Blamage wegen Quali: Fans sauer, Streit um das Format

Von Mathias Brunner
Start zum Australien-GP: Bernie Ecclestone will Rennen, die unvorhersehbar sind

Start zum Australien-GP: Bernie Ecclestone will Rennen, die unvorhersehbar sind

​Das neue Quali-Format in Australien erzeugte bei den meisten Formel-1-Fans Ablehnung. Schon in Bahrain soll anders gefahren werden – aber in welcher Form?

Wenige Minuten vor Schluss des Qualifyings in Melbourne verliessen die ersten Fans den Albert-Park: Die Quali-Uhr lief noch, leider war kein Fahrer mehr auf der Bahn. Die Fans trotteten fassungslos von den Tribünen, die Formel 1 hat sich wieder einmal bis auf die Knochen blamiert. Es war, als würden wir ein Ticket für ein Fussballspiel kaufen, und dann gehen die beiden Mannschaften zehn Minuten vor Schluss vom Platz.

In der Theorie sollte das Ausscheidungsverfahren die Spannung erhöhen und das Überraschungsmoment fördern. In der Praxis waren alle vom Blick auf die herunterzählende Uhr wie hypnotisiert, weniger vom Geschehen auf der Bahn. Einige Rennställe schickten ihre Piloten zu spät auf die Bahn und gaben sich der Lächerlichkeit preis. War es für die angeblich besten Strategen der Branche zu schwierig auszurechnen, wann der eigene Fahrer auf die Bahn muss, um nicht von der Stoppuhr abgefangen zu werden? Jeder Zweitklässler würde eine solche Rechnung schaffen. Ohne Hochleistungs-Computer.

Zum Schluss hatten die Piloten keine Reifen mehr oder keine Möglichkeit, sich zu verbessern. Also wurde halt nicht mehr gefahren. Und da wundern sich die Mächtigen im Sport noch über sinkende Zuschauerzahlen?

Im Fahrerlager des Albert-Park waren die Zirkusmitglieder entsetzt. Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner: «Wir schulden den Fans eine Entschuldigung.»

Der Autoverband FIA lud am Sonntagmorgen in Australien die Team-Manager und Teamchef der elf Formel-1-Rennställe zum Krisengipfel: Wirkung gegen aussen – noch so eine Quali darf es nicht geben.

Nach kurzer Zeit wurde den Fans weisgemacht: Voller Stopp, Rückkehr zur früheren Quali in Bahrain, das Ausscheidungsverfahren scheidet selber aus.

Doch nach kurzer Zeit wurde klar: Das ist nicht so einfach. Und es stimmt auch nicht, dass alle die Rückkehr zum gewohnten System wollten.

Bob Fernley, der stellvertretende Teamchef von Foce India: «Ein Hintergrund des neuen Quali-Prozederes war doch die Idee, die Rennen interessanter zu machen. Wie konnte man also nach dem Abschlusstraining sagen, wir sollen zurück zum alten System, wo wir doch noch gar keinen Grand Prix bestritten hatten. Es ist auch nicht wahr, dass es eine Abstimmung gegeben haben soll, wonach wir zur alten Quali zurück wollen. Ich habe vielmehr gesagt: Wir sollten dem System ein wenig mehr Zeit geben. Ich finde, das Rennen hat sich sehr interessant entwickelt. Also werden wir keiner erneuten Änderung zustimmen. Wir fänden, das wäre nicht gut für die Formel 1. Ich bin auch dafür, dass wir gewisse Schwächen der neuen Quali eliminieren. Aber der neue Ablauf wurde überstürzt eingeführt und war zu wenig durchdacht.»

«Alle reden jetzt nur davon, dass zum Schluss von Quali 3 kein Auto mehr auf der Bahn war. Klar war das nicht gut. Aber wann habt ihr letztmals so viel Action in Quali 1 und Quali 2 gesehen? Ich finde, wir sollten uns auf die Stärken des neuen Abschlusstrainings konzentrieren und in aller Ruhe die Schwächen ausbügeln.»

Neben Bob Fernley war in Australien auch Claire Williams der Meinung: Wieso nicht Quali 2 und Quali 2 im Eliminationsverfahren behalten, dann aber Quali 3 nach dem früheren Prozedere fahren?
Diesen Vorschlag gab es schon einmal: Nachdem sich die Team-Manager die neue Quali angeschaut hatten und wie die Piloten vor den Folgen warnten.

Doch FIA-Präsident Jean Todt setzte sich mit der kompletten Umstellung durch. Nun scheint sich die Ausgangslage geändert zu haben. Die meisten Teams wollen zurück zum alten System, Todt stützt den Vorschlag von Force India und Williams in Sachen Mischlösung. Um nicht komplett das Gesicht zu verlieren.

Die Formel-1-Kommission, jenes Entscheidungsgremium der FIA, welche Vorschläge der Strategiegruppe annimmt (oder ablehnt) und dann an den so genannten Motorsport-Weltrat weiterreicht, habe die Mischlösung zur Abstimmung erhalten, die via E-mail passiert.

Und auch Bernie Ecclestone findet die neue Quali auf einmal nicht mehr so schlimm, wie er meinem Kollegen Pino Allievi von der Gazzetta dello Sport sagt: «Ich war auch ein wenig verwirrt, es gab viele Unwägbarkeiten. Wir können das besser machen. Die Teams wollen zurück zum alten System. Wenn es nach mir ginge, dann bleiben wir beim neuen. Die neue Quali war ein Schock, aber wir sollten mindestens versuchen, die guten Elemente davon zu behalten. Ich will einfach sicherstellen, dass nach einem Abschlusstraining das Rennergebnis nicht schon programmiert ist. Ich bin Unternehmer, mein Produkt ist die Formel 1. Also muss ich sicherstellen, dass die Fans ein aufregendes Produkt erhalten.»

Formel-1-WM

20. März: Australien (Melbourne) – Sieger: Nico Rosberg (D)
3. April: Bahrain (Sakhir)
17. April: China (Shanghai)
1. Mai: Russland (Sotschi)
15. Mai: Spanien (Barcelona)
29. Mai: Monaco (Monte Carlo)
12. Juni: Kanada (Montreal)
19. Juni: Europa (Aserbaidschan, Baku)
3. Juli: Österreich (Spielberg)
10. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
24. Juli: Ungarn (Budapest)
31. Juli: Deutschland (Hockenheim)
28. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
4. September: Italien (Monza)
18. September: Singapur
2. Oktober: Malaysia (Sepang)
9. Oktober: Suzuka (Japan)
23. Oktober: USA (Austin)
30. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
13. November: Brasilien (Sao Paulo)
27. November: Abu Dhabi (Insel Yas)

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