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Mattia Binotto Steckbrief

Mattia Binotto

Mattia Binotto

Management
  • Vorname: Mattia
  • Nachname: Binotto
  • Nationalität: Schweiz
  • Geburtsdatum: 03.11.1969 in Lausanne, Schweiz (54 Jahre, 5 Monate und 23 Tage)

Mattia Binotto, geboren am 3. November 1969 in Lausanne, Absolvent des Polytechnikums Lausanne für Mechanik, später weitere Ausbildung in Modena zum Fahrzeugingenieur, ist seit 1995 bei Ferrari in Maranello tätig. Zunächst als Motorenfachmann im Testteam, ab 1997 in der Rennmannschaft.

2004 und 2005 engagierte sich Binotto als Renningenieur und arbeitete am Wagen von Rubens Barrichello, stieg dann zum leitenden Ingenieur auf, 2009 zum Chef der Motorenentwicklung. Im Oktober 2013 eine weitere Beförderung: zum stellvertretenden Motorenchef, 2014 erhielt Binotto den Posten des in Ungnade gefallenen Luca Marmorini.

Damit setzte Teamchef Maurizio Arrivabene weiter um, was er angekündigt hatte: Man wolle künftig eher auf eigene Talente setzen. Ferrari-Chef Sergio Marchionne meinte zu Gerüchten im Spätsommer, wonach Maranello die Angel nach dem damaligen Mercedes-Technikchef Paddy Lowe ausgeworfen habe: «Wir haben mehrfach festgehalten, dass wir in Sachen Ingenieure gut aufgestellt sind. Mit der technischen Expertise, die wir hier in Maranello besitzen, brauchen wir keinen Paddy Lowe. Unsere Vorgehensweise ist richtig. Wir haben Mattia Binotto befördert, seither ist Ruhe eingekehrt, und wir geben Geld für die richtigen Dinge aus.»

Binotto war ein Glücksgriff: Als Chef der Motorabteilung hatte er nicht jedes Einlassventil selber entworfen, sondern eher die Funktionen eines Managers übernommen, das kommt ihm beim neuen Job zugute.

Binotto gilt als Menschenkenner, guter Zuhörer, weiser Einschätzer einer Situation. Was Binotto von seinem Vorgänger James Allison unterscheidet – Binotto ist kein Chassis- und Aerodynamikspezialist. Hier muss er sich auf seine Mitarbeiter stützen. Aber als Renningenieur hat Binotto ein grösseres Bild erfasst und seine Ausbildung komplettiert.

Marchionne und Arrivabene klopften sich auf die Schulter, der Erfolg gab ihnen Recht – Sebastian Vettel kämpfte gegen Lewis Hamilton um den WM-Titel. Aber Fakt ist: Was wir 2017 auf der Rennstrecke sahen, wurde viele Monate zuvor von James Allison in die Wege geleitet. Der Engländer lehnte diese Darstellung höflich ab: «Alles, was Ferrari erreicht hat, ist den vielen Mitarbeitern in Maranello zu danken. Erfolg hängt in der Formel 1 nie an nur einer Person.»

Mattia Binotto war exakt der gleichen Ansicht: «Wir haben in Maranello zahlreiche herausragende Ingenieure, wirklich gute Leute. Wenn wir heute Erfolg haben, dann ist das einfach ein Zeichen dafür, dass wir sehr hart gearbeitet haben und dass die ganzen internen Abläufe stimmen.»

Ein besonderes Erfolgsrezept für die Renaissance von Ferrari 2017 gab es laut Mattia Binotto nicht, immer wieder betonte er die Qualität seiner Mitarbeiter, sich selber stellt er ungern in die Auslage. Motto: Ein Trainer ist nur so gut wie seine Mannschaft.

Binotto meinte: «Es ist einfach wichtig, dass jeder seine Aufgabe kennt. Aber niemand ist wichtiger als die Mannschaft. Ich muss sicherstellen, dass jeder auf dem richtigen Posten sitzt, dass er sich entfalten kann, dass der Teamgeist stimmt. Aber ich könnte wirklich nicht behaupten, dass wir grundsätzlich etwas anders machen als in den letzten Jahren.»

Letztlich wurde es nichts aus dem ersten Fahrer-WM-Titel seit 2007 – Lewis Hamilton war im Mercedes zu stark für Sebastian Vettel. Dazu kamen einige Motordefekte und Fehler des Deutschen. Binotto sagte: «Wir wissen genau, was wir tun müssen, um endlich wieder die Weltmeisterschaft zu gewinnen.»

Das mag sein, aber offenbar wusste es Mercedes noch besser: Auch 2018 verpasste Ferrari den WM-Titel. Daraufhin setzte der neue Ferrari-Präsident John Elkann konsequent um, was der im Juli 2018 verstorbene Sergio Marchionne angedacht hatte – falls Ferrari den Titel wieder versemmelt, sollte Teamchef Maurizio Arrivabene durch Mattia Binotto ersetzt werden. Und genau so kam es.

Binotto brachte einen anderen Führungsstil zu Ferrari: offen, selbstkritisch, pragmatisch. Das änderte freilich nichts daran, dass die Italiener erneut nicht Weltmeister wurden. Nach ermutigenden Wintertests wurde bald klar – der Ferrari von Sebastian Vettel und Charles Leclerc ist nur auf bestimmten Strecken konkurrenzfähig, dort, wo wir viele Geraden und weniger Kurven finden. Erst im Sommer konnten Binotto und seine Mitarbeiter den Wagen so verbessern, dass Vettel und Leclerc überall siegfähig wurden. Aber da war der WM-Zug abgedampft. Ferrari holte am Ende nur drei Siege (Leclerc in Belgien und Italien, Vettel in Singapur).

Aber der Fluch des Ferrari-Teamchefs, er ging weiter. Denn auch Binotto gelang es von 2019 bis 2022 nicht, den WM-Titel für Ferrari an Land zu ziehen; jahrelang stand Ferrari zuerst Mercedes vor der Sonne, mit Lewis Hamilton, dann Red Bull Racing, mit Max Verstappen.

Ein markanter Aufwärtstrend, mit Sebastian Vettel auf WM-Rang 2 2017 und 2018, vor allem dank des verblüffend starken Ferrari-Motors, wurde jäh gestoppt: Nach einem merkwürdigen Abkommen mit dem Autosport-Weltverband FIA musste Ferrari Leistung drosseln, 2020 fuhren die Roten hinterher – sechster WM-Schlussrang, das schlechteste Ergebnis von Ferrari seit vierzig Jahren! 1980 war Ferrari sogar WM-Zehnter geworden.

Auch 2021 ging das grosse Ferrari sieglos aus, konnte sich aber in der Markenwertung immerhin zu Rang 3 aufrappeln. Sebastian Vettel verliess das Team in Richtung Aston Martin, Carlos Sainz kam als neuer Stallgefährte von Charles Leclerd nach Maranello.

Aber was war nach der Saison 2019 mit dem Ferrari-Motor geschehen?

Seit längerem war davon die Rede, dass Ferrari beim bärenstarken 1,6-Liter-V6-Turbomotor mindestens im Graubereich des Erlaubten arbeite. Kurz vor Schluss der Formel-1-Wintertests 2020 auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya bestätigte die FIA ein Abkommen mit Ferrari. Die FIA sagte, man habe mit Ferrari eine «private Einigung» getroffen, was den 2019er Motor der Italiener angehe, nachdem eine entsprechende Untersuchung abgeschlossen worden sei. «Nach gründlicher technischer Untersuchung ist die Wirkungsweisen-Analyse der Antriebseinheit von Ferrari abgeschlossen. Dabei ist eine private Einigung mit dem Team geschlossen worden. Die Details dieses Abkommens bleiben vertraulich.»

Es stand da mit keinem Wort, dass Ferrari in der Saison 2019 etwas Unerlaubtes getan hat. Es stand allerdings auch nicht, dass der Motor in allen Belangen reglementskonform gewesen sei. Klar kamen Fans und Fachleute zum Verdacht: Der Automobilverband habe mit den Italienern einen Kuhhandel abgeschlossen. Als Dank für die Offenlegung der ganzen Technik, welche es der FIA offenbar erleichterte, auch andere Motoren zu prüfen, verfolgte der Verband diese Angelegenheit nicht weiter.

In der Saison 2022, beim Schritt in die neue Flügelwagen-Epoche, hatte Ferrari mit einem mutigen Design über weite Phasen das beste Auto, aber letztlich verpasste Leclerc den Titel klar. Denn Teamchef Mattia Binotto konnte die acht entscheidenden Baustellen nicht räumen – und stellte seinen Posten zur Verfügung.

Ferrari bestätigte am 29. November 2022, dass Teamchef Mattia Binotto gekündigt habe. In Italien gilt als offenes Geheimnis – nach 28 Jahren Plackerei für Maranello wollte man Binotto die Möglichkeit bewahren, würdig abzutreten, also nicht in Form einer Entlassung. Bei den Vorgängern von Mattia Binotto war die Chef-Etage von Ferrari weniger zimperlich.

Kein Teamchef steht so unter Erfolgsdruck wie der Steuermann von Ferrari: Der berühmteste Rennstall der Welt ist zum Erfolg verdammt, und gemäss des Beispiels aus dem Fussball muss jeweils der Trainer gehen, auch wenn die Mannschaft einen Mist zusammengekickt hat.

Die Saison 2022 war kritisch für Mattia Binotto – der Schritt zu einer neuen Rennwagen-Generation wurde als grosse Chance angesehen, endlich wieder an die Spitze zu kommen und sich dort zu halten. Denn das stolze Ferrari ist inzwischen seit Kimi Räikkönen 2007 ohne Fahrer-WM-Titel, und der Konstrukteurs-Pokal ging letztmals 2008 nach Maranello.

Und das waren die acht Baustellen, die Binotto bei Ferrari nicht räumen konnte.

Baustelle 1: Entwicklung
Egal ob mit Fernando Alonso, mit Sebastian Vettel oder mit Charles Leclerc – letztlich zerschellten die Titelhoffnungen von Ferrari daran, dass die Konkurrenz effizienter entwickelte. Ferrari begann 2022 mit dem unumstritten schnellsten Auto, aber dann fielen die Italiener hinter Red Bull Racing zurück, gegen Ende der Saison mussten sich die Roten auch von Mercedes auf der Nase herumtanzen lassen.

Baustelle 2: Standfestigkeit
Motorschaden bei Charles Leclerc in Spanien (in Führung liegend), Motorschaden für den Monegassen auch in Baku, damit war auch das Rennen in Kanada kompromittiert, weil Charles nach dem Einbau neuer Motorteile nach hinten rücken musste. Spektakuläres Motorfeuer bei Carlos Sainz auf dem Red Bull Ring.

Beim Grossen Preis von Mexiko wirkte Ferrari zahnlos, und endlich gab Teamchef Mattia Binotto erstmals zu, was wir in der Höhenluft von Mexiko-Stadt geahnt hatten. «Wir mussten Leistung zurückfahren, um in Sachen Standfestigkeit auf der sicheren Seite zu bleiben.»

Baustelle 3: Rennstrategie
In Monaco verlor Lokalheld Charles Leclerc wegen einer ungeschickten Boxenstopp-Strategie die Führung. In England holte Ferrari Leclerc unter Safety-Car nicht an die Box, erneut fiel der Monegasse zurück. Ausgerechnet Ferrari-Stallgefährte Carlos Sainz gewann.

In Ungarn erhielt Leclerc den harten Reifen mit auf den Weg, obschon längst klar war, dass diese Mischung an jenem Tag eine schlechte Wahl ist. In Brasilien wurde Leclerc in der Quali auf Intermediates auf die Bahn geschickt, alle anderen Fahrer waren auf Slicks.

Das sind nur einige Beispiele für Patzer am Kommandostand, dazu kamen endlose Diskussionen am Funk zwischen Fahrer und Technikern. Fred Vasseur wird mit all dem aufräumen müssen.

Baustelle 4: Boxenstopps
Gewiss, auch bei anderen Rennställen sitzt beim Reifenwechsel nicht jeder Handgriff. Aber Ferrari taucht in der Jahresliste von F1-Logistiker DHL in Sachen Reifenwechsel-Speed nur auf Rang 4 auf, Klassenbester ist Red Bull Racing. Das übelste Beispiel: Als Carlos Sainz in Zandvoort an die Box kam, lagen für den Spanier die falschen Reifen bereit. Mehrfach wurden in der Saison Fahrer zu spät an die Box gerufen, so wie in Brasilien Leclerc.

Baustelle 5: Hackordnung
Wir haben den grössten Respekt vor Carlos Sainz, immerhin hat der 28-jährige Madrilene in seiner ersten Saison 2021 mit Ferrari gleich mal Leclerc hinter sich gelassen. Aber mit dem 2022er Auto kam Charles besser zurecht, Leclerc war der Einzige, der Verstappen in Sachen Speed regelmässig die Stirn bieten konnte. Ferrari muss sich den Vorwurf gefallen lassen: Hätten die Italiener von Anfang an auf Leclerc gesetzt, hätte man länger vom Titel träumen dürfen.

Baustelle 6: Psychologie
Wenn wir schon bei Charles Leclerc sind: Das Verhältnis zwischen Mattia Binotto und seinem Star-Fahrer erkaltete im Sommer; der Monegasse ist einer jener Fahrer, die das Gefühl vermittelt bekommen müssen, wirklich geliebt zu werden, dann kann er sich ideal entfalten. Binotto-Nachfolger Fred Vasseur ist seit Jahren eng mit Charles befreundet und gilt als Piloten-Versteher.

Baustelle 7: Mentalität
Es ist Mattia Binotto an der Spitze des Ferrari-Rennstalls nicht gelungen, einen Hunger zu erzeugen, wie er die Teams von Mercedes-Benz und Red Bull Racing beseelt. Die Teamchefs Toto Wolff und Christian Horner haben in Sachen Einstellung fast identische Worte gesagt: «Wir gehen jedes Rennen an, als hätten wir noch keinen einzigen Grand Prix gewonnen.»

Es reicht nicht, das grosse Ferrari zu sein, die Mitarbeiter müssen den Erfolg mit jeder Faser ihres Körpers wollen. Sieger-Mentalität beginnt im Kopf. Fred Vasseur muss das bei seinen Mitarbeitern verinnerlichen.

Baustelle 8: Politik
Die vielleicht kniffligste aller Baustellen für Fred Vasseur. Der langjährige Ferrari-Designer Aldo Costa, der sich 2012 zu Mercedes abseilte, hat gesagt: «Bei Ferrari bist du unter ständiger Beobachtung. Die Medien machen Druck, die Tifosi machen Druck, die Aktionäre machen Druck, der Barista macht Druck, bei dem du am Morgen einen Espresso trinkst.»

Was an Ferrari-Teamchef Mattia Binotto sympathisch war: Er redete nicht um den heissen Brei herum. Und schon gar nicht versteckte er sich hinter Floskeln oder gleich hinter einer Mauer des Schweigens wie sein Vorgänger Maurizio Arrivabene.

Binotto sagte Anfang 2020: «Wir stecken in einem mittel- bis langfristigen Projekt, ich sehe uns als junges Team. Es hat auch damals in der Ära Todt/Schumacher seine Zeit gedauert, bis Ferrari die Früchte der Arbeit ernten konnte. 1997 und 1998 ging der Titel knapp verloren, 1999 konnte dann der Konstrukteurs-Pokal gewonnen werden, ab 2000 auch der Fahrer-WM-Titel, mit einer grossen Serie in den Jahren danach. Um einen solch tollen Lauf zu haben und sich an der Spitze zu halten, brauchen wir Zeit.»

Diese Zeit ist für Mattia Binotto in Maranello abgelaufen. Ohne WM-Titel.

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