KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Jack Miller: «Stoner hatte immer gute Motorräder»

Von Günther Wiesinger
Nach harten Jahren mit unterlegenem Material holte Jack Miller im ersten Rennen für Red Bull KTM Ajo seinen ersten GP-Sieg. Er ist der erste siegreiche Australier nach der Ära von Casey Stoner. Das Interview.

Jack Miller hat gleich bei seinem ersten Auftritt auf der Werks-KTM des Red Bull Ajo-Teams seinen ersten Podestplatz errungen, seinen ersten GP-Sieg gefeiert und erstmals die WM-Führung übernommen.

Und nach diesem grandiosen Triumph stellte sich der schnelle und kampfstarke Australier vor die Presse und tat so, als sei das die leichteste Aufgabe der Welt gewesen.

Jack, du hast diesem Druck prächtig standgehalten. Wie hast du das geschafft? Du warst von lauter Honda-Piloten umzingelt?

Beim Druck kommt es immer darauf an, wie viel du an dich heranlässt und wie viel Druck du dir selber machst. Das Team Ajo Motorsport ist grossartig. Sie haben alle gesagt: Mach, was möglich ist, die Saison dauert lange. Weißt du, sie wissen, dass ich ein junger Fahrer bin und dass ich meine Performance Schritt für Schritt verbessern muss.
Ich glaube, wir haben Glück gehabt, dass wir uns jetzt gleich beim ersten Rennen die Nasen sauber geputzt haben. Mehr hätten wir uns nicht wünschen können.

Du hast im Rennen den Hinterreifen früh ruiniert?

Ich war deshalb ein bisschen beunruhigt. Ich habe schon sehr früh ziemliche Slides hingezaubert. Aber es war unterhaltsam. In dieser 3-Kurven-Schikane, da bin ich einmal völlig quer gestanden, da hat mir das Herz bis zum Hals geschlagen. Aber wir müssen uns mit dem Hinterreifen-Verschleiss befassen... Ich muss auch meinen Fahrstil anpassen. Ich darf nicht mehr gar so spät bremsen... Ich muss auch in maximaler Schräglage beim Gasgeben mehr Rücksicht auf die Reifen nehmen. Ich muss noch viel lernen.

Trotz Casey Stoner ist es nicht einfach, als Australier in der WM Fuss zu fassen. deine Familie musste viele Opfer bringen.

Ach, weißt du... (Er kämpft mit den Tränen). Es waren sehr harte Jahre. Wir sind nach Europa gekommen. Casey ging direkt nach England und fuhr die Britische Meisterschaft im Movistar-Team. Er hatte sofort immer konkurrenzfähige Bikes. Ich bin in der Spanischen 125-ccm-Meisterschaft gefahren – mit einem Bike, das kaum PS hatte. Meine Familie hat alles bezahlt. 2011 war die IDM an der Reihe.
Ich hatte von niemandem Unterstützung, ausser von meiner Familie. 2013 konnte meine Eltern nichts mehr zahlen. Es ist ein gutes Gefühl, dass wir es ganz alleine geschafft haben.
Aber es ist definitiv hart und schwierig für die australischen Fahrer, mit guten Teams und konkurrenzfähigen Bikes in die WM zu kommen. Ich habe mich einst für den Red Bull Rookies-Cup beworben, aber ich bin nie akzeptiert worden...

Du hast im Februar gesagt, du hättest diese Werks-KTM am liebsten schon vor drei Jahren gehabt?

Das ist genau der Punkt! Casey hatte immer gute Motorräder. Ich habe um alle Motorräder betteln müssen, wir haben sie irgendwo ausgeliehen... Es ist wirklich nett, jetzt in einem Team gelandet zu sein, das das richtige Paket hat. Wenn ich dieses Bike beim WM-Einstieg vor drei Jahren gehabt hätte, hätte ich meinen Körper nicht bei unzähligen Stürzen in Trümmer zerlegen müssen.
Aber als ich Bikes gefahren bin, die nicht so konkurrenzfähig waren wie die anderen, ist mir nichts anderes übrig geblieben, als mehr zu riskieren. Es waren schmerzhafte Lehrjahre. Mein oft gebrochenes Schlüsselbein spricht Bände.

Wollte dich Honda letztes Jahr zum Bleiben überreden?

Ja, Honda hat es versucht. Aber es war nicht nur die KTM. Es war auch das Team, ich wollte zu diesem Mann mit der grossen Nase, der dort drüben steht. Aki Ajo. Seit ich im GP-Sport bin, wollte ich für ihn fahren. Ich hatte Offerten mit mehr Geld. Aber Aki konnte ein Gesamtpaket anbieten, bei dem kein anderer mithalten konnte.

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