Im MotoGP-Sprint in Jerez krachte es ständig

Ferrari-Kritik: Klima der Angst, Vettel schlechter

Von Mathias Brunner
Luca Baldisserri mit Michael Schumacher

Luca Baldisserri mit Michael Schumacher

​Luca Baldisserri (53) war jahrelang Renningenieur am Ferrari von Michael Schumacher, später kümmerte er sich um den Nachwuchs der Ferrari-Fahrerakademie. Nun kritisiert er Ferrari heftig.

Ende 2015 spürte Luca Baldisserri Lust auf Veränderung: Der 53jährige Italiener, ein Urgestein von Ferrari, folgte dem langjährigen Ferrari-Nachwuchsfahrer Lance Stroll zu Williams. Baldisserri, einst Renningenieur von Michael Schumacher in der goldenen Ära des Rennstalls (fünf WM-Titel in Folge von Schumi 2000–2004), hat sich nach seiner Zeit am Wagen des Grössten lange Jahre um den Nachwuchs gekümmert, im Rahmen der so genannten Fahrerakademie von Ferrari. Seit 2016 ist Luca exklusiv Mentor des jungen Kanadiers Stroll und hat das gemeinsame Ziel erreicht, den 17-Jährigen in der Formel 3 2016 zum EM-Titel zu führen. Nächstes Jahr wird der junge Stroll in einem Williams sein Formel-1-WM-Debüt geben. Im Gespräch mit dem Corriere dello Sport macht sich Baldisserri Sorgen um seinen früheren Rennstall Ferrari.

Als Erstes hält Luca fest: «Ferrari hat beim Grossen Preis von Japan gedacht, mit den weichen Reifen würde Lewis Hamilton einzuholen sein im Kampf um Rang 3. Dabei wurde ausser Acht gelassen, dass Mercedes auf Knopfdruck mehr Leistung abrufen kann. Die Teams legen meiner Ansicht nach zu viel Gewicht auf statistische Berechnungen, mit welchen herausgefunden werden soll, wie der Rennstall am meisten Punkte aus einem Rennen schöpft. Dabei wird gewissermassen die Manndeckung vergessen, der Kampf Pilot gegen Pilot. Nicht die Daten machen den Unterschied, sondern die Art und Weise, wie sie interpretiert werden.»

Wie sieht Baldisserri Ferrari heute? «Weder Marchionne (Ferrari-Präsident, die Red.) noch Arrivabene (Teamchef) haben Rennerfahrung, die Führungsspitze von Ferrari hat diese Kultur verloren. Das ist doch nicht mehr ein Team, das ist eine Gruppe von Menschen, die verschreckt sind. Da herrscht ein Klima des Terrors, die Jungs erfinden und entscheiden nichts aus Angst, sie könnten in Unehren entlassen werden.»

Für die neue, horizontale Struktur für Maranello, von der immer wieder die Rede ist, hat Baldisserri nur Hohn übrig: «Das bedeutet überhaupt nichts. Die Kommandostrukur eines Formel-1-Rennstall muss nicht mal vertikal sein – sie muss militärisch sein! Die Nummer 1 muss vorgeben, wohin die Strasse führt, sie muss die Personen motivieren, sie muss Entscheidungen treffen, und wenn Fehler passieren, dann gehören die Leute nicht gleich weggeschickt. Und genau das ist James Allison passiert. Ein schwerer Verlust.»
Baldisserri lobt aber auch: «Einige Abteilungen bei Ferrari arbeiten hervorragend. Etwa die Motorabteilung, die bis vor kurzem von Mattia Binotto geleitet worden ist. Seit 2014 hat er Wunder vollbracht.»

«Mattia weiss, wie man die Leute motiviert, er hat sehr viel Erfahrung, aber er ist kein Technischer Direktor. Er weiss genau, dass er kein Auto entwerfen könnte, dass er kein vertieftes Wissen in Sachen Chassis besitzt, nicht für die Aerodynamik, nicht für die Mechanik. Für mich wäre er hingegen ein guter Teamchef.»

Und so würde Luca Baldisserri an der Schwelle zum neuen Reglement 2017 vorgehen: «Aerodynamik und mechanischer Abtrieb werden wieder wichtiger. Klar gibt es immer Raum für Geniestreiche, aber ich persönlich würde nicht alles Geld auf eine risikoreiche, avantgardistische Idee setzen. Ich würde vielmehr auf eine solide Basis bauen, die im Laufe der Saison viel Raum für Entwicklung bietet. Das wird 2017 den Unterschied ausmachen.»

«In Suzuka haben wir bei Ferrari einen Aufwärtstrend gesehen. Aber ich hoffe, es werden keine Ressourcen vergeudet, um noch einen Grand Prix zu gewinnen. Das wäre doch für diese Saison nur Kosmetik, völlig unnötig. Alles muss jetzt in die Arbeit für 2017 gesteckt werden. Das hätte ich im Übrigen schon im vergangenen Juli getan.»

«Ferrari wird dann wieder siegen, wenn der Rennstall eine effiziente, stabile Organisation vorweisen kann, mit guten Ideen, mit Fahrern, die keine Fehler machen. Ich verstehe ja, dass Marchionne schnell gewinnen will, aber so funktioniert das in der Formel 1 nicht. Rennställe umzubauen, das sind langwierige Prozesse, unter drei Jahren geht da nichts.»

«Kimi Räikkönen fährt besser als 2015, Vettel viel schlechter. Auch er ist ein Opfer der Überspanntheit der letzten Saison geworden, aber das wahre Problem von Ferrari sind nicht die Fahrer.»

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