KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Gesucht wird die goldene Mitte

Von Guido Quirmbach
Der Toyota von Clint Bowyer nach Gordons Foul

Der Toyota von Clint Bowyer nach Gordons Foul

NASCAR präsentierte sich am Wochenende in Wild-West-Manier, bei der FIA regiert der Saubermann.

Bei NASCAR ging es am Wochenende zu wie in einem Saloon des Wilden Westens 1885.  Clint Bowyer und Jeff Gordon hatten in der Saison schon einige Techtelmechtel auf der Strecke. So auch am Sonntag in Phoenix, als sich Gordon erneut von Bowyer unfair behandelt fühlte, als dieser ihn abdrängte und Gordons Chevy die Mauer streifte. Ein an und für sich harmloses Manöver, aber das brachte bei Gordon das Fass aus seiner Sicht zum Überlaufen.

Er versuchte ein erstes Revanchefoul, dabei stellte er sich aber selbst ein Bein, nun flog er richtig ab. Aber so ein NASCAR-Chevy hält schon einiges aus, er rollte weiter und wartete. Auf dem Ein-Meilen-Oval in der Wüste von Arizona dauerte es nicht lange, bis Bowyer wiederkam. Und dann schickte Gordon seinen Rivalen mit der Routine eines vierfachen Champions aber richtig in die Mauer. Joey Logano wusste nicht wie ihm geschah, auch er wurde noch durch Gordons Aktion aus dem Rennen gerissen.

Aber wie gesagt, so ein NASCAR-Bolide hält einiges aus, Gordon wackelte mit seinem Wrack ins Fahrerlager, stieg aus und nahm den Helm ab. Den hätte er besser angelassen, denn kaum stand er neben dem Auto, fiel eine Horde von wutentbrannten Mechanikern aus dem Hause Bowyer über den Kalifornier her. Gordons Mechaniker halfen natürlich ihrem Fahrer, so gab es eine kurze Rauferei im besten Eishockey-Stil früherer Jahre live vor Millionen-Publikum im TV. Zu spät kam übrigens Bowyer selbst, trotz Olympia-verdächtigem Sprint mit eindeutiger Absicht in Richtung Jeff Gordons Truck. Es hatten sich dort inzwischen zu viele Helfer versammelt, als dass das Duell Mann gegen Mann hätte fortgesetzt werden können.

Gewinner? Wohl direkt niemand, es wird wahrscheinlich gegen beide Beteiligten bzw. Bowyers Crew deftige Strafen geben. Wenn es aber einen Gewinner gibt, dann ist es NASCAR. Denn das Duell der beiden auf und neben der Piste war einen Tag später Gesprächsstoff in Amerika, weit über die Fan-Grenzen von NASCAR hinaus. Was beim letzten Saisonrennen und der Titelentscheidung sicher für rekordverdächtige Einschaltquoten sorgen wird. In Zeiten rückgängiger Quoten und Zuschauer an der Strecke sollte NASCAR normalerweise beiden eine Prämie zahlen.

Szenewechsel, das Siegerpodium beim Grossen Preis von Abu Dhabi: Kimi Räikkönen, nicht gerade als Plaudertasche bekannt, sprach wörtlich: «I got a shit!» er meinte sinngemäss, «Ich bekam einen Anschiss!» Auch Vettel muss irgendetwas gesagt haben, was die Sittenwächter des sauberen Rennsports von der FIA dazu berief, eine Verwarnung an die beiden auszusprechen. Hab nur ich die empörte Menschenmenge, die sich darüber aufregte, in der letzten Woche übersehen, oder gab es keine Aufregung?

Wie bitte kann die FIA sich an sowas stören? Merken sie eigentlich nicht, das dem Rennsport immer mehr die Typen abgehen? Ich will keine Fouls, Revanchefouls oder gar Prügeleien im Fahrerlager. Aber wenn mal einer richtig flucht, weil es nicht so gelaufen ist, oder einfach mal einen flapsigen Spruch loslässt, der vielleicht nicht im ersten Schuljahr gelehrt wird, dann ist dies doch nur menschlich und aus einer Emotion heraus. Ok, Emotion und Kimi passt nicht zusammen, aber sagt der «Iceman» mal was, ist es auch falsch. Die Klicks auf dem youtube-Video über seinen Boxenfunk belegen, was die Formel-1-Welt für einen Spass an Kimi in Abu Dhabi hatte. Eben keine weichgespülten Floskeln, sondern es hat mal wer etwas gesagt!

Als sich früher Senna und Prost oder Piquet und Mansell bekriegten, bekam das jeder mit, ob Formel-1-Fan oder nicht. Denn es wurde darüber berichtet. Weil es die Medien interessierte. Wer aber bitte interessiert sich heute für einen Fahrer, der sich nach einem Rennen nicht mehr zu sagen traut, als dass sein Team gut war (wofür er sich artig bedankt), die Reifen klasse war und überhaupt alle hart gearbeitet haben?

Mag sein, dass mancher Hersteller und manches Team seine Fahrer gerne in dieser Rolle haben möchte. Aber dann dürfen sie sich auch nicht wundern, wenn sich immer weniger Menschen dafür interessieren.

Nochmal, Aggressoren auf und neben der Piste wie gestern in Phoenix brauchen wir nicht. Das ist Irrsinn und auf der Strecke lebensgefährlich dazu. Aber die faden Lobeshymnen auf Team und Reifen und sonst was, wie sie heute im Rennsport üblich, braucht man genauso wenig. Irgendwo muss es doch da eine goldene Mitte geben!

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