Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Aprilia bezahlt Marco Melandri nicht für Teamorder

Von Ivo Schützbach
Im ersten Lauf der Superbike-WM in Magny-Cours schenkte Marco Melandri seinem Aprilia-Teamkollegen Sylvain Guintoli den Sieg. Im zweiten Rennen setzte sich der Egoismus des Italieners durch.

Mit versteinerter Mine musste Aprilia-Rennchef Romano Albesiano mit ansehen, wie Marco Melandri im zweiten Rennen alle Aufforderungen zum Platztausch mit Sylvain Guintoli ignorierte und das Rennen schließlich mit 2,669 sec Vorsprung gewann.

Im so wichtigen WM-Kampf gegen Tom Sykes und Kawasaki nahm Melandri Guintoli fünf Punkte weg. Dessen Rückstand vor den letzten beiden Läufen in Katar Anfang November betragen damit zwölf und nicht mögliche sieben Punkte.

«Wir mögen solche Entscheidungen nicht», erklärte Albesiano die Teamorder im ersten Lauf. «Aber es liegt im Interesse von Aprilia zu gewinnen. Es ist unglücklich, dass Marco keine Chance mehr hat Weltmeister zu werden. Danke an Marco. Er hat gezeigt, dass er nicht nur ein wahrer Champion sondern auch ein echter Profi ist.»

Davon war im zweiten Rennen nichts zu sehen. Melandri war viel schneller als Guintoli, fahrerisch ist er über alle Zweifel erhaben. Doch teamdienlich war sein Verhalten nicht.

Als Albesiano SPEEDWEEK.com in der Aprilia-Hospitality mit einem Glas Sherry vor sich empfängt, kann er bereits wieder lachen. Angesichts zweier Doppelsiege in Magny-Cours kein Wunder. Gleichzeitig weiß er aber auch, dass die eigensinnige Entscheidung von Melandri Aprilia den Fahrer-WM-Titel kosten kann.

Weshalb haben wir im zweiten Rennen keine Teamorder gesehen?

Wir hatten eine ausgegeben, wir zeigten es Marco auf dem Pitboard an.

Aber er hat sie ignoriert. Normal ist es in einer Firma so , dass es Konsequenzen hat, wenn die Anweisungen des Chefs nicht befolgt werden.

In einer Firma muss es so sein. Das Verhältnis zwischen einem Hersteller und einem Fahrer ist aber nicht wie mit normalen Angestellten. Es ist eher so, als würden zwei Firmen zusammenarbeiten. Es besteht ein Vertrag, in dem steht aber nichts von Teamorder.

Ihr könnt Melandri also nur darum bitten die Teamorder zu befolgen, ihn aber nicht dazu zwingen?

Richtig, er muss die Anweisung nicht befolgen. Teamorder steht in keinem Vertrag.

Nur mal angenommen, Aprilia verliert die Fahrer-WM um vier Punkte: Wie erklärst du das deinem Chef?

Ich bin nicht der Fahrer.

Okay, wie erklärt es Melandri dem Aprilia-Chef?

Das ist die richtige Frage. Wir werden sehen.

Aprilia bezahlt Melandri viel Geld dafür, dass er für Aprilia arbeitet und die Firma im besten Licht erscheinen lässt.

Trotzdem steht nichts über Teamorder in seinem Vertrag. Das Gegenteil ist der Fall, der Fahrer wird nach Erfolgen bezahlt. Unser Vertrag zwingt ihn dazu, die bestmöglichen Ergebnisse einzufahren.

Das bringt dich in eine schwierige Situation. Wie gehst du damit um?

Wir wollen aus dem zweiten Rennen kein Drama machen. Von den letzten zwölf Rennen haben wir fast alle gewonnen. Wir führen in der Hersteller-WM, die unser Hauptziel ist. Natürlich wollen wir auch die Fahrer-WM gewinnen. Wenn uns das nicht gelingt, weil unsere Fahrer die momentane Situation nicht akzeptieren können, werden wir das mit ihnen diskutieren – nach dem letzten Rennen. Wir haben nach wie vor eine gute Chance, die Meisterschaft mit Sylvain zu gewinnen.

Hattest du die Befürchtung, dass sich Melandri im zweiten Rennen nicht an die Teamorder hält? Wenn Guintoli die WM mit weniger als fünf Punkten Rückstand verliert, wird dieses Rennen wieder auf den Tisch kommen.

Da gebe ich dir jetzt eine Standard-Antwort: Wir werden diese Situation so gut es geht handhaben.

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