Formel 1: Carlos Sainz zurück zu Ferrari?

Künstliche Spannung oder Rennsport?

Von Guido Quirmbach
Ist der verstellbare Heckflügel wirklich das Allheilmittel?

Ist der verstellbare Heckflügel wirklich das Allheilmittel?

Braucht die Formel 1 wirklich die verstellbaren Heckflügel, um für mehr Action auf der Strecke zu sorgen?

Nun fahren sie wenigstens mal wieder. Bestand die Berichterstattung im Winter wie in den letzten Jahren üblich überwiegend aus Aussagen von mehr oder weniger berufenen Altstars, warum der oder der im nächsten Jahr besser oder schlechter ist, gibt es nun wenigstens wieder einige Fakten der Stoppuhr. Ob dies der Weisheit letzter Schluss ist, sei dahingestellt, besser als irgendwelche hochgespielten Zitate aus dem Winterloch ist es allemal.

Die verstellbaren Heckflügel sind in der Erprobungsphase. Auf vorher definierten Stellen darf der Pilot einmal pro Runde im Rennen den Heckflügel flacher stellen, um am Vordermann vorbeizukommen. Er muss dafür mindestens eine Sekunde hinter dem Opfer sein, dann erhält er ein optisches oder akustisches Signal und darf den «High-Speed-Knopf» drücken.

Mir stellen sich bei dem Gedanken an diese künstliche und in meinen Augen auch gefährliche Neuerung immer noch die Nackenhaare auf. Es gibt kein mechanisches, elektrisches oder hydraulisches Teil im Rennsport, was aus welchen Gründen auch immer noch nie versagt hat. Wenn sich der Flügel beim Bremsvorgang nicht wieder steil stellt, hat der Pilot ein gewaltiges Problem. Es ist ein Risiko zu Gunsten der Show.

Ob die Show dadurch wirklich besser wird, werden wir sehen. Denn erfahrungsgemäss lernen alle in der Formel 1 sehr schnell. Sprich, das vermeintliche Opfer wird sich auf der Geraden nicht ehrfürchtig ergeben, sondern, wenn er seinen Rang gefährdet sieht, in der Kurve vor der Geraden nicht mehr voll fahren, den Hintermann blocken und in ein Bremsmanöver zwingen. Um dann, wenn der auf der Bremse steht, Gas zu geben. Wie seit Bestehen des Motorsports bei fliegenden Starts praktiziert. Dadurch wird der Abstand zu gross, als das der Hintermann den Flügel nutzen darf, denn das entscheidet er ja nicht selbst, sondern die Rennleitung. Das mag bei manchen Strecken harmlos sein, in der Parabolica in Monza stelle ich es mir schon heikler vor. Und wie das ganze System in Monaco funktionieren soll, ist mir schleierhaft, hier sehe ich eigentlich nur Risiko!

Was hat die Formel 1 eigentlich für einen Komplex, dass sie meint, unbedingt die Show verbessern zu müssen? Wenn man manchen «Experten» heute über die angebliche Überholmisere klagen hört, könnte man den Eindruck gewinnen, es wurde früher von der ersten bis zur letzten Runde nur ausgebremst. Nun, dann muss dies sehr lange her sein, in den rund 30 Jahren, seitdem ich die Formel 1 verfolge, war Überholen nie Masseware, vom ladedruckbedingten Vorbeifahren in den 1980er Jahren vielleicht einmal abgesehen. Angegriffen wurde vor allem immer dann, wenn es notwendig war. Mal erfolgreich, mal nicht. Wie im Fussball, da geht auch nicht jeder Schuss ins Tor.

Klar, im letzten Jahr war Bahrain ein Langweiler, Abu Dhabi lebte nur von der Spannung um den WM-Kampf, auf der Strecke tat sich auch nichts. Doch es gab auch sensationelle Rennen. Die Saison 2010 war wie alle, es gab gute und weniger gute Rennen. Wie in jeder Sportart! Möglicherweise versucht man mit dem verstellbaren Heckflügel einfach nur, das meist rennzerstörende künstliche Element Pflichtboxenstopp durch ein weiteres künstliches Element zu neutralisieren. Und glaubt, den Otto-Normalrennfan durch ein brotloses Überholmanöver begeistern zu können. Getreu dem Motto, der blöde Rennfan will nur Überholen sehen, wie und warum ist egal! Doch Vorsicht, so oberflächlich ist kaum ein Zuseher! Nur schaltet die Masse einfach ab, wenn es ihr zu blöd wird, ohne dass wir ihre Beweggründe je erfahren.

Vielleicht sollte man sich bei der FIA mal fragen, warum das Interesse nicht so steigt, wie man sich es vorstellt? Liegt es vielleicht nicht auch daran, dass immer mehr künstliche Elemente ins Spiel gebracht werden, die den eigentlichen Sinn eines Rennens zerstören? Möglicherweise bin ich nicht der Einzige, der einfach nur ein Rennen sehen will.

Nochmal zurück zum Fussball, das ist die weltweit populärste Sportart. Dort kommt nach einer Saison mit weniger Treffern auch niemand auf die Idee, die Tore grösser zu machen. Oder gar, dass die Mannschaft, die 1:0 führt, aber gewaltig unter Druck steht, in den letzten 10 Minuten jeweils für 10 Sekunden den Torwart rausnehmen muss. Der Erfolg des Fussballs ist auch damit begründet, dass bis auf kleine Details die Regeln seit mehr als hundert Jahren gleich sind.

Nun soll niemand damit kommen, man kann einen Technik-Sport wie die Formel 1 nicht mit einem Ballsport vergleichen. Die Moto-GP erfreut sich nach wie vor bester Popularität und hat am sportlichen Reglement in den letzten Jahrzehnten kaum etwas geändert. Rund 45 Minuten Vollgas, fertig. Und bei den 24 h von Le Mans, wo Jahr für Jahr 250.000 Menschen beim Start vor Ort sind, ist die Aufgabenstellung seit 1923 auch gleich. Es gibt auch ein aktuelles Beispiel, das die Menschen mehr Spass am Ursprung als an neumodischen Spielereien haben: Die «Rallye Monte Carlo» hat, seit sie kein WM-Lauf mehr ist, historische Elemente wie die «Nacht der langen Messer» am Col de Turini zurückgebracht. Und seitdem gehen die Zuschauerzahlen wieder steil bergauf.

Auch fortschrittliche Menschen können aus der Vergangenheit lernen!

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