Formel 1: Grab von McLaren geschändet

Porsche Cayenne Electric mit Formel E-Technik

Von Jonas Plümer
Mit dem Cayenne Electric bringt Porsche eine weitere vollelektrische Modellreihe auf den Markt. Angetrieben wird das SUV dabei von Technik, welche von der Rennstrecke stammt: Formel E-Technik wurde verbaut.

Mit dem Cayenne Electric bringt Porsche in Kürze nicht nur eine weitere vollelektrische Modellreihe auf den Markt, sondern auch ein Stück Motorsport-Technologie in die Serie. Zahlreiche Innovationen basieren unmittelbar auf Entwicklungen aus der Formel E. Porsche ist dort amtierender Weltmeister sowohl in der Team- als auch in der Herstellerwertung. Mit dem Cayenne Electric zeigt der Sportwagenhersteller, dass sein Weg zu einer nachhaltigeren Mobilität nicht auf dem Reißbrett beginnt, sondern auf der Rennstrecke.

Der neue Cayenne Electric profitiert in hohem Maße von den Erfahrungen, die der Sportwagenhersteller in der Formel E sammelt. Einige Technologien des vollelektrischen SUV entstammen dem Porsche 99X Electric und setzen Maßstäbe in Sachen Effizienz und Performance. Gemeinsam haben beide Autos unter anderem die Öl-Direktkühlung des Elektromotors und eine Rekuperationsleistung von bis zu 600 kW. «Die Formel E ist unser Entwicklungslabor für die Elektromobilität von morgen. Dort gewinnen wir wertvolle Erkenntnisse für unsere Straßensportwagen», sagt Dr. Michael Steiner, Vorstand für Forschung und Entwicklung. «Der neue Cayenne Electric zeigt, wie schnell ein solcher Technologietransfer bei Porsche erfolgt und wie serienrelevant unser Engagement in der Elektrorennserie ist.»

«Effizienz entscheidet in der Formel E über Sieg oder Niederlage. Dieses Prinzip prägt auch den Cayenne Electric», ergänzt Florian Modlinger, Formel-E-Gesamtprojektleiter bei Porsche und Teamchef des werkseigenen Porsche Formel-E-Teams. «Dabei steht Effizienz nicht nur bei den Fahrzeugen selbst im Fokus: Auch das im Rennsport bewährte agile Arbeiten kann helfen, Entwicklungszeiten zu verkürzen und den Technologietransfer zu beschleunigen.»

Die Köpfe von Motorsport- und Serienentwicklung sitzen in Weissach dicht beieinander. Das fördert den Wissensaustausch zwischen den Projekten. Was auf der Rennstrecke erprobt wird, inspiriert die Serie – und umgekehrt: Auch das Rennauto lernt bisweilen vom Straßenfahrzeug. Den wohl plakativsten Bereich für Techniktransfer stellt das Laden dar: Buchse und Stecker des Rennfahrzeugs 99X und der elektrischen Porsche-Sportwagen gleichen einander. Das dahinterliegende Ladesystem CCS (Combined Charging System) ist nicht nur der Standard auf der Straße, sondern auch in der Formel E.

Paradebeispiel für den Technologietransfer aus dem Motorsport in die Serie ist die Öl-Direktkühlung. Dort werden alle stromführenden Bauteile des E-Antriebs direkt durch eine eigens entwickelte Flüssigkeit gekühlt, was Effizienz und Dauerleistung deutlich verbessert. Seit Projektbeginn setzt Porsche diese innovative Technik in der Formel E ein – mit zunehmendem Integrationsgrad. Ab 2023 erprobte auch der Versuchsträger GT4 e-Performance die Öl-Direktkühlung auf der Rennstrecke. Nun kommt sie im Cayenne Electric an der Hinterachse des Topmodells in Serie.

Während bei konventionellen elektrischen Maschinen die Kühlflüssigkeit durch einen Mantel außerhalb des Stators strömt, fließt bei der Direktkühlung das Kühlmedium über sogenannte Stator-Nuten direkt an den Kupferleitern entlang. So lässt sich die Wärme unmittelbar dort abführen, wo sie entsteht. Bei gleichen Effizienz- und Performance-Werten müsste eine per Wassermantel gekühlte Maschine zudem circa 1,5-mal größer dimensioniert werden. Dank der Direktkühlung konnte beim Cayenne ein Design gewählt werden, das einen Wirkungsgrad von bis zu 98 Prozent ermöglicht. Die Wettbewerbsvariante im 99X weist einen noch höheren Wert aus.

Die sogenannte Rekuperation steigert die Effizienz beider Fahrzeuge maßgeblich: Energie, die beim Bremsen zurückgewonnen wird, wird in die Batterie eingespeist und kann so wieder für Vortrieb genutzt werden. Mehr Rekuperation erlaubt somit höhere Reichweiten und letztlich auch kleinere Batterien – der Schlüssel für mehr Performance sowohl für Sportwagen als auch für Rennfahrzeuge. In der Formel E ist die zur Verfügung stehende Energiemenge absichtlich begrenzt: Mit maximal 38,5 kWh nutzbarer Energie im Batteriespeicher darf der 99X Electric ein Rennen starten. Gewinnt er beim Bremsen mehr Energie zurück als die Konkurrenz, steht ihm folglich mehr Energie zur Verfügung, um ins Ziel zu stürmen.

«Die Challenge des Rekuperierens ist hochkomplex», so Florian Modlinger. «Beim Bremsen wollen wir möglichst viel Energie zurückgewinnen und schnellstmöglich Geschwindigkeit abbauen. Je nach Bremsdruck ziehen wir dabei die vorderen Radbremsen hinzu. Dabei soll die Fahrzeugbalance den Wünschen des Fahrers entsprechen. Sie trägt zu seinem Vertrauen ins Fahrzeug bei und somit auch zur Performance. Auf der Straße geht es dabei auch um Fahrsicherheit. Um all das zu vereinen, sind während des Bremsvorgangs eine Vielzahl an Software-Funktionen aktiv – ein riesiges Feld für Wissenstransfer.»

Bis zu 600 kW Rekuperationsleistung sind beim Cayenne möglich, abhängig von Geschwindigkeit, Temperatur und Ladezustand der Batterie. Damit erzielt das SUV denselben Spitzenwert wie der 99X Electric. Auch im Cayenne bleibt die Hochleistungsrekuperation bei dynamischer Fahrweise aktiv. Im normalen Fahrbetrieb erfolgen etwa 97 Prozent aller Bremsvorgänge sogar rein elektrisch, ohne dass die mechanische Radbremse unterstützen muss. Je nach Fahrmanöver kann bis zum Stillstand rekuperiert werden. Erst wenn über die Rückgewinnungsgrenze hinaus verzögert werden muss, greifen die Reibbremsen an der Vorder- und Hinterachse für den Fahrer unmerklich ins Geschehen ein – ein perfektes Zusammenspiel aus Effizienz und Fahrkomfort, geprägt vom Motorsport.

Seit der letzten Saison gibt es in der Formel E Schnellladeboxenstopps, sogenannte Pit Boosts. Binnen 30 Sekunden lädt der 99X Electric mit 600 kW Ladeleistung dann zehn Prozent Energie nach. Auch der Cayenne Electric ist für schnelle Boxenstopps ausgelegt: Weniger als 16 Minuten dauert es, seine Batterie von zehn auf 80 Prozent Ladezustand (State of Charge; SoC) zu bringen.

Nicht nur in den Rennen geht es heiß her. Auch im normalen Fahralltag schwanken die Temperaturen stark. Die Porsche-Philosophie besagt, dass die hohe Lade-Performance auch unter widrigen Bedingungen in einem breiten SoC-Bereich erreicht werden muss. Die DC-Ladeleistung des Cayenne beträgt bis zu 400 kW. Schnellladen ist bei ihm bereits ab einer Batterietemperatur von 15 Grad Celsius möglich. Bis zu einem SoC von etwa 55 Prozent beträgt die Ladeleistung über 350 kW – die Schnellladevorgänge sind also sehr robust. Binnen zehn Minuten lassen sich an einer geeigneten Säule über 300 Kilometer Reichweite nachladen.

Auch beim Schnellladen ist die Formel E Testlabor und Showcase zugleich «Die Piloten bewegen die Fahrzeuge am Limit – mitunter in brütend heißen Städten wie beispielweise in Jakarta. Wenn wir zum Laden an die Box kommen, dann oft mit sehr hohen Systemtemperaturen», so Florian Modlinger. «Gleichzeitig wollen wir den Kühlaufwand am Rennfahrzeug so gering wie möglich halten, denn Kühlung verbraucht Energie und steigert je nach Hardware das Gewicht. In den Pit-Boost-Boxenstopps demonstrieren wir also eine Energiezufuhr mit einer gewaltigen Ladeleistung unter extremen Bedingungen.»

In der Formel E investiert Porsche das zur Verfügung stehende Budget vor allem in jene Fahrzeugteile, die auch für die Straße relevant sind. Per Reglement liegen diese Teile unter der Haube. Modlinger: «Unsere Herausforderungen sind von außen nicht sichtbar. Doch sie sind groß und ähneln in vielen Bereichen denen, die wir auch bei unseren elektrischen Sportwagen vorfinden.»

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Einmaliger Erfolg: Das große Jahr der Marquez-Brüder

Von Michael Scott
Marc und Alex Marquez haben in der MotoGP-Saison 2025 etwas erreicht, das nur sehr wenigen Brüdern im Spitzensport gelungen ist. Dabei stand die Karriere von beiden bereits kurz vor dem Aus.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Mi. 05.11., 16:20, Motorvision TV
    Gearing Up
  • Mi. 05.11., 17:45, Motorvision TV
    Bike World
  • Mi. 05.11., 18:40, Motorvision TV
    Super Cars
  • Mi. 05.11., 19:15, ServusTV
    Servus Sport aktuell
  • Mi. 05.11., 19:30, Eurosport 2
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Mi. 05.11., 20:00, Motorvision TV
    King of the Roads
  • Mi. 05.11., 20:15, SPORT1+
    NASCAR Cup Series
  • Mi. 05.11., 21:45, Hamburg 1
    car port
  • Mi. 05.11., 22:00, Eurosport
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
  • Do. 06.11., 00:00, Eurosport 2
    Motorsport: FIA-Langstrecken-WM
» zum TV-Programm
6.98 07100916 C0511054512 | 4