KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

3. Training Austin: Verstappen 1., Wirbel um Hamilton

Von Mathias Brunner
​Drittes freies Training zum Grossen Preis der USA in Austin (Texas): Wieder Sorgen um die Technik des Silberpfeils von Lewis Hamilton, Verstappen Schnellster, Hollywood-Star Christoph Waltz zu Gast.

Ein klarer, kühler Morgen auf dem Circuit of the Americas zum dritten freien Training vor dem Grossen Preis der USA ausserhalb von Austin: Unter strahlend blauem Himmel kämpften die Fahrer mit dem gleichen Problem wie gestern – die texanische Rennstrecke baut recht wenig Haftung auf, die Autos rutschen zu stark, die weichen Reifen bauen zu schnell ab.

Aufregung in der Nacht auf Samstag in der Box von Weltmeister Lewis Hamilton: Die fleissigen Mercedes-Mechaniker mussten das Kraftstoffsystem an seinem Silberpfeil ersetzen, eine Vorsichtsmassnahme, wie seitens Mercedes beteuert worden ist.

Dazu brach Mercedes die vorgeschriebene Nachtruhe (acht Stunden), allerdings straffrei – denn ein Rennstall darf das zwei Mal pro Saison tun, und bei Mercedes war dies das erste Mal 2016. Die Mechaniker hatten nur vier Stunden Schlaf!

Hintergrund: Am Freitag fuhr Hamilton mit einem alten Motor. Für Samstag wurde dann eine jener Antriebseinheiten eingebaut, die in Belgien ins Kontingent des Engländers aufgenommen wurden. Aber beim frischeren Motor wurde am Einspritzsystem ein Fehler gefunden, der potenziell zu einem Schaden hätte führen können. In zwei Schichten von Fachkräften wurde dann das Einspritzsystem ersetzt.

Basierend auf den Eindrücken vom Freitag: Lewis Hamilton wurde unter Wert geschlagen, der Brite monierte ein mangelhaftes Handling und schlechte Bremsbalance. Auch die Ferrari-Fahrer beklagten sich über eine wenig zufriedenstellende Fahrzeugbalance. Alle Piloten jammerten über extrem abbauende superweiche Reifen. Max Verstappen war mit seinem Wagen im Quali-Trimm noch nicht happy.

Viel Arbeit hatte auch das Haas-Team: Beim Überfahren der Randsteine auf dem Circuit of the Americas entstehen besondere Vibrationen, die im Zusammenhang mit hohen Abtriebswerten führten dazu, dass sich an den Autos von Romain Grosjean und Esteban Gutiérrez Karbonteile im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Leim gingen. Die Zusatzflügel wurden dann verschraubt, weil eine schnellere Lösung nicht zu finden war.

Lewis Hamilton präsentierte zu Beginn des Trainings in der Mercedes-Box dem österreichischen Hollywood-Star Christoph Waltz (60) seinen Silberpfeil. Der Schauspieler war in Begleitung von Rosa Salazar, die beiden drehen derzeit in den USA den Film «Alita: Battle Angel», der 2018 in die Kinos kommt. Anderer Promi zu Gast, bei Red Bull Racing: Skateboarder Ryan Scheckler.

Nico Hülkenberg fuhr mit offener Tankklappe herum, Carlos Sainz mit einem Platten rechts hinten. «Das ist seltsam», sagte der Madrilene über Funk. Nicht so merkwürdig, wenn wir uns anschauten, wo der Spanier herumfuhr – vermutlich wegen eines Trümmerteils auf der Bahn oder wegen einer etwas optimistischen Ideallinie hinter einem Randstein. Kurz darauf erhielten alle einen Moment zum Durchatmen: Pascal Wehrlein versenkte seinen Manor in Kurve 19 im Kiesbett, er konnte sich nicht aus den Steinen befreien und erhielt vom Manor-Kommandostand mehrfach die Anweisung, den Motor abzustellen. Ein moderner GP-Renner überhitzt ohne Fahrtwind oder externe Kühlung sehr schnell – und das führt schnell mal zu einem Motorschaden. Sportchef Dave Ryan zieht in solchen Fällen seinem Fahrer die Ohren lang.

Nach zehn Minuten (die Uhr lief weiter) war der Manor-Renner von einem Kranwagen endlich aus der Gefahrenzone entfernt und es konnte weitergehen. Reihenfolge nach knapp einer halben Stunde: Kimi Räikkönen (Ferrari) vor den beiden Red Bull Racing-Autos von Max Verstappen und Daniel Ricciardo, die Silberpfeile hatten noch keine einzige Runde zurückgelegt.

Dann machte Daniel Ricciardo ernst: 1:37,032 min auf den superweichen Reifen, Lewis Hamilton knapp dahinter auf den weichen Reifen, Nico Rosberg Dritter. Kimi Räikkönen geriet in Kurve 19 von der Bahn, konnte aber weiterfahren.

Grosse Frage vor dem Abschlusstraining: Wer kann sich einen Reifenpoker erlauben und in der Quali nur mit weichen Reifen fahren – und ganz auf die superweichen Walzen verzichten?

Wie erwartet hat sich von Freitag auf Samstag die Windrichtung geändert, Gegenwind jetzt auf der Start/Ziel-Geraden, gestern war es noch Rückenwind. Genau umgekehrt dann in den schnellen S-Kurven und zur Haarnadel hin von Kurve 11.

Ferrari-Star Sebastian Vettel klagte über ein Problem mit dem fünften Gang – es wäre nicht das erste Getriebeproblem bei Ferrari. Im extremsten Fall kommt ein Getriebwechsel und eine Strafe von fünf Rängen zurück auf den vierfachen Formel-1-Champion zu.

Carlos Sainz hatte einen zweiten Platten, dieses Mal links hinten, mit dem superweichen Reifen (zuvor passierte das mit der mittelharten Mischung). Sky-TV-Experte Paul Di Resta: «Das kann ich mir nur so erklären, dass ein Teil des Toro-Rosso-Renners unter Last in den Kurven am Reifen schabt und dies den Reifen beschädigt, vielleicht eine Bremsbelüftung. Ein Pirelli-Problem halte ich für ausgeschlossen, zumal es keine Schwierigkeiten bei den anderen Rennwagen gab. Seltsam ist jedoch auch, dass es am Auto von Daniil Kvyat offenbar keine Schwierigkeiten gibt.» FIA-Technikchef Jo Bauer begab sich in die Toro-Rosso-Box, um sich das genauer anzusehen.

Inzwischen fuhr Max Verstappen mit dem superweichen Reifen (rot markiert) neue Bestzeit – 1:36,766 min. Kimi Räikkönen verbesserte sich, blieb aber eine knappe halbe Sekunde hinter dem Niederländer. Der Eindruck erhärtet sich: Mit einer idealen Runde können sich die Red Bull Racing-Piloten unter das Silberpfeil-Duo mischen. Die Frage bleibt, um wieviel Mercedes die Leistung ihres 1,6-Liter-V6-Turbo im Abschlusstraining hochschrauben wird.

Daniel Ricciardo wurde mit superweichen Reifen von Kimi Räikkönen aufgehalten. WM-Leader Nico Rosberg brach den letzten Versuch nach einem Fahrfehler ab. Lewis Hamilton wurde von einem Sauber aufgehalten und ging mit der Reserve von einer Sekunde vor dem Fallen der karierten Flagge auf seinen Quali-Versuch – nur um dort erneut auf den Sauber von Felipe Nasr zu treffen. Der Engländer brach den Versuch ab. Damit ist nicht klar, wie schnell die Silberpfeile wirklich sein können. Lewis am Funk: «Das war schwaches Timing, Jungs.»

Das Qualifying zum Grossen Preis der USA beginnt um 20.00 Uhr europäischer Zeit.

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