merl bei den 24 Stunden von Daytona. Später konnte Joest aus Werksteilen einen eigenen Porsche 936 aufbauen, der aus politischen Gründen 908/80 heissen musste. Mit dem Wagen belegte Reinhold Joest in diesem Jahr Rang zwei in Le Mans, sein bestes Resultat als Fahrer an der Sarthe, nachdem er vorher schon drei dritte Ränge erreichen konnte. Mit dem gleichen Wagen gewannen Joest und Jochen Mass Ende 1981 die 9 Stunden von Kyalami, es war das letzte Autorennen des Rennfahrers Reinhold Joest.
 
1982 gewann Joest Racing mit Bob Wollek die deutsche Rennsport-Meisterschaft, was er ein Jahr später wiederholen konnte, dann aber mit dem 956. Mit diesem Wagen konnte Joest Racing endgültig aus der Masse der zahlreichen Porsche-Kunden herausstechen. Gleich beim ersten Einsatz bei der Marken-WM 1983 besiegte der private 956 von Joest Racing mit Wollek/Boutsen die Werkswagen, gemessen an der damaligen Überlegenheit des Werkes eine Sensation. Dieses Kunststück gelang Joest Racing 1985 auch in Le Mans, als Klaus Ludwig und Paolo Barilla den zweiten Sieg für Joest beim wichtigsten Sportwagen-Rennen der Welt einfuhren, nachdem im Jahr zuvor schon Ludwig mit Henri Pescarolo dort siegten. Nur war 1984 das Werk nicht am Start.
 
Ab 1987 genoss Joest Racing immer mal wieder meist inoffizielle Werksunterstützung, besonders von Porsche, nachdem sich das Werk aus der Langstrecken-Szene zurückgezogen hat. Joest entwickelte den 962 immer weiter und feierte in Dijon 1989 mit Wollek und Frank Jelinski den letzten WM-Sieg für Porsche in der Gruppe C. Der Sieg 1991 von Joest Racing bei den 24 Stunden von Daytona war der letzte grosse internationale Erfolg, den der Porsche 956/962, der bis heute erfolgreichste Sportwagen der Geschichte, als Prototyp eingefahren hat (beim Sieg 94 war der 962 offiziell ein GT).
 
Mangels Alternativen bei den Sportwagen widmete sich Joest Racing 1993 neuen Aufgaben und wurde bei Opel Entwicklungsteam für die DTM. Die vierjährige Zusammenarbeit gipfelte in dem Gewinn der ITC 1996 durch Manuel Reuter. In dem Zeitraum zeichnete sich Joest Racing unter anderem für die Entwicklung des schnellen Motorwechsels an dem Calibra verantwortlich.
 
Die Liebe zu den Sportwagen aber blieb. Nachdem Porsche 1995 mit einem Prototyp (auf Basis eines von Tom Walkinshaw entwickelten Jaguar-Chassis) in die amerikanische Sportwagen-Szene zurückkehren wollte, diesen Beschluss aber nach einer Regeländerung wieder rückgängig machte, nutzte Reinhold Joest seine nach wie vor hervorragenden Kontakte nach Weissach. Bei der Jahresabschlussfeier 1995 fragte er beim damaligen Entwicklungs-Vorstand Horst Marchart an, ob er sich für Le Mans 96 die beiden existierenden Modelle ausleihen könne. Joest durfte und gewann 1996 mit Wurz/Jones/Reuter zum dritten Mal unter eigenem Namen in Le Mans, nachdem man zwei Jahre zuvor bereits eigentliches Einsatzteam beim Sieg des Dauer-Porsche war.  Diesen Erfolg konnte Joest Racing 1997 wiederholen, damals hiessen die Piloten Michele Alboreto, Stefan Johansson und ein junger Däne namens Tom Kristensen. Der heute 8-fache Le-Mans-Sieger fuhr damals bei seinem ersten Erfolg an der Sarthe übrigens zum Nulltarif. Man entschied sich bei Joest gegen einen Pay-Driver und für den noch nicht allzu bekannten Kristensen, wie die Geschichte zeigte, keine schlechte Entscheidung...

Es war nur logisch, dass sich Audi Sport die Dienste von Joest Racing sicherte, als die Ingolstädter 1998 ihr eigenes Prototypen-Programm starteten. Bei der zweiten Generation des R8 war Joest in die Entwicklung mit eingebunden, insbesondere bei Wartungs- oder Reparaturfreundlichkeit kamen viele Ideen aus dem Odenwald. Was in dem Austausch des Heckteils gipfelte, als man innerhalb von 3 Minuten das komplette Heck inklusive Getriebe und Hinterachse wechseln konnte, was aber später verboten wurde.
 
Joest Racing ist nach wie vor ein eigenes Unternehmen mit Sitz in Affolterbach, das im Auftrag von Audi als Audi Sport Team Joest um die Welt zieht. Reinhold Joest selbst hat sich mittlerweile aus der operativen Führung seiner Firma ein wenig zurückgezogen und geht mit Ehefrau Brigitte gerne auf grössere Reisen.  Dennoch ist er weiterhin vielbeschäftigt, ist «Botschafter der Bergstrasse»  und noch jederzeit über alles im Bilde ist, was in seinem Haus vor sich geht. Bei allen Rennen ist Joest immer an vorderster Front dabei, bleibt meist im Hintergrund und mischt sich nur ein «wenn es ihm zu bunt wird», wie ein Fahrer mal lächelnd berichtete.
 
Neben sich selbst hat er schon vor vielen Jahren Ralf Jüttner zum Geschäftsführer von Joest Racing bestellt, die Nachfolge in der Unternehmensführung ist somit geregelt. Doch nicht nur Jüttner selbst hofft, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis dieser Schritt vollzogen ist.
 
Herzlichen Glückwunsch zum 75. und noch viele gesunde Jahre, lieber Herr Joest!

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