Tod von Chris Pfeiffer: Der schwächste Teil obsiegte

Von Carsten Steffen und Ivo Schützbach
Depression ist eine heimtückische psychische Erkrankung, welche die schlimmsten Folgen haben kann, wie uns der Freitod von Motorrad-Legende Chris Pfeiffer (51) wieder einmal vor Augen hält.

Selbst nächste Angehörige erkennen manchmal nicht, wie es in einem depressiven Menschen wirklich aussieht. Diese schwere psychische Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, die Betroffenen sind oft antriebslos, niedergeschlagen und kapseln sich ab. Eine Depression kann sich aber auch mit ganz anderen Symptomen äußern – man kann sie nicht nach Schema F beurteilen. Auch die Ursachen sind vielseitig.

Niemand konnte in Chris Pfeiffer hineinsehen. Immer wieder kommt es vor, dass sich erfolgreiche Sportler oder Musiker, die im Rampenlicht stehen oder standen, aus verschiedenen Gründen das Leben nehmen. Wir wollen auch gar nicht darüber spekulieren, weshalb sich der 51-jährige Allgäuer zu diesem endgültigen Schritt gezwungen sah.

Es ist ohnehin besser, wenn man Menschen mit einem solchen Schicksal so in Erinnerung behält, wie man sie aus ihren guten Tagen kannte. Dann hat man auch in Zukunft Freude an dem, was sie im Sport erreicht oder in der Kunst geschaffen haben. Ich bin mir sicher, keiner von ihnen hätte gewollt, dass wir wehmütig zurückblicken.

«Von uns Spitzensportlern ist man gewohnt, dass wir Siegertypen sind», sagte Martin Freinademetz im Gespräch mit SPEEDWEEK.com, zweifacher Snowboard-Weltmeister und heute der Macher hinter den Red Bull Romaniacs, einem der anspruchsvollsten Hard-Enduros der Welt. «Dass wir mental stark sind, um zu gewinnen. Dass wir starke Männer und Frauen sind. Jedoch schlummert in vielen von uns auch ein schwacher Teil, ein sehr verletzlicher. Beim einen stärker, beim anderen schwächer.»

Der Österreicher weiter: «In den frühen Neunzigern, als man für Hard-Enduro noch nicht mal einen eigenen Namen hatte, war Chris der erste deutschsprachige Spitzenfahrer, der den damals niveau- und tonangebenden Franzosen das Wasser reichen konnte und durch seine außergewöhnliche Performance den Sport maßgeblich mitgestaltet hat. In dieser Zeit haben wir angefangen, auf den Enduros nicht nach der höchsten Geschwindigkeit zu suchen, sondern nach der technisch schwierigsten Variante. Enduristen wie Chris mit einem Trial-Background waren auch damals diejenigen, die allen anderen um einiges voraus waren.»

Und das nicht nur sportlich. Chris Pfeiffer war immer ein Vorreiter, ein Visionär, ein Macher, einer der begeisterte, mitriss und neue Standards setzte. Auch später als Stuntrider.

So erlebte ihn auch Jonty Edmunds, ein renommierter britischer Motorsport-Journalist: «Es ist viele Jahre her, dass ich Christian zum ersten Mal auf einem Motorrad gesehen habe. Ich kann nicht behaupten, dass ich ihn kannte, bevor ich ihn zum ersten Mal beim Erzbergrodeo fahren sah, damals, als die Zweizylinderklasse noch ein spannender Kampf zwischen BMW und KTM war. Christian war als Teil des BMW-Teams dabei. Ich weiß nicht mehr, wer an diesem Tag gewonnen hat. Aber ich erinnere mich daran, wie Christian auf seinem Motorrad spielte – einem Motorrad, das nie zum Spielen gebaut wurde. Sicher, die Werks-BMW-Boxer waren wunderschön – fein abgestimmte Raketenschiffe, die so gut aussahen, wie sie klangen. Aber Christians Talent, die Art und Weise, wie er ein 1200-ccm-Dirtbike zum Tanzen bringen konnte, wie er sich auf dem Hinterrad drehte, wie er das Bike unter sich bewegte ... er beherrschte seine Maschine vollkommen. Ich war völlig erstaunt. Ich war dort, um zu arbeiten, um zu fotografieren. Aber diese 15 Minuten blieb ich stehen und schaute ihm zu.»

Ich bin mir sicher, diese Erfahrung haben viele Menschen gemacht, die in den Genuss gekommen sind, Chris Pfeiffer auf einem Motorrad live zu erleben. Er ist unvergessen und unerreicht.


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