KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Timo Glock: «Mercedes, ihr verdammten Idioten!»

Von Andreas Reiners
Timo Glock und Gary Paffett

Timo Glock und Gary Paffett

Timo Glock und Gary Paffett liefern in Hockenheim eine Show der Superlative. Beide liegen sich in den Armen und kommen aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. Und Glock hat eine Nachricht für Paffetts Arbeitgeber.

Timo Glock konnte im Nachhinein darüber lachen. Als im zweiten Saisonrennen Mattias Ekström vor ihm auftauchte, wusste er: Jetzt gibt’s Rache. Die gab es tatsächlich: Der abgeschlagene Schwede ließ sich mehr Zeit als nötig, um Glock passieren zu lassen.

Eine Retourkutsche für das Saisonfinale 2017, als Glock wiederum Ekström das Leben zumindest nicht leichter machte, als es für den Schweden noch um den Titel ging. Glocks Verfolger Gary Paffett winkte Ekström, der in Hockenheim außerhalb der Wertung seinen Abschied feierte, sofort vorbei. Der Brite konnte so zu Glock aufschließen.

Es war die Ouvertüre einer Show, wie sie die DTM lange nicht gesehen hat. «Eigentlich müssen wir uns bei Mattias bedanken», sagte Glock. Es war ein epischer Zweikampf zweier Routiniers, die sich 20 Minuten lang nichts, aber auch gar nichts schenkten. Auf hohem Niveau, mit allem, was geht, Tür und Tür boten beide Tourenwagensport vom Feinsten. Sehr hart, am Rande des Erlaubten, unter dem Strich aber fair. Racing, wie man es sich wünscht, wie die DTM es aber auch braucht. «Die DTM ist der große Gewinner», sagte dann auch Glock, der sich am Ende den Sieg sicherte und die Führung in der Gesamtwertung übernahm.

«Es war wie ein Boxkampf, wie zwei Boxer, die sich pausenlos einen Haken verpassen und es keiner zugeben will, dass er vor dem K.o. steht. Wir haben sensationellen Sport geboten. Und nochmal einen Gruß nach Stuttgart: Wenn man so ein starkes Auto hat, sollte man nach so einem Rennen überlegen, ob man die Serie wirklich verlassen will», feierte Glock noch völlig geflasht den Auftritt.

Bereits bei der Zieldurchfahrt hatte Glock in den Funk geschrien: «Mercedes, ihr verdammten Idioten, ihr solltet diese Meisterschaft nicht verlassen.» Der Hintergrund ist klar: Mercedes steigt nach der Saison aus, engagiert sich in der Formel E. Glock hatte sich die Nachricht an den Konkurrenten bereits eine Runde zuvor zurechtgelegt. Er wusste: Nach diesem Rennen, unmittelbar nach der Zieldurchfahrt hat er die größte Aufmerksamkeit. Ändern wird das wohl aber nichts.

Aber auch aus sportlicher Sicht kam Glock aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus: «Es war das geilste Rennen, das ich je gefahren bin.» Und Glock ist mit seinen 36 Jahren schon einige Rennen gefahren.

Im Cockpit bekam er Gänsehaut, war aber komplett fokussiert. Immer wieder der Blick auf die Strecke, dann in den Rückspiegel. Wo ist Paffett? Was macht er? Wo versucht er es jetzt? Doch Glock wusste: Er kann mit dem Auto machen, was er will. «Ich wusste, dass das Auto es zulässt. Du musst aber zwischendurch vom Kopf her immer ein bisschen zurückfahren und darfst dir keinen Fehler erlauben.»

Die Krux: In den letzten beiden Kurven hatte Glock mal Über-, mal Untersteuern. «Das war wie im Casino. Mental war es sehr anstrengend, aber es hat einfach Spaß gemacht.» So sah es auch Paffett, der sich mit Glock nach dem Rennen in den Armen lag und auf dem Podium mit Sat.1-Moderatorin Andrea Kaiser das Megashow-Interview führte, das Revue passieren ließ, was da kurz vorher passiert war.

«So ein Zweikampf um den Sieg ist absolut unglaublich. Mir ging relativ früh das DRS aus. Deshalb wollte ich nur noch an Timo vorbeigehen und eine Sekunde Vorsprung herausfahren. Aber jedes Mal habe ich in den Spiegel geschaut und es hatte erneut nicht ganz gereicht und er war wieder da», berichtet Paffett. Er schwärmt: «Ich liebe Timo, das war unglaublich. Wir hätten beide zu jedem Zeitpunkt zurückstecken und Platz zwei mitnehmen können. Denn wir wussten, dass sie uns irgendwann einholen würden. Aber keiner von uns wollte aufgeben. Platz drei ist schlussendlich enttäuschend, aber das war es wert. Das war das beste Rennen, das ich je gefahren bin.»

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