Erzberg: Steinhölle «Carl’s Dinner» ist entschlüsselt

Von Carsten Steffen
Bester im Geröllfeld: Trystan Hart

Bester im Geröllfeld: Trystan Hart

Die Sektion «Carl’s Dinner» ist eine der Signature Sections des legendären Red Bull Erzbergrodeos. Dort wurde das Rennen gewonnen und verloren, dort spielten sich Dramen ab und trennte sich die Spreu vom Weizen.

SPEEDWEEK.com hatte exklusive Einsicht in die Daten der GPS-Tracker der Top-20 in der berühmt-berüchtigten Sektion «Carl’s Dinner». Die Ergebnisse überraschen auch Insider.

Auf Red Bull TV konnten die Fans – sofern sie nicht vor Ort waren – live mitverfolgen, wie die Fahrer sich durch diese sagenumwobene Sektion gequält haben. Wer das Spektakel verpasst hat, kann das komplette Rennen HIER nacherleben.

Bei der 26. Ausgabe des Erzbergrodeos war die Steinwüste dreimal auf verschiedenen Linien und einer Distanz von insgesamt 1,2 Kilometern zu absolvieren. Zu Fuß hat man in diesem endlosen Geröllhaufen mit Steinen jeder Größe schon massive Probleme. Aber mit der Enduro dadurch? Seit nunmehr Jahrzehnten schickt Karl Katoch, das Erzbergrodeo-Mastermind, die Fahrer durch diese Hölle.

In den letzten Jahren war es Graham «The Silent Assassin» Jarvis, der es bis zu dieser Sektion vergleichsweise zurückhaltend anging, um dann in Carl’s Dinner in seiner unvergleichlichen Art gnadenlos anzugreifen. Konstant schnell, umsichtig, bedacht, präzise immer auf der besten Linie, technisch brillant und gleichzeitig kraftschonend. Oft holte Graham dort nicht nur einen Rückstand auf, sondern katapultierte sich in dem menschenfeindlichen Geröllfeld an die Spitze.

Nimmt man die Zeiten der offiziellen Ergebnisliste, dann sagen diese lediglich aus, wann der jeweilige Fahrer am Checkpoint 21 Carl’s Dinner gescannt wurden, aber nicht, wie lange die Fahrer jeweils für die diesmal 1,2 km lange Tortur tatsächlich gebraucht haben. Hier kommen die GPS-Tracker ins Spiel, welche den Fahrern mitgegeben wurden, um sie auf der Grafik bei der Live-Übertragung darstellen und mitverfolgen zu können. GPS-Tracker haben eine vergleichsweise hohe Genauigkeit, sodass sie für die Analyse auch in diesem Zusammenhang hervorragend geeignet sind.

Offensichtlich war, dass Manuel Lettenbichler, der das Rennen seit der «Wasserleitung» souverän angeführt und letztlich auch gewonnen hat, auch in Carl’s Dinner nicht langsamer wurde und als Führender dort einen ordentlichen Speed vorlegte. Noch offensichtlicher war, dass der junge Österreicher Michael Walkner auf seiner GASGAS im Geröllfeld massiv eingebrochen ist. Wer sich das Rennen falsch eingeteilt hat, merkt das spätestens in Carl’s Dinner. Doch was sagen die Zeiten der GPS-Tracker?

Gemessen wurde der genaue Zeitpunkt zu Beginn und am Ende von Carl’s Dinner. Lettenbichler fuhr um 15:45:15 Uhr in die Sektion ein und hatte die 1,2 km um 16:19:58 Uhr absolviert, brauchte also 34 Minuten und 43 Sekunden. Graham Jarvis – der wegen Fremdhilfe disqualifiziert wurde – brauchte diesmal gut dreieinhalb Minuten länger als Lettenbichler. Was man aber sicherlich vor dem Hintergrund sehen muss, dass zu dem Zeitpunkt klar war, dass er es in den 4 Stunden Renndauer nicht ins Ziel schaffen würde. Auch Mario Roman, der als Verfolger von Manuel aggressiv um den ersten Platz kämpfte, brauchte mit 35 Minuten und 15 Sekunden eine gute halbe Minute länger als der Führende. War Lettenbichler also der Schnellste?

Nein, war er nicht! Der Spanier Alfredo Gomez flog auf seiner GASGAS mit 33 Minuten und 59 Sekunden förmlich über die Steine und war 44 Sekunden schneller als Lettenbichler. Doch damit markierte er lediglich die zweitbeste Zeit. Wer beim Zieleinlauf noch überrascht war, dass Trystan Hart als Dritter die Zielflagge sah, wird bei der Analyse der Zeiten verstehen, dass der junge Kanadier in den Schlüsselsektionen extrem gut gefahren ist. Für Carl’s Dinner benötigte Trystan nur 32 Minuten und 5 Sekunden, war also satte 2 Minuten 38 Sekunden schneller als Lettenbichler. Der Junge war offensichtlich mit dem Messer zwischen den Zähnen unterwegs, aber äußerst gekonnt. Denn auf den 1,2 km zählt kein kurzer Angriff, sondern die konstante Schnelligkeit über die gesamte Distanz. Wenn Trystan diese Leistung in den folgenden Rennen bestätigt, dann ist er einer derjenigen, mit denen nicht nur in dieser Saison zu rechnen ist.

Erwähnenswert ist noch, dass außer den bereits genannten Fahrern nur noch Billy Bolt (GB) mit 41 Minuten 30 Sekunden und der Südafrikaner Wade Young 28 Sekunden hinter Bolt unterhalb einer Stunde blieben. Michael Walkner beispielsweise brauchte 1 Stunde 3 Minuten und 54 Sekunden und die Ikone David Knight satte 1:26,20 h.


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