Alle Traditionen haben mal angefangen!
Sicher das bestbesuchteste Sportwagen-Rennen der letzten Jahre in Deutschland
Zuletzt stand ich 3x morgens am Renntag im Stau. Das erste Mal war bei der VLN im Start/Ziel-Bereich des Nürburgrings. Dies hing allerdings dann bei genauerer Betrachtung mehr mit der Baustelle auf der Bundesstrasse und den neuen Schranken an den Parkplätzen zusammen. Das zweite Mal dann eine Woche später bei den 1000km von Spa. Eine gute halbe Stunde brauchte ich am Morgen, ok, ich gehöre jetzt nicht zu den geborenen Frühaufstehern, von der Autobahnausfahrt bis zur Rennstrecke. 35.000 Zuschauer wohnten dem Langstrecken-Klassiker bei, eine beachtliche Zahl in der heutigen Zeit.
War Spa schon immer eins der besser besuchten Sportwagen-Rennen, so hat mich aber der Stau am vergangenen Wochenende am Sachsenring schon gewundert. Er war nicht lange, aber immerhin. Stau bei einem Rennen ausserhalb der Formel 1, MotoGP oder vereinzelt DTM, wann hat es das zuletzt gegeben?
Stéphane Ratel kann sich glücklich schätzen. Nachdem er Ende 2009 nach Gründung GT1-WM dem Veranstalter in Oschersleben nach vielen Rennen einen Korb gab um an den seines Erachtens WM-würdigeren Nürburgring zu ziehen und der dortige Veranstalter ein finanzielles Desaster erzielte, kam er im letzten Moment für die laufende Saison auf dem Sachsenring unter.
Und der gemeinsame Event der FIA GT1-WM und des ADAC Masters Weekends wurde sehr gut angenommen. Auch wenn die offizielle Zuschauerzahl von 45.000 etwas hoch erscheint (aber welche von deutschen Veranstaltern veröffentlichte Zuschauerzahl der letzten Jahre wirkt schon wirklich glaubhaft, vom Hockenheim-GP im letzten Jahr einmal abgesehen?), aber dennoch, das Rennen war sehr gut besucht. Besonders die GT1-Teams waren nach der Geisterveranstaltung von Portimao eine Woche zuvor begeistert. Und auch im Fahrerlager des ADAC GT Masters freute man sich über die Fannähe, wenn die Teams auch die ungeliebten Zelte aufbauen mussten, als wie sonst üblich in den Boxen zu stehen. Doch für den Besucher sind Zelte um Welten besser, hier hat er den Kontakt zu Autos und Aktiven, während er an den Boxen heutzutage bestenfalls Werbe-Stellwände von hinten sieht.
Vielleicht entwickelt sich neben der vorhandenen Motorrad-Tradition auch eine Sportwagen-Tradition auf dem kurvenreichen Kurs nähe Chemnitz. Die Chancen dafür stehen gut. Der Kurs ist natürlich und bietet den Zuschauern Bewegungsfreiheit, was bis auf Oschersleben auf deutschen Strecken kaum noch möglich ist. Aufgrund der wenigen Lärmtage gibt es nur drei Grossveranstaltungen, zwei gehören zu recht den Motorrädern, eine den Autos. Und dort hat sich das ADAC GT Masters mittlerweile etabliert, in Verbindung mit einem internationalen Sportwagen-Event könnte sich der Sachsenring zur deutschen Sportwagen-Hochburg entwickeln.
Doch es gibt auch noch viel Verbesserungspotential. Ein bis zwei weitere Tribünen, oder aber noch ein bis zwei zusätzliche Video-Walls. Und eine Stunde Pause vor dem Rennen des ADAC GT Masters am Sonntag und anschliessend wieder eine Stunde Pause vor dem Lauf zur FIA GT1-WM ist auch nicht gerade zuschauerfreundlich. VIP-Taxifahrten sind ja auch aufgrund deren finanziellen Einsatz legitim, doch kann man das Publikum in dem Zeitraum sicher mehr in die Veranstaltung integrieren als nur mit einer Autogrammstunde. Dann zieht lieber die GT Masters-Startaufstellung vor und lasst die Zuschauer mit rein, in den USA funktioniert das bei einer Vielzahl der Besucher wie am Sachsenring auch.
Aber trotz den Anregungen, es war eine sehr gelungene Veranstaltung. Macht was draus, denn alles, was heute Tradition ist, hat irgendwann mal angefangen.