KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Sea to Sky: Manuel Lettenbichler steht vor WM-Titel

Von Carsten Steffen
KTM-Werksfahrer Manuel Lettenbichler aus Kiefersfelden gewann den Hard-Enduro-WM-Event Sea to Sky in der Türkei vor der Legende Graham Jarvis (Husqvarna) und Mario Roman (Sherco).

Manuel Lettenbichler belegte sowohl am ersten Tag beim Beach-Race und beim Forest-Race am zweiten Tag den zweiten Rang. Beim Main-Event, dem Mountain-Race am dritten Tag, bestätige der 26-jährige Bayer einmal mehr sein herausragendes Können und verwies den 23 Jahre älteren Graham Jarvis mit gut 14 Minuten Vorsprung auf den zweiten Rang. Ohne die Leistung von Jarvis schmälern zu wollen, profitierte der Brite von einem technischen Defekt an der Sherco des Spaniers Mario Roman, der sonst im sechsten von sieben Weltmeisterschaftsrennen sogar Chancen auf den Sieg gehabt hätte.

Erstmals fand sich das unter Fahrern und Fans äußerst beliebte Sea to Sky im Hard-Enduro-WM-Kalender. In dem Badeort an der türkischen Riviera haben sich die Fahrer in drei verschiedenen Formaten zu beweisen: Beim Beach-Race an Tag 1 sind SuperEnduro-Fähigkeiten gefordert. Beim Forest-Race am zweiten Tag gibt es eine schnellere Enduro-Runde, bei der es die ein oder andere technische Herausforderung zu meistern gilt. Am dritten Tag ist ein Track zu bewältigen, der mit dem Streckenverlauf vom Strand bis zum Berggipfel auf 2365 Metern technisch immer anspruchsvoller wird und somit Hard-Enduro in Reinkultur darstellt.

Beim Beach-Race wird am Strand des Touristenorts Kemer mit viel Aufwand eine dem SuperEnduro ähnliche Strecke gebaut. Mit Billy Bolt trat der SuperEnduro-Dominator und vierfache Weltmeister nach längerer verletzungsbedingter Auszeit erstmals wieder bei der Hard-Enduro-WM an. Erwartungsgemäß entschied der Brite auf seiner Husqvarna auch den Finallauf und setzte sich vor Lettenbichler aus Deutschland (KTM) und dem Südafrikaner Wade Young auf GASGAS durch.

Young zeigte beim Forest-Race, dass ihm das Terrain in der Türkei liegt. Lose Steine sind das, was er von der legendären Roof of Afrika, die er bereits achtmal für sich entscheiden konnte, gewohnt ist. Auf der 45 km langen Strecke, die relativ schnell gesteckt war, holte er sich den Sieg und ließ Lettenbichler gute drei Minuten und den drittplatzierten Bolt gute viereinhalb Minuten hinter sich. Mit diesem Ergebnis im Forest-Race gingen drei WM-Punkte an Young, zwei an Lettenbichler und einer an Bolt.

Am Samstag fand der letzte Renntag von Sea to Sky statt. Beim alles entscheidenden Mountain-Race starten die Fahrer am Ufer des Mittelmeers und fahren dann bis zur Ziellinie auf dem Gipfel des nahe gelegenen Olympos-Berges, der sich etwa 2365 Meter über dem Meeresspiegel befindet. Die 65 Kilometer lange Strecke führt zunächst über Sandstrände, dann durch Flussbetten, Schluchten und Waldwege und schließlich in die felsige Bergregion oberhalb der Baumgrenze.

Lettenbichler, der sich beim Forest-Race bei einem Sturz das Handgelenk lädiert hat, konnte sich nach einigen Scharmützeln zu Beginn an die Spitze setzen, dicht gefolgt von Mario Roman. Die beiden lieferten sich für eineinhalb Stunden einen offenen Schlagabtausch, bei dem Roman ein seltener Fehler unterlief. Der ambitionierte Spanier war mit einem Stein kollidiert und die Auspuffbirne seiner Sherco hatte sich mit Ansatz aus dem Zylinder gerissen, sodass er für den Rest des Rennens mit deutlich weniger Motorleistung zurechtkommen musste. Graham Jarvis nutzte dies aus und sicherte sich im Ziel nach Lettenbichler den zweiten Platz. Billy Bolt erreichte als Vierter das Ziel. Damit gelang ihm ein solider Wiedereinstieg ins Hard-Enduro-Geschäft.

Zum Saisonfinale geht es am letzten Oktoberwochenende nach Spanien. Beim Hixpania krönte sich Lettenbichler 2022 erstmals zum Weltmeister. Mit 19 Punkten Vorsprung auf Young bringt er ein solides Polster zum letzten Rennen mit. Sollte die Verletzung an der Hand, die in Deutschland untersucht werden wird, ihm nicht einen Strich durch die Rechnung machen, ist ihm der dritte Weltmeistertitel kaum noch zu nehmen.

Manuel Lettenbichler: «Das war ein sehr anstrengendes Rennen. Ich hatte einen guten Start, aber die Hand hat ordentlich weh getan. Zu Beginn war es ein eher schnelles Rennen und ich war froh, dass die Hand bis ins Ziel gehalten hat. Mario ist stark gefahren und war einige Zeit vor mir. Leider hat er seinen Auspuff so demoliert, dass sein Bike keine Power mehr hatte. Das war schade, weil wir sonst sicher bis ins Ziel einen offenen Kampf gehabt hätten. Ich gratuliere Graham zu seiner Leistung, sie war mega.»

Graham Jarvis: «Es war technisch so viel schwerer als in den Jahren zuvor. Dazu kam noch die Hitze. Aber es war eine perfekte Strecke, ein perfektes Rennen und ein fast perfektes Resultat für mich.»

Mario Roman: «Ich bin mit dem Resultat sehr zufrieden. Beim Forest-Race hatte ich schon ein mechanisches Problem und wurde nur Elfer. Also musste ich aus der zweiten Reihe starten, aber mein Tempo war gut, ich konnte schnell viele überholen, habe das Rennen einige Zeit angeführt und mit Manuel gekämpft. Eine Stunde vor dem Ziel habe ich mit dem Auspuff einen Stein erwischt, sodass ich für den Rest des Rennens eher damit als mit der Strecke kämpfte.»

Ergebnisse Sea to Sky:

1. Manuel Lettenbichler (D), KTM, 4:43,22 Stunden
2. Graham Jarvis (GB), Husqvarna, +13:17 min
3. Mario Roman (E), Sherco, +13:55
4. Billy Bolt (GB), Husqvarna, +23:58
5. Francesc Moret Clota (E), Husqvarna, +27:24
6. Wade Young (ZA), GASGAS, +30:52
7. Teodor Kabakchiev (BG), Sherco, +39:50
8. Matthew Green (ZA), KTM, +44:09
9. Davide Cyprian (CZ), KTM, +1:14,54 Stunden
10. Radford Chugg (GB), Beta, +2:07,28

WM-Stand nach 6 von 7 Rennen:

1. Manuel Lettenbichler (KTM), 112 Punkte
2. Wade Young (GASGAS), 95
3. Mario Roman (Sherco), 91
4. Teodor Kabakchiev (Sherco), 82
5. Mitch Brightmore (Husqvarna), 66
6. Francesc Moret Clota (Sherco), 56
7. Matthew Green (KTM), 54
8. Alfredo Gomez, (Rieju), 41
9. Davide Cyprian (KTM), 36
10. Marc Riba Lazaro (KTM), 31

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