Fazit Korsika: Loeb ist auch nur ein Mensch
Wieder mit Fehler – Sébastien Loeb (rechts) und Beifahrer Daniel Elena
Das kommt davon, wenn man besonders schlau sein will. Citroën hatte bekanntlich die großartige Idee, Altmeister Sébastien Loeb in der laufenden Saison drei Rallyes fahren zu lassen. Damit sollte zum einen für positive Presse vor allem im extrem wichtigen Heimatmarkt gesorgt werden. Dieser Teil des Plans hat halbwegs funktioniert.
Außerdem sollte «Super-Séb» natürlich Punkte für die Marken-Weltmeisterschaft einfahren. In dieser Hinsicht sieht die Bilanz nach zwei von drei Comeback-Rallyes des neunmaligen Weltmeisters nicht ganz so gut aus. 14 Punkte hat Loeb bisher geholt. In den kühnsten Träumen hatte man sich 50 – für zwei Siege – erhofft.
14 Punkte. Ich behaupte mal, das hätte Craig Breen mindestens geschafft, der sein Cockpit für die WM-Läufe in Mexiko und Frankreich für Loeb räumen musste. Zumal der Ire beim letzten Einsatz vor der Zwangspause, der Rallye Schweden, mit Rang zwei gerade das bisher beste Ergebnis seiner Karriere eingefahren hatte.
Breen hat bei bisher zwei Starts übrigens 24 Marken-Punkte für Citroën geholt. Zehn mehr als Loeb bei ebenfalls zwei Rallyes. Citroën ist prompt wieder Letzter in der Marken-Wertung.
Abgesehen davon ist die Leistung von Loeb natürlich sensationell. Auch wenn er vielleicht doch nicht über Wasser laufen kann, wie ihm einige französische Medien euphorisch zutrauen. Der inzwischen 44-Jährige kommt aus dem Ruhestand zurück und fährt auf Anhieb Bestzeiten. Trotz der einen oder anderen Zigarette und einem gelegentlichen Bierchen nach Feierabend. Da müssen sich einige der jüngeren, voll im Saft stehenden Kollegen eigentlich fragen, was sie den ganzen Tag so machen.
Das Speed nicht alles ist, musste Loeb allerdings auch erfahren. In Mexiko kostete ein unnötiger Reifen alle Siegchancen – nach mehr als drei Jahren Pause wusste er schlicht nicht, was die Michelins der Generation 2018 auch ohne Luft aushalten.
Auf Korsika war Loeb auf der ersten Wertungsprüfung der Einzige, der dem späteren Sieger Sébastien Ogier folgen konnte. Der Abflug auf WP 2 war dagegen ein klarer Fahrfehler. Ob – ähnlich wie bei Teamkollege Kris Meeke – verursacht durch einen Vorlese-Fehler des Beifahrers, bleibt Spekulation.
Loeb-Co Daniel Elena war jedenfalls für meinen Geschmack während der Rallye ein bisschen viel damit beschäftigt, selbst gedrehte Videos auf den sozialen Netzwerken zu veröffentlichen. Selbst nach dem Abflug dauerte es nur kurze Zeit, bis ein Filmchen über das von Fans zum Trost gereichte Picknick im Internet landete.
Jetzt konzentriert sich Loeb erst einmal auf die Rallycross-WM, die am kommenden Wochenende in Barcelona startet. Erst im Oktober zur Rallye Spanien folgt Teil drei des Teilzeit-Comebacks. Vielleicht schafft es Loeb ja dann, ein zum Speed passendes Ergebnis einzufahren.
Bis dahin könnte die Weltmeisterschaft entschieden sein. Weltmeister Sébastien Ogier hat von den vier Rallyes der Saison 2018 bereits drei gewonnen – seine Überlegenheit ist derzeit so hoch, wie zu Volkswagen-Zeiten. «Jetzt endlich fährt der Fiesta WRC so, wie ich es brauche», verriet der Ford-Pilot nach der Rallye Frankreich. Start-Ziel-Sieg – überzeugender kann man die momentanen Kräfteverhältnisse kaum demonstrieren. Und Teamchef Malcolm Wilson hofft: «Das ist noch nicht alles, der Fiesta wird noch besser.»
Offenbar macht sich langsam die stärkere Unterstützung durch Ford bemerkbar. Auf dem Rückweg von der Rallye Mexiko war Wilsons Mannschaft beispielsweise im Windkanal der amerikanischen Ford-Werksteams in Charlotte. Klingt erst einmal nicht so beeindruckend. Was kann man denn von NASCAR-Teams lernen? fragten Spötter.
Wenn man aber bedenkt, dass der Fiesta WRC bis dahin komplett ohne Erkenntnisse aus dem Windkanal, alleine durch Computersimulationen, entwickelt worden war, erhält dieser Schritt eine ganz andere Dimension. «Wir haben einige Pfeile im Köcher, die wir im Laufe der Saison herausholen werden», drohte Wilson den Konkurrenten.
Momentan sieht es allerdings auch so aus, als müsste Ogier im Kampf um die Marken-WM die Kastanien für M-Sport/Ford mehr oder weniger im Alleingang aus dem Feuer holen. Teamkollege Elfyn Evans konnte bisher nicht an seine Leistung vom Saisonschlussspurt 2017 anknüpfen, als er in Wales seinen ersten WM-Sieg feierte. Folgerichtig muss sich Ford in der Tabelle momentan hinter Hyundai anstellen.
Die Koreaner profitieren von der Strategie, bei jeder Rallye drei Fahrer einzusetzen, von denen die besseren zwei in der Marken-WM gewertet werden. Einzelne Ausfälle lassen sich so kompensieren. Thierry Neuville, Andreas Mikkelsen und Dani Sordo trugen jeweils ihren Teil zur Tabellenführung bei.
Den Luxus eines Drei-Auto-Teams leistet sich grundsätzlich nur noch Toyota. Bei den Japanern enttäuscht bisher aber ausgerechnet die nominelle Nummer eins, Jari-Matti Latvala. Der Finne liegt in der Gesamtwertung derzeit sogar noch hinter Teamjunior Esapekka Lappi, der auch auf Korsika wieder stark unterwegs war.
Latvala ist auf dem Serviceplatz und im Presszentrum zwar der mit Abstand beliebteste Fahrer. Auf Dauer ist das aber nicht genug. Toyota will schließlich Weltmeister werden. Wenn Latvala nicht bald zu alter Stärke zurückfindet, könnte 2018 leider seine letzte Saison in einem Werksteam sein.