Tomczyk: «DTM am Ende sehr politisch und technisch»

Von Andreas Reiners
Es hatte sich im Vorfeld des siebten Rennwochenendes auf dem Nürburgring bereits etwas angedeutet. Es kommt schließlich selten vor, dass der Gesamt-20. an der offiziellen Pressekonferenz teilnimmt.

Sofern er nicht zum Beispiel ein Heimspiel hat. Oder etwas verkünden will. Deshalb durfte Martin Tomczyk dann auch in der Mitte Platz nehmen, weil es irgendwo seine PK war. Sein Abschied, den er am Freitag offiziell verkündete.

Eingerahmt von einem alten Wegbegleiter (Jamie Green) und einem recht neuen Weggefährten (Maximilian Götz). Es sind zwei von unzähligen Piloten, die er in seiner ganzen Zeit in der Tourenwagenserie hat kommen und gehen sehen.

«16 Jahre – eine tolle Zeit mit vielen schönen Momenten, an die ich mich immer wieder gerne zurückerinnere. Ich habe fast die komplette Entwicklung der DTM seit 2000 miterlebt, konnte meine sportlichen Ziele in den letzten Monaten jedoch nicht mehr erreichen. Einer der Gründe, warum ich mich dafür entschieden habe, in Zukunft einen anderen, neuen Weg einzuschlagen», bekräftigte Tomczyk am Freitag seine Beweggründe für die Entscheidung.

Der 34-Jährige ließ aber auch Kritik an jener Entwicklung durchblicken, die er 16 Jahre lang mitgemacht hat. «Am Ende war die DTM vor allem sehr politisch und technisch, und das ist für mich keine optimale Rennsituation», sagte er und verdeutlichte, dass seine Entscheidung ein Denkprozess gewesen sei. Also kein Schnellschuss.

Nach seinem Einstieg in die Serie 2011 wurde er im vierten DTM-Jahr (2004) Meisterschaftsfünfter. In den Jahren 2006 und 2007 steigerte sich Tomczyk im Kampf um den DTM-Titel nochmals, konnte den Meisterschaftskampf nahezu bis zum Saisonende offenhalten und belegte am Ende den dritten (2007) und vierten Rang (2006). Nach zehn Jahren beim Team von Hans-Jürgen Abt wechselte Martin Tomczyk zum Team Phoenix um Ernst Moser. In seiner neuen «Motorsportfamilie» gelang ihm direkt im ersten Jahr der Durchbruch – und er holte mit drei Siegen und insgesamt acht Podiumsplatzierungen auf Anhieb den DTM-Titel. Und das wohlgemerkt in einem Vorjahresfahrzeug.

Als Titelverteidiger wagte er 2012 den Schritt in einen neuen Abschnitt und wechselte von Audi zu BMW. An alte Erfolge konnte er allerdings nicht mehr anknüpfen, mit einem sechsten Gesamtrang 2014 ließ er vor allem am Saisonende noch einmal das alte Können aufblitzen, vor allem aber seine schlechte Qualifying-Bilanz verhagelte ihm sehr oft bessere Resultate. Und auf Dauer der Aufholjäger des Jahres zu sein, 2016 machte er in den Rennen immerhin 51 Plätze gut, reicht ihm dann freilich auch nicht.

Nach wahrscheinlich dann 177 Rennen beim Saisonfinale in Hockenheim ist dann endgültig Schluss. «Eine DTM-Saison ohne Martin Tomczyk ist ohne Zweifel nur sehr schwer vorstellbar», meint BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt. «Martin hat die Serie so sehr geprägt wie kaum ein anderer Fahrer in der Geschichte.»

Nicht nur er selbst, auch die Duelle mit anderen Konkurrenten sind im Gedächtnis geblieben. Mit Gary Paffett zum Beispiel lieferte er sich immer wieder Scharmützel, sowohl auf der Strecke, als auch verbal.

Paffett hatte sich zuletzt bei SPEEDWEEK.com noch über das Verhältnis zu Tomczyk auf der Strecke geäußert. Ein Verhältnis, das über die Jahre, sagen wir, stetig gewachsen ist.

«Das geht seit Jahren so, er hat mich zum Beispiel 2012 in Zandvoort die Meisterschaft gekostet. Ich glaube aber gar nicht mal, dass es nur mein „Verhältnis“ zu ihm ist. Ich bin nicht der einzige, der eine Kollision mit ihm hatte. Der Großteil des Fahrerfeldes hatte das bereits», sagte der Brite, gab aber auch zu: «Abseits der Strecke reden wir ganz normal und haben oft die gleiche Meinung.»

Eine klare Meinung hatte auch immer Martin Tomczyk. «Einer der ehrlichsten der dir immer sagt wo du dran bist verlässt die DTM! Schade aber danke Tomcat», twitterte BMW-Markenkollege Timo Glock. Und auch Paffett ließ es sich nicht nehmen, ein paar Worte zum verkündeten Abschied zu twittern. «Das macht meine DTM-Rennen viel weniger unterhaltsam. Es ist emotional gewesen», so Paffett mit einem Augenzwinkern.

Wie es nun genau für Tomczyk weitergeht, wollte er noch nicht verraten. «Ich fühle mich auch im GT-Sport sehr wohl, in dem ich in den vergangenen Jahren immer wieder unterwegs gewesen bin. Er hat sich sehr stark professionalisiert und wird dies noch weiter tun. Ich glaube, dass ich mich dort als Fahrer noch mehr weiterentwickeln und einbringen kann», sagte er.

Martin Tomczyks DTM-Karriere in Zahlen:

DTM-Debüt: Hockenheim 2001

DTM-Rennen:
171 (177 am Saisonende)

DTM-Rennen für BMW Motorsport:
60 (66 am Saisonende)

Siege:
7

Podestplätze:
28 (4 für BMW Motorsport)

Polepositions:
8

Schnellste Runden:
8 (2 für BMW Motorsport)

Punkte:
489

Führungsrunden:
248

Beste Platzierung Fahrerwertung:
1. (2011)

Beste Platzierung Fahrerwertung für BMW Motorsport:
6. (2014)

Erster DTM-Sieg:
Barcelona 2006

Letzter DTM-Sieg:
Brands Hatch 2011

Podestplätze für BMW Motorsport:
Spielberg 2012, Norisring 2012, Nürburgring 2012, Zandvoort 2014

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