KTM-Krise: MV Agusta steht vor dem Verkauf

Von Linien und asphaltierten Auslaufzonen

Von Guido Quirmbach
Bei der DTM darf es auch schon mal neben der Strecke sein

Bei der DTM darf es auch schon mal neben der Strecke sein

Spätestens seit Sebastian Vettels Strafe von Hockenheim hat ein jeder begriffen, dass die Rennstrecke zwischen den weissen Linien ist. Doch

Sebastian Vettel bekam vor einigen Wochen beim Grand Prix in Hockenheim eine Strafe, weil er nach Ansicht der Kommissare mit seinem Red Bull den McLaren von Jenson Button ausserhalb der Strecke überholt hatte. Vettel gab an, dass er neben die Strecke ausweichen musste, da sich Button weit nach aussen tragen liess, um so eine Kollision zu vermeiden. Die Rennleitung war allerdings der Ansicht, dass Vettel die Auslaufzone zu seinem Vorteil verwendet hat. Ich will diese Szene nicht weiter diskutieren, doch die Problematik ist hausgemacht.

Es sind die modernen Strecken mit den Sicherheitsstandards der Formel 1. Rennstrecke und Auslaufzone trennt oft nur eine weisse Linie, eine farbliche Markierung oder ein Randstein, dem der Fahrer noch nicht mal spürt. Wo früher ein hoher Randstein oder ein Kiesbett war, ist vielerorts heute keine bauliche Trennung mehr. In Spa gibt es auf den 7 Kilometer Streckenlänge noch ganze drei Kiesbetten, wobei lediglich eines im Bereich von Stavelot in der Regel noch ab und an frequentiert wird. Auch in Hockenheim wird der Kies weniger und wird bald ganz aussterben.

Für die Sicherheit der der Automobilfraktion mag dies vielleicht der richtige Weg sein, die Verzögerung ist auf Asphalt gut und es besteht weniger die Gefahr eines Überschlages. Die Motorrad-Piloten sehen es gemischt, es ist zwar einfacher, nach einem Verbremser wieder auf die Strecke zu fahren, haut es einen aber nieder, hätte er den Sturz sicher lieber im Kiesbett.

Der Sicherheit sollte alles untergeordnet werden, da bin ich sicher dafür. Dennoch ist man hier meines Erachtens zu weit gegangen. Es ist eigentlich mit die Fahrkunst, so schnell wie möglich um die Kurve zu fahren. Und wenn man zu schnell ist oder die Kurve nicht richtig erwischt, passiert etwas zum Nachteil des Piloten. Ganz früher war dies gravierend und meist mit einem Einschlag verbunden, auch oft mit Gefahr für Leib und Leben des Fahrers. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei.

In den 1970ern waren die Fangzäune in den Auslaufzonen, keine optimale Lösung. Wer einmal in einem Fangzaun mit Auto oder Motorrad gefangen war, kam niemals mehr raus. Und dazu waren sie gefährlich: Hans Georg Bürger wurde 1980 von einem Befestigungspfosten der Zäune in seinem Formel 2 in Zandvoort erschlagen.

Später dann kamen die Kiesbetten. Eine zumindest bis zu mittelschnellen Kurven vernünftige Verzögerung. Doch auch sie hatten ihre Nachteile. Oft war nach einem Dreher bei geringer Geschwindigkeit das Rennen zu Ende, da Auto oder Motorrad sich eingrub. Nachteil der Kiesbetten war aber auch, dass die Wirkung des Überrollbügels vor allem bei den Formel-Autos reduziert war, da der sich eingrub. Und gerade dort neigten die Autos mit freistehenden Rädern zu Überschlägen.

Also kamen die asphaltieren Auslaufzonen. Und damit passiert heute meist gar nichts, der Pilot fährt weiter als sei nichts geschehen, oft noch nicht mal mit einem Nachteil auf der Stoppuhr.

Im Gegenteil, es gibt Ecken, da ist man durch das Verlassen der Rennstrecke sogar schneller. Und das wird in verschiedenen Serien unterschiedlich gehändelt. So muss man beispielsweise bei der DTM in der ersten Kurve in Hockenheim vor einem roten Punkt wieder auf der Strecke sein. Die gleiche Linie aber gilt bei anderen Rennserien als Verlassen der Strecke und wird nach Verwarnungen oder im Wiederholungsfall mit einer «Drive Through» bestraft.

Beide Lösungen sind zweifelhaft. Die DTM macht hier ihr eigenes Ding und weicht im Regelwerk von dem der anderen Serien ab. Auf der anderen Seite gibt es dort weit weniger Strafen als in anderen Serien, was zumindest für die Show wesentlich besser ist. Denn eine Strafe für das Überfahren einer Linie, sieht man einmal von der Linie der Boxeneinfahrt ab, ist für den allgemeinen Zuschauer einfach nicht nachvollziehbar.

Ebenso nicht nachvollziehbar wird aber die Faszination Motorsport für jemanden sein, der erstmals als Besucher in einer solchen Kurve sitzt. Ob er oder sie es spannend finden, wenn Autos oder Motorräder nur noch zwischen Linien balancieren, ist zu bezweifeln. Keine Frage, attraktiver ist der Motorsport durch die asphaltierten Auslaufzonen nicht geworden.

Es sollte andere Möglichkeiten geben, eine Rennstrecke auf der einen Seite sicher und auf der anderen Seite noch faszinierend im Sinne des Sports zu gestalten.

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