Stefano Domenicali: Ferrari, Schumacher, Alonso, Kimi

Von Rob La Salle
Stefano Domenicali mit Michael Schumacher

Stefano Domenicali mit Michael Schumacher

Der entlassene Rennleiter Stefano Domenicali (49) gibt dem italienischen Journalisten Leo Turrini das erste Interview. Natürlich ist der frühere Ferrari-Steuermann tief enttäuscht.

Von 2007 bis 2014 war Stefano Domenicali Teamchef der stolzen Scuderia Ferrari, seit 1991 war er für den berühmtesten Sportwagenhersteller der Welt tätig. Im April 2014, also vor dem China-GP, wurde er durch den früheren Ferrari-Nordamerika-Chef Marco Mattiacci ersetzt. Seither hat sich Domenicali kaum in der Öffentlichkeit gezeigt und sich noch seltener geäussert. Bis jetzt.

Der italienische Fachjournalist Leo Turrini ist ein Vertrauter nicht nur von Domenicali. Der Ferrari-Insider hatte als erster davon berichtet, dass der Steuermann von Bord gehen muss. Nun haben sich die beiden bei einem Fest in der Reggio Emilia getroffen, «und mir fiel sofort auf», so Turrini, «wie viele Sympathien Domenicali in der Öffentlichkeit geniesst».

Und das hat Stefano Domenicali unter anderem gesagt ...

«Ich habe die Verantwortung für ein Versagen auf mich genommen. Die Dinge sind nicht so gelaufen, wie ich mir das erwartet, wie wir alle uns das erwartet hatten. Also was soll ich nun gross dozieren? Natürlich habe ich so meine eigenen Vorstellungen und vielleicht finde ich einen Freund, der mit mir eines Tages ein Büchlein schreibt. Aber ich trachte nicht nach Polemik. Es ist nun mal so gelaufen, es hätte nicht so laufen sollen, es tut mir leid. Ende der Übertragung.»

«Im Herbst werde ich sicher eine neue Rolle übernehmen. Ich werde nicht auf ewig den Frührentner spielen. Auch wenn mir die Monate ohne Ferrari es erlaubt haben, die Freuden des ganz normalen Lebens wieder zu entdecken.»

«Zu Ferrari nur so viel, und ich sage das in Demut und nicht ohne Selbstkritik: es wäre nicht schlecht, wenn intern eine gewisse Abgeklärtheit wiedererlangt würde. Dann würden wir auch nicht gute Leute verlieren, die dann anderswo ihre Talente zeigen. Und nochmals: das ist durchaus als Selbstkritik zu verstehen.»

«Von allen Fahrern habe ich mich mit Michael Schumacher am besten verstanden. Er war deshalb so wundervoll, weil sich sein Beitrag nicht auf die Rolle des Fahrers beschränkte. Er hat es verstanden, Unzufriedenheit nie nach aussen zu tragen, wenn es mal nicht gut gelaufen ist. Privat und im Team konnte er sehr ernst sein, teilweise sogar unbarmherzig. Aber gegen aussen hat er sich immer schützend vor den Rennstall gestellt.»

«Was seine Gesundheit angeht, so weiss ich nur, was die Familie verlauten lässt. Sie sind sehr zurückhaltend, und ich habe grösstes Verständnis dafür. Wir sind zwar in Kontakt, aber ich weiss auch nicht mehr als dass es kleine, stetige Verbesserungen gibt. So wie alle hoffe ich inständig, dass diese furchtbare Beklemmung so gut als möglich ausgeht. Mehr als Warten können wir allerdings nicht.»

«Es stimmt nicht, dass ich mit Alonso ein schwieriges Verhältnis hatte. Fernando ist ein vortrefflicher Mensch und das sage ich mit Ehrlichkeit. Gemessen an Schumi kommuniziert er offener, und es kommt vor, dass ihm eine seiner Aussagen falsch ausgelegt wird. Dem Team oder Ferrari gegenüber war er nie negativ eingestellt. Er hatte in entscheidenden Situationen auch nicht das notwendige Quäntchen Glück. Natürlich haben wir auch Fehler gemacht, aber wenn wir zwei Titel geholt hätten, so hätte niemand den Erfolg angefochten.»

«Räikkönen ist ganz anders als Fernando, doch ich finde ihn bezaubernd. Ich bin stolz darauf, dass ich ihn in die Arme von Ferrari zurückgeholt habe. Ich bedaure nur, dass ich ihm und Fernando kein besseres Auto geben konnte. Die Gründe für diesen Flop will ich heute nicht nennen, das wäre nicht in Ordnung.»

«Natürlich gucke ich noch immer Formel 1. Ich sehe den Sport auch nicht in einer Krise. Wir haben ein Problem in Sachen Brückenbau zur jüngeren Generation. Ich habe ja auch junge Kinder, da hat sich einfach alles geändert, die wollen sich einfach nicht mehr zwei Stunden lang vor einen Fernseher setzen und ein Autorennen gucken. Der Sport muss es schaffen, sich den neuen Wegen der Kommunikation anzupassen, ohne seine Historie zu negieren. Das ist ein schwieriger Spagat, aber ich bin davon überzeugt, dass sich eine Lösung finden lässt.»

«Ich lebe nur wenige Kilometer vom Autodrom von Monza entfernt. Rund 25 Jahre lang war Monza mein GP-Wochenende, wo ich im eigenen Bett schlafen konnte. Ich bin eingeladen worden, aber ich werde der Veranstaltung wohl fernbleiben.»

«Fehlt mir die Formel 1? Ja, ein wenig, das ist unvermeidlich. Klar hätte ich mehr erreichen können, aber ich bedaure nichts.»

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