Eisspeedway-GP 2024 in Berlin? «Warum nicht», so FIM
FIM-Bahnsport-Boss Armando Castagna
Nach einer von 2012 bis 2014 währenden WM-Pause in Berlin in Folge der Veranstalter-Neuordnung von der DMV-Landesgruppe Berlin zur neu gegründeten Eisspeedwayunion Berlin, gehörte die Eisspeedway-Weltmeisterschaft von 2015 bis unmittelbar vor Corona wieder zum WM-Kalender. Zum Comeback des Berliner Eisspeedway-Sports nach der erzwungenen Corona-Pause gab es eine Zwei-Tages-Veranstaltung mit DM und einem prädikatsfreien internationalen Rennen. Dass es diesmal nicht wieder einen Grand Prix gab, ist wohl, wie sich nach und nach herausstellt, vor allem einer verbesserungswürdigen Kommunikation zwischen dem Motorrad-Weltverband FIM und der Eisspeedwayunion Berlin geschuldet.
Die Aussagen von Bernd Sagert, dem Rennleiter und 2. Vorsitzenden der Eisspeedwayunion Berlin, zum Nichtzustandekommen eines WM-Laufs in der deutschen Hauptstadt 2023 bei SPEEDWEEK.com, wollte der Direktor der FIM-Bahnsport-Kommission, Armando Castagna, nicht unkommentiert lassen und bat uns ins Inzell zum Gespräch. Hier seine Sicht der Dinge.
«Als erstes möchte ich klarstellen, dass ich mit den Aussagen von Bernd Sagert nicht glücklich war, weil ich denke, was er gesagt hat, hätte er auch mit mir besprechen können und ist nicht komplett korrekt. Ich möchte auch klarstellen, dass ich eine professionell arbeitende Person in diesem Sport bin. Dazu müssen wir ein kleines bisschen zurück in die Geschichte gehen. Berlin war ein paar Jahre kein WM-Austragungsort. Als ich in meine Position kam, setzte ich mich mit Bernd Sagert und Olaf Ehrke (1. Vorsitzender der Eisspeedwayunion Berlin – der Autor) zusammen und wir brachten Berlin zurück auf die WM-Landkarte. Es gab ein paar kleinere Probleme, aber alle waren glücklich. Gegenüber SPEEDWEEK.com hat er geäußert, dass ich am Rande des Speedway-Grand-Prix Anfang Juni in Teterow gesagt hätte, dass Eisspeedway noch nicht auf meiner Agenda stehe. Das ist nicht korrekt. In Teterow habe ich am Freitag nach der Jury-Sitzung mit ihm sprechen wollen, aber er war nicht da.»
Dazu sei angemerkt, dass Sagert auch als Sportkommissar in Teterow war und am Freitag wegen sicherheitsrelevanten Problemen Prioritäten setzen musste. Castagna weiter: «Am Samstag traf ich ihn und fragte, was wir mit dem Eisspeedway Berlin 2023 machen würden? Darauf antwortete er, dass er dazu im Moment noch nichts bestätigen kann und er erst mit den zuständigen Behörden sprechen müsse, was man in diesem Jahr in Sachen Eisspeedway machen könne. Dazu sagte ich, dass wir schnellstmöglich die Bestätigung für einen WM-Lauf benötigen. Danach habe ich nichts mehr von Berlin gehört.»
Die Funkstille zwischen den beiden Parteien herrschte bis November. «Dann erst hörten wir, dass Berlin ein EM-Rennen machen möchte, das war aber noch nicht offiziell bestätigt. Für mich wäre es kein Problem gewesen, das habe ich akzeptiert. Ich habe gedacht, ‚okay, 2023 gibt es in Berlin keine WM, danach werden wir weitersehen‘. Beim Meeting der FIM-CCP-Kommission im November war klar, dass Berlin keine WM macht. In der Woche danach hat die FIM-Europe-Kommission getagt, doch zuvor war über die sozialen Medien bereits bekanntgegeben worden, dass in Berlin das EM-Rennen stattfinden würde. Die FIM Europe hatte das aber noch gar nicht bestätigt. Ich bin kein Mitglied der FIM Europe, ich bin der CCP-Direktor. Aber es ist klar, dass es einen Ethik-Code bei solchen Entscheidungen gibt. Das war jedenfalls nicht der richtige Weg. Bevor etwas entschieden wird, müssen die beteiligten Kommissionen zunächst die verschiedenen Szenarien diskutieren.»
Die inoffizielle Zusage für ein EM-Rennen war jedenfalls hinfällig.
Für nächstes Jahr ist verständlicherweise noch vieles unklar, wie es mit dem Eisspeedway-Sport international weitergeht. Inzell ist allerdings schon als Grand Prix für den 23. und 24. März 2024 bestätigt. Dazu meinte der Italiener: «Ich kam nach Inzell und wir sprachen eine Stunde über die nächsten Jahre. Danach waren wir uns für 2024 einig, wieder einen Grand Prix in Inzell zu haben. Ich kann nicht verstehen, warum wir mit Berlin nicht das gleiche machen können? In diesem Jahr hat es nicht geklappt, aber für die Zukunft sehe ich kein Problem. Ich war unterm Strich mit Berlin immer glücklich. Wir sollten uns jetzt zusammensetzen und über die Zukunft diskutieren. Wenn sie 2024 das EM-Rennen machen möchten, müssen sie sich mit der FIM Europe in Verbindung setzen. Ich bin mir sicher, dass es für eine Kooperation der FIM, der FIM Europe und dem Veranstalter in Berlin für die Zukunft keine Probleme geben wird.»
Zum Vorschlag, über die hohen mit einem WM-Rennen in Zusammenhang stehenden Kosten der Veranstalter für FIM- und DMSB-Anmeldegebühren, FIM-Offizielle, Preisgelder, Übernachtungen etc. in Zeiten der insgesamt deutlich gestiegenen Kosten ringsherum, allem voran die Energie, zu diskutieren, idealerweise zu reduzieren, hält Castagna entgegen: «Wir haben mit Inzell diskutiert, die mit einem WM-Rennen in Verbindung stehenden Kosten zu senken. Ich weiß, dass das Preisgeld einen hohen Anteil an den Kosten für die Veranstalter ausmacht, aber wir haben die Preisgelder vor ein paar Jahren reduziert und eingefroren. Sie weiter zu reduzieren, ist nach meiner Ansicht nicht der richtige Weg, denn wir würden dadurch auf einen niedrigeren Level kommen. Von welchen Beträgen reden wir, von 4000 oder 5000 Euro Einsparung? Das macht doch im Gesamtetat für eine Grand Prix praktisch nichts aus. Ich kann mit den Verantwortlichen bei der FIM sicherlich zu Thema Kostensenkung beim Eisspeedway für die Zukunft sprechen, aber wie gesagt, wir müssen auch auf das Niveau achten.»
Dass vor allem Eisspeedway in den letzten Jahren am meisten durch den Ukraine-Krieg und die Energie-Krise litt, ist Castagna klar. «Dennoch glauben wir an eine bessere Zukunft. Wir sind im Gespräch mit Heerenveen und auch mit einem Veranstalter in Kasachstan. Dort ist die Logistik ein großes Problem. Wir können gern auch mit Berlin wieder sprechen. Ich wäre glücklich, wenn Berlin wieder in den WM-Kalender kommt. Warum nicht?»