«Was war mit den Audi los?“
Noch viel Arbeit für Albers und Co.
So hatte sich Dr. Colin Kolles sein Debüt in der LMS sicher nicht vorgestellt, Rang 27 für Krumm/Meyrick/Zwolsman, Ausfall für Albers/Bakkerund. Das Ergebnis spiegelt nicht die Leistungsfähigkeit der privaten Diesel-Sportwagen, sie gehören weiter nach vorn. Allerdings, vom Gewinnen sind sie zum jetzigen Zeitpunkt meilenweit entfernt.
Es waren nicht die besten Voraussetzungen, mit denen Team und Fahrer in Barcelona erschienen. Technisch hat der kleine Flügel und der kleinere Restriktor dem R10 sicher nicht geholfen, im Top-Speed fehlten rund 5km/h gegen die Aston und den neuen Pescarolo.
Auf Teamseite hat sich zwar prominent verstärkt, neben einigen Motoren-Technikern von Audi helfen Ex-Joest-Team-Manager Joachim Matheis und Champion-Technik-Chef Brad Kettler aus, die den R10 aus dem FF kennen.
Von den Fahrern jedoch hat nur Christjan Albers ein wenig Erfahrung mit dem ersten Diesel-getriebenen Le Mans-Siegerwagen, er fuhr im letzten Jahr im Gelb-Phasen-verseuchten ALMS-Finale in Laguna Seca. Michael Krumm ist zumindest leistungsstarke Rennwagen gewohnt, ähnlich wie der Inder Narain Karthikeyan, der aber nach einem Abflug im Kart für Barcelona passen musste. Andy Meyrick brachte sich sogar den erfahrenen Engländer Warren Hughes mit nach Spanien, der ihm durch den Daten-Dschungel helfen sollte. Und Testfahrten gab es ausser der Fahrersichtung am Eurospeedway Lausitz keine.
Im Verkehr der LMS waren aber alle Kolles-Piloten Neulinge. Dass beide Audi mit je drei Fahrern besetzt sind, ist in der LMS vielleicht ein finanzieller Vorteil, sportlich aber ganz sicher nicht. Im Gegenteil, nachdem im diesem Jahr ein freies Training von 90 Minuten ersatzlos gestrichen wurde, fehlte es den einzelnen Fahrern an Streckenzeit. Was unübersehbar war, sowohl an der Strecke, als auch auf dem Monitor. Zwar fuhr Christian Bakkerud in den beiden freien Trainings 41 Runden und damit mehr als fast jeder andere, doch die dienten der Gewöhnung des Fahrers. An Abstimmungsarbeit war nicht zu denken. Dafür opferte man im Auto von Michael Krumm das Zeittraining, doch die Richtung, in die das Team arbeitete erwies sich als ganz falsch, der Reutlinger krebste auf den hinteren Positionen in seiner Klasse.
Im Rennen hatte Krumm schnell eine unverschuldete Kollision, aber Albers fuhr einen starken Doppeltstint und brachte den Kolles-R10 bis auf den vierten Rang. Sein Partner Bakkerud tat sich schwerer und bemühte sich viele Runden lang verzweifelt, Bruno Senna im Oreca hinter sich zu lassen. Was letztendlich nach einem Fahrfehler des Dänen scheiterte. Dennoch Positiv, zu diesem Zeitpunkt war man nicht so weit von den Zeiten der Aston Martin und des Pescarolo entfernt, in den absolut schnellsten Runden fehlten allerdings 2,5 bzw. 3 Sekunden. Und das ist sehr viel auf einer 4,6km langen Strecke.
Der besser platzierte Auto schied dann durch eine Kollision mit genau jenem Oreca aus, der zu dem Zeitpunkt aber wieder von Stephane Ortelli bewegt wurde. «Schade, wir hätten es aufs Podium schaffen können» sprach Dr. Kolles nach dem Rennen. Auf die Reparatur verzichte man.
Durchwachsener Auftakt also für das ehrgeizige Projekt. Aber auch kein Fehlstart. Die Fahrer brauchen mehr Kilometer, zum Einen um mit dem Auto zu arbeiten, zum Anderen um lernen, den Verkehr zu lesen. Die Mechaniker müssen die Reparatur-Freundlichkeit des R10 schätzen lernen. Wobei ein Vergleich von Joest-Racing mit Kolles nicht fair wäre, denn es handelt sich hier um einen reinen Privateinsatz und nicht um Werks-Sport.
Mit mehr Kilometern dürfte Kolles in dieser Konstellation zwar aus eigener Kraft nicht siegfähig sein, kann aber die Spitze so unter Druck setzen, dass sie sich keine Fehler erlauben kann. Und das reicht oft schon aus.