Was war vor Vettel, Rosberg und Co.? Teil 2

Von Petra Wiesmayer
Die Formel 1 ist ein Millionengeschäft, auch in Deutschland. Das war aber nicht immer so. Jahrelang führte der Rennsport in Deutschland ein Schattendasein.

In Teil 2 unseres kleinen Rückblicks erinnert SPEEDWEEK.com an die Geschichte der Deutschen in der Formel 1 ab den 1970er Jahren.

1970 debütierte der Kölner Rolf Stommelen in der Formel 1 und kassierte in seiner ersten Saison sogar 10 WM-Punkte. Danach ging es dann allerdings nicht mehr so erfolgreich weiter, und in den folgenden acht Jahren kamen nur noch insgesamt vier weitere Pünktchen hinzu. Der gelernte Kfz-Mechaniker lieferte sich dem harten Renngeschäft ohne Manager oder Berater aus und kam nie mehr auf einen grünen Zweig.

Er wechselte verzweifelt die Autos, aber das Ergebnis war immer das gleiche: Schlechtes Material und daraus resultierende Niederlagen. Von Brabham zu Surtees, von Colani zu Arrows. Beim spanischen Grand Prix 1975 brach in Runde 26 der Heckflügel an seinem Lola und tötete fünf Zuschauer. Stommelen trug komplizierte Beinbrüche davon und blieb danach glücklos. 1983 verunglückte auch er tödlich. Am Steuer eines Porsche in Riverside.

Dennoch waren in den 70er Jahren teilweise drei deutsche Piloten gleichzeitig am Start. Kurz nach Stommelen betraten nämlich auch Jochen Mass und Hans Stuck die Bühne. Mass brachte es innerhalb seiner neun Jahre dauernden Karriere in der Formel1 auf 105 Starts und 71 Weltmeisterschafts-Punkte. Ein deutscher Rekord, der erst durch Michael Schumacher 1993 gebrochen werden sollte.

Als erster deutscher Pilot nach Trips, der 1961 zweimal gewinnen konnte, gewann Mass 1975 einen Grand Prix. Beim Rennen auf dem Stadtkurs von Barcelona überquerte er als erster die Ziellinie. Unglücklicherweise gab es aber nur die halbe Punktzahl, da das Rennen wegen des schweren Unfalls von Rolf Stommelen vorzeitig abgebrochen werden musste. In seiner weiteren Karriere erging es ihm dann ähnlich wie Stommelen.

Ohne einen Manager, der einen guten Platz für ihn ausfindig gemacht hätte, versandete sein Talent bei Rennställen wie Surtees, ATS, Arrows, March und in einer Wasserträgerrolle für Hunt und Fittipaldi bei McLaren. 1979 überschlug sich sein Arrows auf dem Österreich-Ring, und Mass mußte wegen schwerer Rückenverletzungen bis 1982 pausieren. Seinem Comeback bei March war dann wenig Glück beschieden. Eine Kollision mit Gilles Villeneuve beim Training zum Grand Prix von Belgien in Zolder endete für den Kanadier tödlich und Mass zog daraufhin einen endgültigen Schlussstrich unter das Thema Formel 1.

Hans «Striezel» Stuck fuhr insgesamt 74 Grand Prix, stand ein Mal in der ersten Startreihe und wurde zweimal Dritter. Das war 1977 bei Brabham, als er einen inzwischen sehr berühmten Mann als Teamchef hatte: Bernie Ecclestone. Immerhin schaffte Stuck in seiner Laufbahn 29 Punkte, aber in puncto Berater hatte er wohl daneben gegriffen, wie sich später herausstellen sollte. Cockpits bei March, ATS, Shadow oder Brabham beschäftigten ihn zwar einige Jahre, um Siege mitzureden hatte er aber nichts mehr. Die machten die anderen unter sich aus: Nelson Piquet, Alain Prost und Niki Lauda. 1979 beendete Stuck seine Formel1-Karriere und verabschiedete sich in Richtung Tourenwagen.

Trotz anhaltender Erfolglosigkeit gaben die Deutschen aber nicht auf. In den 1980er Jahren versuchten Bernd Schneider, Manfred Winkelhock, Christian Danner und Stefan Bellof mehr erfolglos als erfolgreich ihr Glück. Bellof, der 1984 zusammen mit Ayrton Senna als die große Neuentdeckung bezeichnet wurde, galt als Mann mit außergewöhnlichem Talent und wurde bereits als künftiger Champion gehandelt. In Deutschland machte sich so etwas wie Formel1-Euphorie breit. Gleich sein erstes Formel2-Rennen in Silverstone konnte der Mann aus Giessen gewinnen, und auch beim Grand Prix von Deutschland triumphierte Bellof.

Ferrari wurde auf ihn aufmerksam, aber bevor der neue Superstar seinen Vertrag unterzeichnen konnte, schlug das Schicksal wieder einmal erbarmungslos zu. Bellof verunglückte 1985 in Spa-Francochamps mit einem Gruppe C-Porsche tödlich und erlitt somit das gleiche Schicksal wie schon vor ihm Wolfgang Graf Berghe von Trips, Gerhard Mitter, Manfred Wickelhock und Rolf Stommelen.

Bernd Schneider und Christian Danner, dem beim Grand Prix der USA immerhin ein vierter Platz gelang, scheiterten an zweitklassigem Material. Volker Weidler und Joachim Winkelhock konnten sich nicht einmal für einen Grand Prix qualifizieren. Nach dem Training zum großen Preis von Frankreich 1989 war Winkelhock es leid, dass er nur als Sponsorenlieferant missbraucht wurde und konzentrierte sich danach um einiges erfolgreicher auf die Tourenwagen.

Für die nächsten Jahre war die Formel 1 in Deutschland wieder auf einem absoluten Tiefpunkt. 1990 ging sogar nicht ein einziger deutscher Pilot an den Start. Bis, ja, bis 1991 ein neuer Name auftauchte. Michael Schumacher. Im selben Jahr versuchte auch Michael Bartels sich mit seinem Lotus für den Grand Prix von Deutschland zu qualifizieren, aber auch ihm war kein Glück beschieden. Er war zu langsam.

Kurz darauf wurde in London der Jordan-Pilot Bertrand Gachot verhaftet, weil er einen Taxifahrer mit Tränengas angegriffen hatte, und Eddie Jordan brauchte dringend Ersatz für sein verwaistes Cockpit. Er engagierte den Mercedes-Nachwuchsfahrer Michael Schumacher. Der Rest ist bekannt.

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