Formel 1: Miami-Pistenführung war schwere Geburt

Racing und Top Speed statt Kirchenmalerei

Von Esther Babel
Noch ist das Buch von Suse Mühlemeier nicht erschienen, in dem 27 Frauen aus der Welt des Motorsports vorgestellt werden. Für SPEEDWEEK.com-Leser gibt es die ersten Kapitel schon vorher zu lesen.

Anne Mühlemeier, Schwester der Autorin Suse Mühlemeier, war als Fahrwerkstechnikerin im Auftrag von alpha Racing unterwegs und begleitete unter anderem Markus Reiterberger zu seinen Einsätzen bei der Asiatischen Superbike Meisterschaft ARRC. Im Sommer 2023 verlor sie bei einem Motorradunfall ihr Leben – und ihre Schwester machte sich auf, hinter die Kulissen der Motorsport-Welt zu blicken. Mit dem Fokus auf Frauen.

Exklusiv bei SPEEDWEEK.com werden schon vor dem offiziellen Starttermin des Buches erste Kapitel veröffentlicht.

Jenny – am Speed schrauben

Für meinen Kindheitstraum, Polizistin zu werden, war ich genau einen Zentimeter zu klein und als Mädchen hatte ich damals nicht die Möglichkeit ins KFZ-Gewerbe zu gehen, was meine zweite Wahl war. Da kamen immer irgendwelche Ausreden wie: Mir ham koane ´trennten Duschen und Toiletten. Du woast fei scho, dass du da schwer hebn wirst miassn und du schmutzig wern konnst? Dass sie keine getrennten Sanitäranlagen hätten und ich da schwer heben müsste und schmutzig werden könnte und solcher Schmarrn.

Ich bin im bayerischen Oberland bei meinen Großeltern aufgewachsen und mein Opa wollte unbedingt, dass ich Kirchenmalerin werde. Nach der Ausbildung habe ich aber gesundheitliche Probleme wegen der Farben bekommen und hab umschulen müssen. Meine zweite Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau habe ich in einem Motorradgeschäft gemacht. In die Werkstatt durfte ich damals wegen der Umschulung nicht. Es war mir noch verboten, mit Ölen und Fetten zu arbeiten.

Wie ich zu alpha Racing gekommen bin, ist aber eine ganz andere Geschichte. Ursprünglich hatte sich mein Freund bei ihnen beworben und es war schnell klar, dass das nichts werden würde. Im Gespräch sagte er aber: Das, was ihr sucht, das kann die Jenny auch. Hals über Kopf saß ich anschließend im Büro zum Vorstellungsgespräch. Natürlich habe ich an meinen eigenen Bikes viel gemacht, hab den Motor rein- und rausgebaut und solche Sachen, aber das an Rennmaschinen im höheren fünfstelligen Bereich zu machen, das war irgendwie eine krasse Vorstellung. Mein Chef hat mir vertraut und hat gesagt: Probieren wir‘s. Wenn‘s funktioniert, ist gut, wenn nicht, dann nicht.

Der Kollege, von dem ich bei alpha Racing eigentlich alles gelernt hab, war Sieger des Leistungswettbewerbs des Deutschen Handwerks. Im Nachhinein würde ich sagen, es war sogar ein unglaublicher Vorteil, dass ich nicht schon mit einer Mechanikerlehre kam, denn was er mir sagte, setzte ich einfach um und so lernte ich Stück für Stück von einem der Besten des Fachs.

Heute arbeite ich noch immer bei alpha Racing in der Werkstatt und baue Rennbikes auf. Unsere Kunden sind meistens Rennsportteams aus aller Welt oder auch Privatteams. Wir bekommen von BMW die rohen Chassis, also den Rahmen mit Motor, Schwinge, Rädern und Gabel und das baue ich dann mit unseren Teilen zu einem kompletten Rennbike auf.

Nebenher fahre ich sehr intensiv Rennen, mit meiner BWM M 1000 RR alpha Racing RC-STK-M. Eine Zeit lang hatte ich überlegt, daraus eine Karriere zu machen. Davon zu leben war aber finanziell nicht drin. Aktuell bin ich im BMW RR Cup in der Advance-Wertung dabei und will richtig Gas geben. Meinen Fahrstil versteht lustigerweise keiner, dabei ist es ganz einfach: Ich bremse viel später als die anderen. Wenn ich meine Bremsbeläge aus schlechtem Gewissen ab und zu dann doch mal austausche, sind sie noch fast wie neu. Außerdem habe ich mein Fahrwerk sehr weich eingestellt, um die Geschwindigkeit mitzunehmen. Alle Fahrwerksmechaniker schütteln den Kopf, aber meine Rundenzeiten sprechen für sich.

Ein Highlight zwischen Beruf und Rennen fahren ist mir vor einiger Zeit eher zufällig passiert. Ich war mit der BMW-Maschine unterwegs und einer der anderen Fahrer, der auch eine BMW fuhr, hatte Probleme mit seinem Schaltassistent. Als ich seine Maschine durchgecheckt hab, ist mir aufgefallen, dass etwas mit der Gasannahme nicht gestimmt hat; die hat nicht mal mehr Stützgas gegeben. Er war der Meinung gewesen, das müsse so sein „bei so einer krassen Maschine“. Ich schüttelte nur lachend den Kopf und sagte: deswegen muss die ja auch sanft ans Gas gehen. Dann habe ich ihm über hundert Ecken das Kabel organisiert. Und weil das natürlich so ein spezielles Teil war, haben wir auch noch eine besondere Software dazu gebraucht. Am Ende habe ich schon recht tief in meine Trickkiste greifen müssen, aber ich habe es hinbekommen und er war happy, weil ich nach acht Mechanikern, die erste war, die ihm hat helfen können und seine Maschine repariert hat.

Wer mehr über die Frauen im Motorsport erfahren möchte, kann sich auf der Website von Suse Mühlemeier umsehen oder gleich die Bestellung fürs Buch abgeben.

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Helmut Marko: Strafe hat Verstappen den Sieg gekostet

Von Dr. Helmut Marko
​Red Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko spricht in seiner SPEEDWEEK.com-Kolumne über die Strafe von Max Verstappen im Saudi-Arabien-GP und über den spannenden WM-Kampf gegen McLaren.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Fr. 02.05., 23:50, Motorvision TV
    US Pro Pulling
  • Sa. 03.05., 00:00, Eurosport 2
    Formel E: FIA-Weltmeisterschaft
  • Sa. 03.05., 00:00, Motorvision TV
    Tour European Rally Historic
  • Sa. 03.05., 00:30, Motorvision TV
    UK Rally Show
  • Sa. 03.05., 00:45, Hamburg 1
    car port
  • Sa. 03.05., 01:50, Motorvision TV
    On Tour
  • Sa. 03.05., 03:25, Motorvision TV
    Classic Races
  • Sa. 03.05., 04:00, Motorvision TV
    Made in ...
  • Sa. 03.05., 04:20, Motorvision TV
    Nordschleife - Touristen in der "Grünen Hölle"
  • Sa. 03.05., 04:40, Spiegel TV Wissen
    Miniatur Wunderland XXL
» zum TV-Programm
6.89 24030830 C0205212012 | 5