Jochen Mass trauert um seinen alten Teamchef
Ich habe noch die Worte von Jochen Mass im Ohr, der mir nach seinem Sieg im giftgrünen WRD-Super V-Kaimann 1972 im Vorprogramm des deutschen Formel-1-GP auf der Nordschleife voller Stolz gesagt hat: «Ich bin dem Eberhard so dankbar, er hat mir das beste Auto mit dem besten Motor hingestellt.» Und Jochen wusste auch, dass ihm sein damaliger Teamchef einen Erfolg ermöglichst hatte, der ihn auf dem Weg zu seiner Formel-Karriere einen guten Schritt brachte.
Noch Ende September 2022 hat sich Jochen ins Cockpit seines alten, wieder restaurierten Winkler-Kaimann Super V gezwängt, um beim historischen Rossfeld-Bergpreis anzutreten. Leider war Winkler schon hier zu schwach, um die Reisestrapazen auf sich zu nehmen. Schon 2010 hatte er einen Herzinfarkt überstanden. Und seinen jahrelangen Wohnsitz in Monaco gab er im Frühjahr 2020 auf, um wieder in seiner Heimatstadt Mannheim zu leben und alte Freunde zu treffen.
Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen – Eberhard war der geduldigste und großzügigste Teamchef, den man vor 50 Jahren haben konnte. Seine Firma «Westdeutscher Reklame Dienst» (daher das WRD auf seinen Rennwagen) warf so viel Gewinn ab, dass er sich das teure Hobby eines eigenen Rennstalls leisten konnte. Jochen Mass war als Pilot Winklers erste Wahl, zumal die beiden durch ihre Heimatstadt Mannheim eine freundschaftliche Verbindung hatten.
Neben Jochen Mass starteten auch der Journalist und spätere Porsche-Sportchef Manfred Jantke sowie der Autor dieser Zeilen für das WRD-Team in der Formel V 1300 und in der Super V. Die Rennwagen mit VW-Triebwerk kaufte Winkler bei der ersten und teuersten Adresse – bei Kaimann-Konstrukteur Kurt Bergmann in Wien. Hier ließ er auch die keineswegs billigen Motor-Revisionen erledigen. Alle drei Piloten gewannen für das WRD-Team mindestens ein Rennen – Mass in der Super V, Jantke und ich in der Formel V 1300. Verlangt hat Eberhard Winkler niemals auch nur einen Cent von seinen Fahrern, die er gerne scherzhalber als seine «Kutscher» und sich selbst als «Fuhrunternehmer» bezeichnet hat.
Lieber Eberhard, wir hatten eine tolle, unbeschwerte und unvergessliche Zeit mit dir und deinem Team an den Rennstrecken in Europa. Und die große historische Formel V-Gemeinde ist sehr traurig, dass du nicht mehr da bist. Und du kannst mir bei unseren regelmäßigen Telefonaten nicht mehr mit Inbrunst jedes Mal aufs Neue erklären, dass deine monegassischen Kumpels Leclerc und Pourchaire sowieso die besten Racer auf diesem Planeten sind.
Mach’s gut, lieber Freund. Alle, die mit dir zusammenarbeitet haben, und wir, die deine Autos zum Nulltarif fahren durften, werden dich so in Erinnerung behalten, wie du dir das mal in einem Gespräch mit mir gewünscht hast: «Wenn ich mal nicht mehr da bin, erzählt wenigstens all die wilden Geschichten, die wir gemeinsam erlebt haben.» Wird gemacht, mein Lieber, versprochen.