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Stefan Mücke: Mit dem Bus auf die Reise nach Le Mans

Kolumne von Stefan Mücke
In seiner Kolumne bei SPEEDWEEK.com gibt Stefan Mücke regelmäßig exklusive Einblicke in seine Erlebnisse in der Sportwagen-WM (FIA WEC). Zum Rennen in Le Mans reist der Berliner seit Jahren auf eine ganz besondere Weise.

Liebe Leserinnen und Leser von SPEEDWEEK,

wie üblich, berichte ich Euch dieses Jahr exklusiv von meinen Erlebnissen in der FIA WEC. Der dritte Lauf des Jahres ist gleichzeitig das Highlight der Sportwagen-Szene: Die 24 Stunden von Le Mans. Der traditionsreiche Langstrecken-Klassiker ist auch für uns Piloten immer etwas ganz Besonderes. Für mich persönlich ging das Le-Mans-Abenteuer schon am Samstag in der Woche vor den Rennen los. Im Rennteam meines Vaters Peter besitzen wir einen als Wohnmobil umgebauten Reisebus. Da ich auch einen LKW-Führerschein habe, darf ich dieses riesige Vehikel sogar selbst fahren. Und so ging es zusammen mit meiner Frau und meiner Tochter Lucy gemeinsam auf die große Reise von Berlin bis nach Westfrankreich. Unser erster Stopp war dann kurz vor Paris. Dort besuchten wir am Sonntag noch das Disneyland. Die Zeit dafür ergab sich, da mein Ford Chip Ganassi Team erst am Montag zur technischen Abnahme in der Innenstadt von Le Mans vorstellig sein musste.

Die Kontrolle der Fahrzeuge ist immer schon ein ganz großes Prozedere, dass sich auch viele Fans nicht entgehen lassen. Die Anzahl der Zuschauer beeindruckt mich jedes Jahr aufs Neue – aber das macht Le Mans halt auch einfach aus. Wir Piloten müssen dabei unsere komplette Ausrüstung auf Richtigkeit überprüfen lassen und auch die Rennlizenz vorzeigen. Und natürlich wird bei dem Ereignis in der Innenstadt auch das klassische Le-Mans-Gruppenfoto mit allen Autos, Ingenieuren, Mechanikern und Fahrern des Teams geknipst.

Dienstags hatten wir früh morgens schon gleich die große Fahrerbesprechung. Nach vielen teaminternen Meetings folgte am Abend die große Autogrammstunde in der Boxengasse. Da haben wir Fahrer anderthalb Stunden alles Mögliche signiert und konnten auch mit den Zuschauern in Kontakt treten. Am Mittwoch ging es dann endlich auf der Strecke los. Im freien Training machten wir noch einige Setup-Feinabstimmungen an unserem Ford GT. Wobei zu der Zeit die Strecke noch recht schmutzig war, sodass man eigentlich erst im Qualifying am Mittwochabend richtig begann, mit dem Auto zu arbeiten. Außerdem mussten wir in der Nachtsitzung noch unsere Pflichtrunden abspulen. Jeder Fahrer, egal wie oft er schon in Le Mans startete, muss entweder mittwochs oder donnerstags in der Nacht fünf Runden absolvieren. Meine beiden Wagenpartner Olivier Pla, Billy Johnson und ich hatten dies, wie gesagt, schon am Mittwoch erledigt.

Im zweiten und dritten Qualifying am Donnerstag ging es dann richtig zur Sache. Ich fuhr auch einen sogenannten 'Quali-Run' mit neuen Reifen und wenig Benzin. Mit 3:51,991 Minuten schaffte ich den achten Platz in der Klasse. Damit waren wir der zweitbeste Ford. Wir wussten schon vorher, dass es für uns in der Qualifikation nicht einfach werden würde. Insofern waren wir zufrieden mit der Startposition, die eine vernünftige Ausgangslage fürs Rennen darstellte.

An Freitag ging es für uns Fahrer wieder etwas entspannter zu. Dagegen hatten unsere Mechaniker ordentlich zu tun. Denn die Ford GT wurden bis auf das Chassis praktisch komplett neu aufgebaut. Selbst Motor und Getriebe wurden ausgetauscht, sodass mit null Kilometern Laufzeit das Rennen begonnen werden konnte. Am Abend fand in der Innenstadt noch die Fahrerparade statt. Wir saßen in Ford Mustang Cabrios und schrieben wieder richtig viele Autogramme. Die enthusiastischen Zuschauer hautnah erleben zu dürfen, machte mir wieder richtig Spaß.

Das Rennen am Samstag begann dann recht gut für uns. Ich hatte die Ehre, den Start fahren zu dürfen. Das ist in Le Mans etwas ganz Besonderes und entsprechend nervös und aufgeregt fühlte ich mich auch. In den ersten Rennstunden gaben alle Fahrzeuge in unserer Klasse richtig Gas. Da fragte ich mich teilweise, ob wir denn wirklich ein 24-Stunden-Rennen fahren oder einen Sprint. Tatsächlich kam ich bis auf Position fünf in der Klasse nach vorne. Doch aufgrund eines schleichenden Plattfußes musste ich meinen zweiten Stint vorzeitig beenden und in die Box kommen. Wir hatten dabei natürlich gleich eine Fahrerwechsel durchgeführt.

In der Nacht hat uns dann das Pech ereilt. Mein Teamkollege Oliver Pla flog im Streckenabschnitt 'Indianapolis' ab. Wir wussten zunächst gar nicht, was passiert war. Doch es stellte sich heraus, dass ein Schaden an der Aufhängung den Abflug verursachte. So ein Problem tauchte bei uns zuvor noch nie auf. Aber es beweist auf der anderen Seite auch, wie hart Le Mans für das Material sein kann. Leider verloren wir dadurch ungefähr sechs Runden. Natürlich versuchten wir, den Rückstand noch etwas aufzuholen. Aber bei der großen Leistungsdichte konnten wir am Ende nicht mehr als Platz zehn erreichen. Zwar nahmen wir dadurch noch ein paar Punkte in der Meisterschaft mit nach Hause, doch letztendlich stellt das Ergebnis nicht das dar, was wir uns erhofft hatten.

So ist Motorsport. Und gerade in Le Mans muss man auch immer ein bisschen das Glück auf seiner Seite haben. Jacky Ickx und auch Tom Kristensen sagten einmal: 'Le Mans gewinnst du nicht, Le Mans lässt dich gewinnen!' So ist es tatsächlich. Dieses Rennen ist so magisch und so speziell – da muss einfach alles passen, damit ein Sieg herausspringt. Le Mans, als das größte Langstrecken-Rennen der Welt, ist nicht planbar. Dennoch macht es mich sehr stolz, wieder ein Teil davon gewesen zu sein.

Das nächste Rennen der FIA WEC findet am 16. Juli am Nürburgring statt. Vor dort werde ich Euch selbstverständlich wieder schreiben.

Bis dahin alles Gute,
Euer Stefan Mücke

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