MotoGP: KTM hat Ersatz für Vinales

Marc Marquez’ größter Rivale? Die gute alte Zeit

Von Michael Scott
Marc Marquez: Nur Valentino Rossi gewann mehr MotoGP-Rennen

Marc Marquez: Nur Valentino Rossi gewann mehr MotoGP-Rennen

Kolumnist Michael Scott analysiert Marc Marquez’ Vormachtstellung in der MotoGP-Saison 2025 und schaut auf die Rivalen des WM-Leaders, der momentan scheinbar mühelos von Sieg zu Sieg fährt.

Kann niemand Marc Marquez schlagen? Der zurückgekehrte MotoGP-Großmeister beendete die erste Saisonhälfte (Brünn noch ausstehend) mit einer Serie von vier Wochenenden mit Maximalpunkten – er gewann sowohl Sprint- als auch Hauptrennen, als wäre es sein gutes Recht.

Die Siege kamen unter verschiedensten Bedingungen, Umständen und auf unterschiedlichen Strecken zustande. Es begann so auszusehen, als könne ihn nichts aufhalten.

Im Marquez-Lager arbeitet man hart daran, die Ruhe zu bewahren. Und damit ist nicht der Fahrer selbst gemeint. Er scheint über solchen Dingen zu stehen. Zu intelligent. Eine Karriere voller atemberaubender Erfolge, gebremst nur durch einen einzigen, aber tiefgreifenden Rückschlag, hat ihn gelehrt, gelassen zu bleiben. Den Pfeilen und Schleudern des wütenden Schicksals begegnet man eben, wie sie kommen.

Sagt er jedenfalls.

Natürlich bedeutet es ihm etwas. Und in Zukunft wird er den Zahlen vielleicht mehr Bedeutung beimessen, als er momentan vorgibt: Sein 69. MotoGP-Sieg in Deutschland hat Agostinis Erfolge in der 500er-Klasse übertroffen, und er nähert sich den 89 Siegen von Rekordhalter Rossi – der sich große Mühe gab, Marc zu seinem Todfeind zu machen.

Seine Fans versprühen eine gewisse Nervosität. Denn es liegt im Wesen des Sports – jedes Sports, aber besonders eines potenziell verletzungsreichen wie Motorradrennen –, Erfolge ohne Vorwarnung zunichtezumachen.

Hinzu kommt das unausweichliche Eingreifen des Faktors Zeit. Der unerbittliche gemeinsame Feind der Menschheit. Mit 32 Jahren (33 im kommenden Februar) ist er der zweitälteste Fahrer in der MotoGP. Nur Johann Zarco, der heute seinen 35. Geburtstag feiert, ist älter. Am anderen Ende der Skala stehen Pedro Acosta mit 21 und Fermín Aldeguer mit gerade einmal 20 – beide schafften es bereits aufs MotoGP-Podium.

Momentan hat Marc beide im Griff – und die restlichen 19 Fahrer des MotoGP-Feldes gleich mit. Wenn er sie nicht auf der Strecke schlagen kann, wie bei seiner Verletzung im ungeliebten Assen, dann besiegt er sie mit Köpfchen.

Das Talent wird ihm nicht ausgehen. Was mit zunehmendem Alter aber oft nachlässt, ist die Besessenheit der Jugend. Und Besessenheit beschreibt wohl am besten, was Marc antreibt – nicht nur Rennen zu fahren, sondern zu gewinnen, gewinnen, gewinnen.

Bislang jedenfalls ist davon kein Nachlassen zu erkennen.

Wir Rennsportfans erleben – und teilen – etwas ganz Besonderes. Marc ist nicht das einzige Genie in der Geschichte dieses Sports. Es gibt eine kurze, aber prägnante Liste von solchen, darunter, aber nicht beschränkt auf: Duke, Surtees, Hocking, Hailwood, Agostini, Roberts, Doohan und Rossi. Ganz zu schweigen von der legendären Rivalität zwischen Rainey und Schwantz.
Also, nicht das einzige Genie. Aber selbst unter diesen Namen: einer der Größten.

Seine Historie ist ebenso beeindruckend wie seine momentane Dominanz auf der Strecke. Seit seinem Rookiejahr 2013 bis 2019 hatte Marc die Meisterschaft praktisch im Würgegriff, mit nur einem Ausreißer 2015, als Lorenzo von einem Ausrutscher bei Honda profitierte. 2020 endete das Ganze abrupt – der Armbruch in Jerez, gefolgt von einer zu frühen Rückkehr und dem allmählichen Niedergang seiner Honda, hielten ihn fern vom Titelgeschehen.

Die Katharsis, die Reinigung der Seele, folgte in einem sturzreichen Jahr 2023, als er seinen millionenschweren Honda-Vertrag kündigte und mit Gresini-Ducati einen Neuanfang wagte. Das habe seine Einstellung verändert, sagt er. Ab jetzt sei das Ziel schlicht, den Rennsport zu genießen.

Doch sein Sieg in Aragon im vergangenen Jahr strafte diese Behauptung Lügen. Das Vertrauen, das ihm Ducatis oberste Chefs aussprachen, war der Wendepunkt – und die Folge ist die außergewöhnliche Saison, die wir gerade erleben.

Es fehlt allerdings noch etwas: ein ernstzunehmender Rivale. Bruder Alex schlägt sich wacker als «Mister Position 2», doch er hat kein Problem damit zuzugeben, dass Marc – zumindest im Moment – besser ist als er.

Bagnaia wirkt orientierungslos, Vinales schnell, aber unbeständig. Zur Saisonmitte hat sich Marco Bezzecchi als erster Verfolger hervorgetan, da er sich immer besser an seine Aprilia gewöhnen konnte.

Aber wo ist der amtierende Weltmeister? Das Fehlen von Jorge Martin hinterlässt eine klaffende Lücke.

Jorge kehrt zum Grand Prix von Tschechien kurz vor der Sommerpause zurück – doch nach einer Reihe von Verletzungen, neun Rennen Pause und der Umstellung auf die Aprilia wird es dauern, bis er wieder bei voller Stärke ist.

Sollte Marc jedoch selbst ein paar Rennen verpassen, könnte das seinem Bruder die Tür öffnen. Oder sogar Bagnaia. Und genau deshalb steigt die Nervosität jetzt spürbar an.

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