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Stefan Bradl: 8h-Honda besser als Superbike-Version

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl

Stefan Bradl

Stefan Bradl ist begeistert von der Honda CBR1000 RR Fireblade SP2 des werksunterstützten F.C.C. TSR-Honda-Teams, die er sich am 30. Juli mit Domi Aegerter und Randy de Puniet teilen wird.

Diese Honda Fireblade wurde von verschiedenen Honda-Abteilungen in Japan für den Acht-Stunden-Langstrecken-WM-Lauf in Suzuka aufgebaut und wird in ähnlicher Spezifikation auch in der «All Japan Superbike Championship» 2017 ebenfalls von Takumi Takahashi eingesetzt wird.

Takahashi hat in der japanischen Superbike-Meisterschaft in dieser Saison schon zwei Rennen gewonnen und fährt mit der 2017-Fireblade in der 8h-Version in Suzuka eine Sekunde schneller als mit dem Vorgängermodell.

Bradl legte heute auf dem 5,8 km langen Suzuka Circuit knapp 40 Runden zurück und blieb auf der für ihn unbekannten Piste, die seit 2004 nicht mehr GP-Schauplatz ist, mit 2:09,7 min zwei Sekunden langsamer als sein F.C.C. TSR-Honda-Teamkollege und 8h-Routinier Domi Aegerter. Der dritte Fahrer im Team ist der Franzose Randy de Puniet.

Das zweite werksunterstützte Honda-Team in Suzuka bildet der MuSASHI RT HARC-PRO-Rennstall. Er ist mit Takumi Takahashi, Jack Miller und Takaaki Nakagami stark besetzt.

Stefan, wie war der erste Eindruck vom 8h-Motorrad?

Der Motor ist ein bisschen giftig im ganz unteren Drehzahlbereich. Das ist so ein bisschen der Charakter dieses Motorrads, haben sie mir heute gesagt.

Aber das Team hat das mit ein paar Veränderungen in die richtige Spur gebracht.

Ich muss sagen, dieses Endurance-Bike verhält sich ganz anders als mein Superbike-WM-Motorrad. Klar, es sind in Suzuka Bridgestone-Reifen montiert, in der Superbike-WM haben wir Pirelli.

Aber der erste Eindruck war auf jeden Fall: Dieses Motorrad ist umgänglicher, benutzerfreundlicher und fahrfreundlicher als das, das ich aus der SBK kenne.

Die Superbike-WM-Motoren werden bei Cosworth in England getunt. Cosworth liefert auch die Elektronik. Bisher wurde vermutet, Cosworth habe beim Tuning zu viel auf Spitzenleistung Wert gelegt. Dadurch werden die Reifen in den Rennen früh ruiniert. Dieses Problem lässt sich mit Hilfe der ECU nicht regeln, hiess es bisher. Bist du immer noch dieser Ansicht? Oder ist die aggressive Leistungsentfaltung einfach der Charakter dieses 1000-ccm-Reihenvierzylinders?

Die Honda-Ingenieure haben gesagt, unsere 8h-Motoren sind ausschließlich bei Honda in Japan getunt und vorbereitet worden.

Auch um die ganze Elektronik und das ganze Drumherum hat sich Honda in Japan gekümmert.

HRC ist beim Superbike-Projekt nicht beteiligt, beim 8h-Motorrad hingegen schon, zumindest teilweise.

Ja, es ist sogar heute Shinichi Kokubu bei uns in der Box gewesen, er ist seit Jahren der MotoGP Technical Director, so viel ich weiß. In der Superbike-WM habe ich ihn noch nie gesehen.

Und HRC-Manager Tomo Sato ist bei diesem Event mein direkter Ansprechpartner. Ich kenne ihn aus meiner LCR-Honda-Zeit und habe mich schon beim Sachsenring-GP mit ihm unterhalten. Er hat mir vorher einige E-mails geschickt und mich gut informiert.

Es ist jedenfalls ein deutliches Interesse von HRC an diesem Suzuka-8h-Projekt zu erkennen. Sonst würde ich nicht so viele HRC-Techniker bei uns in der Box sehen. Die Fahrerverpflichtung lief ja auch über HRC.

Du hast dich also auf dem 8h-Motorrad sofort wohl gefühlt?

Ja, es ist mir auch sofort aufgefallen: Das Getriebe lässt sich butterweich schalten.

Man hat mir gesagt: Das hat mit der Elektronik-Strategie von Magneti Marelli zu tun. Auch die Einspritzanlage soll im diesem Zusammenhang anscheinend einiges ausmachen. Jedenfalls hat es am ersten Tag beim Rauf- und Runterschalten heute kein einziges Problem gegeben.

Das hört sich so an, als wärst du zum Beispiel in Laguna Seca mit diesem Motorrad bessere Rundenzeiten gefahren als mit dem Superbike von Honda Motor Europe? Auch mit Pirelli-Reifen?

Ja, sicher.

Wobei wir beim Fahrwerk noch nicht so happy waren. Domi und Randy haben auch gesagt, dass wir zu wenig «Pitching» haben, dass also zu wenig Bewegung im Motorrad ist, wir möchten die Federelemente besser spüren. Aber das Fahrverhalten ist elektronisch gesehen auf einem ganz anderen Niveau.

Und wie sieht die Motorleistung im Vergleich zur SBK-Version aus?

Die Top-Leistung ist nicht so atemberaubend. Die hat mich jetzt nicht so vom Hocker gerissen. Dieser Motor muss ja acht Stunden am Stück durchhalten, die Superbike-Rennen dauern 40 Minuten.

Aber der Unterschied ist nicht gewaltig. Deshalb bin ich überzeugt, dass ich mit dieser Honda bessere Rundenzeiten fahren könnte als mit unserer Superbike-Maschine.

Seit heute weiß ich: Wenn Honda in Japan unser Superbike-Projekt in die Hand nehmen und sich dafür einsetzen würde, täte es bei uns in der SBK nicht so zäh laufen wie jetzt.

Die Japaner bei Honda wissen schon, wie es geht. Das habe ich auch heute wieder gemerkt.

Dein SBK-Teammanager Ronald ten Kate teilt deine Ansicht nicht, dass bei der SBK-Honda seit Februar kein Schritt nach vorne gemacht wurde.

Ja, die glauben, unser Motorrad hat sich verändert seit dem ersten Rennen in Philipp Island. Es kommt halt immer auf das Auge des Betrachters an...

Wenn dich die Japaner von Honda fragen, welches Motorrad besser sei, was wirst du antworten? Wirst du sagen: Bringt dieses Motorrad von Japan nach Europa?

Ja, das wäre am Allerbesten und am Allergescheitesten.

Man müsste zwar den Tank abbauen, weil der beim 8h-Bike ein bisschen groß ist. Sonst braucht man wahrscheinlich nicht viel zu machen, wobei ich den Unterschied zwischen Endurance- und SBK-Spezifikation nicht genau kenne.

Ich würde am liebsten auch gleich mit der Magneti-Marelli-ECU den Rest der Saison fahren, nachdem sie 2018 in der Superbike-WM sowieso als Einheits-ECU vorgeschrieben wird.

Es wäre sicher sinnvoll, dieses Motorrad einmal in Europa zu probieren und direkt auf einer Strecke mit unserem SBK-Motorrad zu vergleichen.

Aber ich mache mir keine Illusionen. So ein direkter Vergleichstest wird nicht so schnell passieren.

Ich muss mich damit abfinden, dass wir die restliche Saison mit dem jetzigen Cosworth-getunten Motorrad fahren. Wir können froh sein, wenn wir aus Japan einzelne Teile kriegen, die uns vorwärts bringen. Aber selbst dafür gibt es keine Zusagen.

Was den Umstieg von Cosworth auf Marelli betrifft, wird vor den Tests im November nach dem Saisonfinale auch nichts passieren, habe ich gehört.

Du hast vor zwei Wochen gesagt: Nach drei Runden in Suzuka weiß ich, welches Motorrad besser ist. War es wirklich so?

Als ich zum ersten Mal in den dritten Gang hoch geschaltet habe, habe ich schon gewusst, was los ist.

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