Vettel: «Würde es heute nicht in die F1 schaffen»

Von Andreas Reiners
2004 holte Vettel in der Formel BMW den Titel

2004 holte Vettel in der Formel BMW den Titel

Es ist ein trauriges Thema: Motorsport-Talente, die frühzeitig stranden. Die das nötige Kleingeld nicht zusammenbekommen, um den nächsten Schritt zu machen.

Ein hartes Geschäft, ein hartes Brot. Wir erinnern uns: 2010 waren in der Blütezeit der deutschen Formel-1-Fahrer gleichen sieben Piloten made in Germany in der Königsklasse unterwegs; Michael Schumacher, Adrian Sutil, Nick Heidfeld, Timo Glock, Nico Rosberg, Nico Hülkenberg und Sebastian Vettel.

Übrig geblieben sind Vettel und Hülkenberg. Zwei deutsche F1-Fahrer, das gab es zuletzt 1996, also vor mehr als zwanzig Jahren, damals waren Heinz-Harald Frentzen und Schumacher die einzigen beiden deutschen Piloten in der Formel-1-WM.

Deutsche Nachwuchshoffnungen? Maximilian Günther fährt in der Formel 2, eine Klasse unter der Formel 1. Ein Cockpit ist für ihn aber nicht in Sicht. Und dann ist da natürlich noch Mick Schumacher, der sich anschickt, den Sprung schaffen zu können. Er will am Wochenende erst einmal den Formel-3-Titel unter Dach und Fach bringen.

Der Motorsport hat sich stark verändert. So stark, dass Sebastian Vettel in der FAZ sogar sagt: «Ich glaube nicht, dass ich es heute, wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre, noch einmal schaffen würde. Weil schon der Einstieg viel zu teuer wäre.»

Vettel begann 1995 mit dem Kartsport, wechselte 2003 in den Formelsport. Seit 2007 ist er in der Formel 1. Die Vettels gehörten damals, als er die ersten Schritte unternahm, zum Mittelstand, es habe an nichts gefehlt, erzählt er: «Statt in den Urlaub fuhren wir zur Kartbahn. Die Investition kostete meine Eltern im ersten Jahr 5000 Mark, es hat noch jemand 5000 hinzugeschossen.» Viel Geld, heute allerdings viel zu wenig.

Vettel weiß: «Heute reicht eine Summe von weit mehr als 100.000 Euro für eine Saison nicht aus. Der Kartsport ist viel teurer und elitärer geworden, das kann sich eine normale Familie nicht mehr leisten. Deshalb werden viele Talente durch den Rost fallen bei einer Sichtung. Wer schon viele Runden hinter sich hat, weil die Familie das finanzieren konnte, wird einem Jungen mit deutlich weniger Erfahrung voraus sein und ausgewählt werden.»

Heißt: «Gleiche Waffen? Nein, das gibt es nicht mehr. Das ist schlimm.»

Es müssen aber nicht mal Talente sein, die plötzlich stranden. Pascal Wehrlein, der 2017 noch der Dritte im Bunde war, bekam für 2018 kein Cockpit mehr und ging deshalb den Schritt zurück in die DTM, von wo aus er den Sprung 2016 geschafft hatte, nachdem er 2015 Meister wurde. Er kämpft weiter um seinen Traum, könnte vielleicht noch im Toro Rosso landen. Esteban Ocon hingegen wird wohl 2019 kein Cockpit haben. Trotz seiner 22 Jahre und seines unbestrittenen Talents.

Vettel fände das «schade. Leider hat sich unser Sport sehr gewandelt. Manchmal habe ich den Eindruck, es geht mehr ums Geschäft als um den Einzelnen. Wenn Esteban am Ende das Nachsehen hätte, dann wäre das falsch.»

Dass Talente heute viel systematischer gefördert werden als früher, erachtet Vettel nicht unbedingt als Vorteil. Er hatte trotz seines außergewöhnlichen Hobbys und trotz seiner Ambitionen noch eine normale Kindheit. «Nach dem Training auf der Kartbahn sind wir in den Sand gesprungen, haben mit Spielzeugautos gespielt, Frösche gefangen, Verstecken im Wald gespielt. Das sieht man heute nicht mehr. Es geht viel zu früh viel professioneller zu.»

Vettel weiter: «Ich unterstütze Eltern, die sich weigern, ihre Kinder früher aus der Schule zu nehmen, weil dem Sohn eine Karriere versprochen wird. Ich bin, glaube ich, der einzige im aktuellen Fahrerfeld, der noch eine ganz normale Schullaufbahn absolviert hat. Dafür bin ich dankbar. Das hat mir viel gegeben, davon zehre ich bis heute.»


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