6h Shanghai: Wer ist diesmal Favorit in GTE-Klasse?
Am kommenden Wochenende (16. bis 18. November) geht die Sportwagen-WM in die zweite Hälfte der 'Super-Season 2018/19', die erst im kommenden Juni bei den 24 Stunden von Le Mans ihr Ende finden wird. Beim Auftritt auf der F1-Strecke in Shanghai werden insgesamt 35 Fahrzeuge mit dabei sein. Großes Augenmerk dürfte auf der GTE-Klasse liegen. Dort absolviert das Corvette-Werksteam aus der amerikanischen IMSA-Serie einen Gasteinsatz. Was bringt das Rennen in der seriennahen Kategorie?
Fakt ist: Schon seitdem die GTE-Klasse in der Saison 2017 auf nur noch 18 zur Verfügung stehende Reifen (für Qualifikation und Rennen) umgestellt hat, geht es dort im Rennen eigentlich hauptsächlich ums Reifenschonen. Das wird in Shanghai noch verstärkt. Denn der 5,451 Kilometer lange Kurs ist als echter Reifenfresser bekannt. Der Grund dafür ist eine Kombination aus vielen Faktoren: Der hohe aerodynamische Abtrieb, wiederholtes starkes Bremsen mit extremem Wiederbeschleunigen in den kurvigen Streckenabschnitten und natürlich auch der verlegte Asphalt, der sehr grob mit den Pneus umgeht. Vor allem die langgezogene erste Kurve trägt die Hauptlast in Bezug auf den Reifenverschleiß. Dementsprechend haben die GTE-Hersteller in Shanghai lediglich die Michelin-Mischungen 'hard' und 'medium' zur Verfügung.
Die Situation in Bezug auf die Reifen bringt Ferrari in die Favoritenrolle für das 6-Stunden-Rennen. Denn die 488 GTE sind seit jeher als echte Reifenflüsterer bekannt. Durch das so schonende Umgehen mit den Pneus konnte beispielsweise das Rennen in Silverstone gewonnen werden. Und das obwohl Ferrari auf der Uhr nicht wirklich mit der Konkurrenz mithalten konnte. Dieser Fakt ist auch den Regelhütern bewusst. Das lässt sich daran erkennen, dass Ferrari bei der BoP-Gestaltung für Shanghai als einziger Hersteller Einbußen hinnehmen musste.
Hinter Ferrari dürfte in Shanghai wohl Ford liegen. Die amerikanischen Mittelmotor-Flundern kommen seit diesem Jahr ebenfalls einigermaßen gut mit dem schwarzen Gold zurecht. Und die Strecke in Shanghai liegt dem Ford GT sowieso. Denn sowohl 2016 als auch 2017 konnten dort Andy Priaulx und Harry Tincknell gewinnen. «Wir sind in Shanghai ungeschlagen und wollen natürlich den Hattrick», ist Tincknell hoch motiviert.
Porsche dürfte in Shanghai ebenfalls gut aussehen. «Beim Lauf in Fuji hat man wieder einmal gesehen, wie gut wir mit den Reifen zurechtkommen und wie stark wir strategisch aufgestellt sind. Das wollen wir auch in China entsprechend umsetzen. Es wird ein hartes und enges Rennen, aber wir sind bestens vorbereitet», blickt Werksfahrer Michael Christensen voraus, der mit Teamkollege Kévin Estre gleichzeitig auch die GTE-Tabelle anführt.
BMW und Aston Martin werden es in Shanghai wieder etwas schwerer haben, als zuletzt noch in Fuji. Denn beide Hersteller treten in dieser Saison mit neuen Modellen an und haben dementsprechend noch keine Erfahrungswerte für den Reifenabrieb in Shanghai. Somit steht in den freien Trainings ordentlich Extraarbeit an. Ferrari, Ford und Porsche werden folglich immer einen Schritt voraus sein.
Ähnlich ist die Lage im Corvette-Lager. Das Werksteam stand bislang noch nie in Shanghai am Start. Der Kurs in China ist in der Zählung seit dem Jahr 1999 die Nummer 28 für Corvette Racing, auf dem man unterwegs sein wird. Und auch in Bezug auf die Reifen liegt man im Hintertreffen. Zwar werden in der IMSA-Serie ebenfalls Produkte von Michelin verwendet, jedoch handelt es sich dabei um andere Spezifikationen. «Ich denke, wir sind gut vorbereitet. Doch es ist immer etwas Anderes und etwas Spezielles, wenn man zu einer neuen Strecke kommt – vor allem zu diesem Kurs», ist auch Werksfahrer Tommy Milner vorsichtig bei seiner Einschätzung. Er hatte Shanghai im Vorfeld im Rennsimulator von Chevrolet ausprobiert.
Insgesamt dürfte sich also im Rennen folgende Reihung in der GTE-Klasse einstellen: Ferrari, Ford, Porsche, BMW, Aston Martin, Corvette. Mal schauen, ob es tatsächlich so sein wird.