Unfall Jules Bianchi: Von Schuld und Verantwortung

Kolumne von Joe Saward
Jules Bianchi fährt seinem Schicksal entgegen

Jules Bianchi fährt seinem Schicksal entgegen

Einige Gedanken zum schweren Unfall von Jules Bianchi beim Grand Prix von Japan in Suzuka und über die Art und Weise, wie einige Medien mit der Berichterstattung umgehen.

Eine ganze Reihe von unziemlichen Berichten hat bei Marussia eine starke Reaktion ausgelöst – darüber, was auf der Strecke passiert ist, und darüber, was im Funk gesagt oder eben nicht gesagt worden ist. All dies ist aufgezeichnet und dokumentiert, und es wird der Zeitpunkt kommen, an welchem dieses Funkprotokoll veröffentlicht wird – sofern dies als angemessen betrachtet wird. Bis dahin finde ich es unverantwortlich von Medienschaffenden, darüber zu spekulieren. Es gibt viel zu viele widersprüchliche Informationen, um sich etwas sicher zu sein. Also halten wir uns lieber an die Fakten.

Noch immer gibt es Leute, die über den Einsatz von Traktoren schimpfen. Über solche Vehikel ist jahrelang diskutiert worden, aber es hat sich erwiesen – sie sind effizienter als ein Wald an Kränen. Ganz abgesehen davon, dass man auf einer Piste wie Suzuka allein in der Unfallkurve 7 ungefähr fünf davon bräuchte. Nein, Taktoren sind schnell und leistungsfähig, und in der Regel hat ihr Einsatz zusammen mit doppelten, geschwenkten, gelben Flaggen gut funktioniert.

Zur Erinnerung: dieses Signal bedeutet für einen Fahrer – Achtung! Höchste Gefahr! Bereit machen, um sofort anhalten zu können! Wenn ein Fahrer das nicht tut, dann muss er die Verantwortung für sein Handeln übernehmen. Wenn ein Pilot um eine Ecke geschossen kommt und mitten auf der Bahn einen Rennwagen findet, umgeben von Streckenposten, so muss der die Verantwortung dafür tragen, was als nächstes passiert. Wenn es zu einem Unfall kommt, weil ein Fahrer zu schnell gefahren ist, dann gibt es nur einen Schuldigen – den Fahrer.

Was mir beim Unfall von Jules Bianchi aber seltsam erscheint – Winkel und Geschwindigkeit. Auf eine gewisse Weise ist es der klassische Fall eines Piloten gewesen, der seinen Wagen aus der Kontrolle verliert, instinktiv korrigiert und dann davon überrascht wird, dass das Auto auf einmal wieder Haftung findet. Das führt dann oft dazu, dass ein Rennwagen in ungewöhnlichem Winkel und zu hohem Speed von der Bahn abkommt. Das passiert besonders oft bei Ovalrennen. Anders gesagt: Hätte der Wagen zu kreiseln begonnen, wäre mehr Geschwindigkeit abgebaut worden und der Wagen wäre an einem anderen Ort von der Bahn abgekommen.

Diese Art von Unfall hätte kein Mensch vorhersehen können. Und das ist für mich bei der ganzen Sache der springende Punkt: Genau in jenem Moment, als Bianchi um die Kontrolle mit dem Wagen ringt, rollt der Traktor mit dem aufgehängten Wagen von Sutil daher. Für mich ist dies bei aller Diskussion um den technischen Ablauf – Schicksal.

Bei allem Wehklagen und Knirschen über Jules Bianchis Schicksal sollte deswegen nicht das ganze System in Frage gestellt werden. Der Unfall ist ein Zusammenspiel verschiedener, höchst unglücklicher Konstellationen, die zum bekannt schlimmen Ergebnis führten.

Die genaue Definition von Unfall besagt doch – ein unglückliches Ereignis, das unerwartet und unbeabsichtigt erfolgt ...

Mir scheint: Die gleichen Leute, die sich nun über den Einsatz von Traktoren ereifern, haben zuvor immer wieder moniert, das Safety-Car komme wegen jeder Bagatelle auf die Bahn ...

Sicherheit wird in der Formel 1 sehr ernst genommen. Obschon aus dem Unfall von Jules Bianchi selbstverständlich gelernt werden muss, so sollten wir doch akzeptieren, dass gewisse Dinge passieren, die ausserhalb unserer Macht und entgegen aller Vorkehrungen passieren.

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