KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Viermal geniessen und Luft anhalten

Von Guido Quirmbach
Faszination pur: Die Nordschleife

Faszination pur: Die Nordschleife

In den nächsten Wochen kommen die vier vielleicht faszinierendsten Events des Automobilsports.

Von Mitte Mai bis Mitte Juni ist für mich immer die Hochzeit des Jahres. Innerhalb von vier Wochen finden meine persönlichen Highlights der Saison statt: Die 24 Stunden vom Nürburgring, der Grand Prix von Monaco, die 500 Meilen von Indianapolis und die 24 Stunden von Le Mans.

Jedes Rennen hat seine einzigartige Faszination. Die Nordschleife, die engen Strassenschluchten von Monte Carlo, haarscharf an der Mauer entlang bei Höchsttempo in Indy, die Landstrassen an der Sarthe.

Alle vierRennen haben eines gemeinsam: Die Rennstrecken wurden lange vor dem zweiten Weltkrieg erstmals befahren, zu einem Zeitpunkt, als die Erbauer noch nicht einmal ahnen konnten, wie sich die Technik und die Geschwindigkeit entwickelt. Es wird dort heute noch gefahren, weil es eben Tradition ist. Eine wunderbare Tradition, die im Lauf der Jahrzehnte viel zur Faszination des Motorsports beigetragen hat. Aber auch immer wieder ein Ritt auf der Rasierklinge.

Trotz aller Versuche und Massnahmen, die Sicherheit der Strecken zu verbessern, sie sind alle nicht mehr zeitgemäss. Allerdings muss man auch zugeben, dass sie nie zeitgemäss waren. Es hat sich nur eben niemand seine Gedanken darum gemacht. Als erstmals dort gefahren wurde, ging es halt nur darum, Rennen zu fahren. Was im Falle eines Falles passieren könnte, darüber machte sich niemand Gedanken. Der Ritt auf der Rasierklinge war aber auch das, was die Menschen fasziniert. Haarscharf an Mauern oder Leitplanken vorbeizufahren ist eben interessanter anzuschauen als wenn man heute eventuell eine weisse Linie überfährt, hinter der eine riesige, asphaltierte Auslaufzone ist.

Es ist gut, dass es diese Rennen heute noch gibt, ich freue mich Jahr für Jahr eben auf genau diese vier Rennen ganz besonders. Und atme immer tief durch, wenn sie vorbei sind ohne dass jemand zu Schaden gekommen ist.

Auffallend ist die gestiegene Risikobereitschaft der Teilnehmer. Das hängt sicher auch mit dem immer härteren Wettbewerb zusammen. Aber wohl auch damit, dass die meisten der heutigen Generation von Fahrern auf Kurven gross geworden ist, auf denen es eher unwahrscheinlich ist, dass man sich weh tut. Diesen Fahrstil behält man eben dann auch auf den wenigen Strecken, wo es eben direkt knallt, wenn man neben dem Kurs ist.

Die Fahrer können manches dazu beitragen, dass Risiko so gering wie möglich zu halten. Und sie müssen die Spielregeln beachten: Sie kennen sicher das Gefühl, wenn auf einer Autobahn Tempo 100 ist, sie halten sich dran und werden dann permanent überholt. So passiert es immer wieder an der Nordschleife, wenn sich der Fahrer in einer *Intervention-Zone langsam macht, um die Posten nicht zu gefährden und am Ende der Runde feststellt, dass Kollegen 15 Sekunden schneller waren, obwohl die Runde gut war.

Klar, hier wird von manchen verantwortungslosen Kollegen Zeit gut gemacht auf Kosten der Sicherheit der Sportwarte. Natürlich werden Verstösse dagegen geahndet, aber eine vernünftige, einheitliche Regelung ist noch nicht vorhanden. Wer Pech hat, wird erwischt, ein Grossteil der Verstösse bleibt aber unentdeckt. «Wenn ich merke, dass alle da durchbrettern und nix passiert, dann bretter ich eben auch da durch» sagte mir einst ein Fahrer. Hier ist hartes, aber vor allem einheitlich hartes Durchgreifen gefordert. Marc Hennerici, sicher kein Hasenfuss und ein sehr schneller Mann auf der Nordschleife, hat sich ebenfalls darüber seine Gedanken gemacht. (siehe unten)

Trotz aller ernsthafteren Gedanken: Ich freue mich auf die kommenden Highlights, denn sie sind Motorsport pur!!!

*Intervention-Zone: mit Pylonen zu einer Engstelle abgesperrter Bereich ähnlich einer Autobahn-Baustelle, damit die Streckenposten sicher verunfallte Fahrzeuge bergen können. Wird an der Nordschleife anstelle des Safety-Cars verwendet, weil sonst aufgrund der Streckenlänge und der Anzahl der Fahrzeuge praktisch immer das Safety-Car auf der Bahn wäre und ein vernünftiges Rennen nicht mehr möglich wäre. Die Fahrer haben strikte Anweisung, dort langsam zu fahren.
Zukunft Nordschleife

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