Barcelona: Höhen und Tiefen
Den Lola fuhr ich in Barcelona leider nur im Training
Zusammen mit meinem Team Speedy Racing Sebah, absolvierte ich in den vergangenen Wochen jeweils zwei Testtage in Paul Ricard und auf der neuen Rennstrecke in Portimao, Portugal. Alle Tests verliefen problemlos und gaben mir die Möglichkeit, mich auf mein neues Arbeitsgerät den Lola/Judd LMP2 einzuschiessen. Der Schritt vom Spyker GT2 zum Lola LMP2 ist doch recht gross und erfordert eine gewisse Eingewöhnungszeit. In einem GT Auto muss man sich zurückhalten, um nicht über dem Limit des Autos zu fahren und Zeit zu verlieren. In einem LMP Auto hingegen, muss man sich selber pushen um überhaupt an das Limit des Autos zu gelangen. Die Downforce, die das Auto speziell in den schnellen Kurven entwickelt, ist unglaublich und macht richtig Freude.
Im letzten Jahr fuhr ich zum ersten Mal auf der Strecke in Barcelona. Damals kam ich nicht über ein paar Proberunden im Training hinaus, da im Rennen der Auspuff des Spyker's gebrochen war, noch bevor ich im Auto sass. In diesem Jahr hoffte ich auf ein besseres Rennen und reiste entsprechend motiviert auch nach Spanien. Nach einer Winterpause zum ersten Rennen zu reisen ist immer etwas Spezielles. Man freut sich einfach noch ein bisschen mehr und ist auch noch ein bisschen gespannter als bei anderen Rennen. Haben wir während der Winterpause gut gearbeitet? Sind wir zuverlässig und schnell genug? Wie gut sind unsere Konkurrenten vorbereitet? Dies sind nur einige der Fragen, die mir während des Fluges nach Spanien durch den Kopf schwirrten. Barcelona, so hoffte ich, sollte auf diese und andere Fragen eine Antwort bringen.
An der Strecke angekommen, wurden wir Fahrer gleich in ein Meeting mit unserem Ingenieur Ian Smith und Teamchef Bart Hayden gebeten. Leider gibt es an einem Rennmeeting nur sehr wenig Trainingszeit auf der Strecke und so muss man sich vorab genau überlegen, wie man die Zeit nutzen will. In Barcelona standen uns nur 2 x 90 min Freies Training zu Verfügung. Aufgeteilt durch 3 Fahrer gibt das eine theoretische Fahrzeit von 60 min pro Fahrer. Darin nicht eingerechnet ist jedoch die Zeit, welche man jeweils benötigt, um eine Veränderung am Setup vorzunehmen. Deshalb haben wir einen straffen Plan erstellt, welcher Fahrer wann im Auto ist und was für Setup Veränderungen dieser testen wird.
Im ersten Training hatte ich die Ehre als erster im Auto zu sitzen und kümmerte mich um grundlegenden Setup Fragen wie die Höhe des Fahrzeuges und der Highspeed Downforce Balance. Der Lola war jedoch von Beginn an sehr gut ausbalanciert, so dass wir uns in erster Linie um die Fahrzeughöhe kümmern konnten. Ein LMP Auto reagiert sehr sensibel auf die Fahrzeughöhe. Ist das Auto zu hoch eingestellt, dann verschenkt man Abtrieb und kommt nicht auf schnelle Rundenzeiten. Ist das Auto jedoch zu tief eingestellt, dann schlägt man zu hart auf und riskiert das Auto zu beschädigen. Aufgrund diverser Unterbrüche im Training, wurde die eh schon knapp berechnete Fahrzeit noch weiter limitiert. Am Schluss hatte ich nur gerade 6 Runden Zeit, um die optimale Höhe zu finden. Mit dem herausgefahrenen Setup und Platz 3 war ich jedoch am Ende zufrieden.
Das zweite Training fand am Samstagmorgen statt. Diesmal war es an meinem Teamkollegen Xavier Pompidou das Training zu eröffnen und am mechanischen Grip des Lola's zu arbeiten. Ich war als zweiter an der Reihe und sollte eine neue Downforce-Konfiguration in Verbindung mit gebrauchten Reifen und vollem Tank testen. Als dritter kam Jonny Kane an die Reihe, er sollte die von Xavier und mir herausgefahrenen Setup Veränderungen auf einem neuen Satz Reifen testen. Mit dem neuen Satz funktionierte unser Setup hervorragend und Jonny konnte die schnellste Zeit in der Kategorie LMP2 verbuchen.
Da Jonny nun das Verhalten des Autos auf neuen Reifen kannte, war es auch an ihm, das Zeitfahren zu bestreiten. Leider wurde er auf seiner schnellsten Runde von einem aus der Box kommenden Auto leicht behindert und erreichte am Ende den 3. Startplatz. Dies war leicht enttäuschend, da er laut Datenaufzeichnung auf die Pole Position hätte fahren können, hätte er freie Fahrt gehabt. Eine weitere schnelle Runde liessen die Reifen jedoch nicht zu. In einem 1000 km Rennen ist die Starposition jedoch nicht von so grosser Bedeutung und wir wussten, dass wir für das Rennen ein gutes Auto haben würden.
Nach dem Training erhielt ich während eines Meetings mit meinen Teamkollegen einen Anruf von meinem Teamchef Alexander Pesci. Er wurde von Spyker Teamchef Peter van Erb angerufen. Dieser teilte ihm mit, dass sein Fahrer Jarek Janis mit einer alten Nackenverletzung zu kämpfen hatte und daher nicht in der Lage war am Rennen teilzunehmen. Der vorgeschlagene Ersatzfahrer Peter Dumbreck wurde seitens der Rennleitung abgelehnt, da dieser an keinem der Trainings in Barcelona teilgenommen hatte. Peter van Erb bat Alexander Pesci daher, mich als Fahrer für dieses Rennen ausleihen zu dürfen. Andererseits hätte Spyker nicht am Rennen teilnehmen können. Die Wahl fiel auf mich, da unser Auto mit drei Fahrern besetzt war und ich sowohl das Team als auch den Spyker bestens kannte.
So kam es, dass ich am Samstagabend meinen Helm unter den Arm nahm und ein paar Boxen weiter zog. Die Begrüssung bei Spyker war äusserst herzlich und bald schon hatte ich mich mit der neuen Situation angefreundet.
Bei Spyker musste ich zuerst eine Sitzprobe vornehmen und studierte anschliessend die Datenaufzeichnung von Tom Coronel. Ich musste mich so schnell wie möglich wieder auf den GT 2 einschiessen. Dazu hatte ich lediglich im Warm-Up am Sonntagmorgen ein paar Runden Zeit. Bremspunkte, Ideallinie, Kurvengeschwindigkeiten, alles ist im Spyker ein wenig anders als im Lola. Im Warm-Up erreichten wir die 5. beste Zeit und waren ziemlich zuversichtlich für das Rennen. Sonntag um 11.30 Uhr startete Tom Coronel das Rennen. Bereits nach zwei Runden kam er jedoch nach einem Dreher in die Box zurück. Dort stellte sich heraus, dass der Spyker ein Ölleck hatte und sich Tom auf seinem eigenen Öl gedreht hatte. Der Schaden war so gross, dass er an der Strecke nicht zu beheben war. Wie bereits im Vorjahr, war somit für mich das Rennen beendet, bevor es begonnen hatte. Über den Ausgang war ich natürlich extrem enttäuscht, zumal zu diesem Zeitpunkt der Lola/Judd auf Platz 2 lag. Ein erneuter Fahrzeugwechsel, vom Spyker zurück in den Lola, war jedoch nach Rennstart nicht mehr erlaubt.