Formel 1: Carlos Sainz zurück zu Ferrari?

Ferrari gegen Mercedes: Skandal beim Australien-GP

Von Mathias Brunner
​Was mit einem Brief von Ferrari-Chefdesigner Simone Resta an die FIA begann, könnte Ende März in einem handfesten Skandal zum WM-Beginn in Australien enden: Streit um die Aufhängungen.

Die Formel 1 schafft es immer wieder, sich in den Fuss zu schiessen. Jüngstes Beispiel: Der Brief von Ferrari-Chefdesigner Simone Resta an die FIA.

Es gehört zum Tagesgeschäft der Formel 1, dass Techniker bei Charlie Whiting vorstellig werden, um kommende Entwicklungen auf Legalität einschätzen zu lassen – beim Sicherheitsdelegierten und Rennleiter der Formel 1, gleichzeitig aber ist der Engländer auch Ansprechpartner in technischen Belangen. Es gehört ebenfalls zum Tagesgeschäft, dass in solchen Schreiben ein Team versucht, technische Errungenschaften der Gegner abzuwürgen.

Simone Resta beschrieb in seinem Brief (Kopien gingen an alle anderen Rennställe) eine Aufhängung, welche die Funktion des früheren FRIC-Systems simuliert. Die Antwort von Charlie Whiting: Ein solches System würde von der FIA als Verletzung von Artikel 3.15 eingeschätzt werden. In diesem vielseitig zu interpretierenden Artikel heisst es: Bewegliche aerodynamische Hilfen sind verboten.

Aber das bedeutet noch lange kein Verbot solcher Aufhängungssysteme, und es ist auch kein Sieg für Ferrari, wie wir gleich erkennen werden.

FRIC & Co.: Darum geht es

Das Aufhängungssystem FRIC (front and rear interconnected) war ein cleveres Aufhängungssystem, das die Aufhängungen rundum vernetzte. Es geht um die Fahrzeugbewegungen über die Längs- und Querachsen – nicken (pitch), rollen (roll). FRIC sorgte dafür, dass der Wagen gleichmässiger liegt, dann kann sich die Aerodynamik besser entfalten.

Schon im Rahmen des Silverstone-GP 2014 war den Rennställen mitgeteilt worden, dass der Autoverband FIA dem System einen Riegel schieben werde. Beim anschliessenden Silverstone-Test fuhren einige Teams probeweise ohne FRIC.

Wieso kam mitten in der Saison ein Verbot? Charlie Whiting lagen zahlreiche Pläne der Rennställe vor, was deren FRIC-Konstruktionen für 2015 anging, und dem Briten gingen die viel zu weit.

In Hockenheim 2014 bestätigte der Autoverband FIA: Sämtliche elf Formel-1-Rennställe verzichten auf den Einsatz von FRIC. Die darauffolgenden Rennen zeigten – zu einer markanten Verschiebung im Kräfteverhältnis kam es nicht.

Forschung ging weiter

Aber natürlich ging die Forschung weiter, wie Mercedes-Technikchef Paddy Lowe meinem Kollegen Mark Hughes im Motor Sport Magazine bestätigte: «Das Verbot von FRIC führte dazu, dass die Forschung in eine andere Richtung ging. Wir wollten den gleichen Effekt erreichen, nur halt über Systeme, die nicht mehr zwischen vorne und hinten verbunden sind.»

Über links und rechts sagte die Einschränkung der FIA nichts, also arbeiteten die Rennställe hochkomplexe Aufhängungen aus, welche ebenfalls dazu führen, dass der Wagen ruhiger liegt. Paddy Lowe: «Die Aufgabe wurde ein wenig schwieriger als mit FRIC, aber im Grunde war es das Gleiche. Es ist ein Spiel zwischen den mechanischen und aerodynamischen Aspekten einer Aufhängung.»

Die jüngsten Hydraulik-Ausgleichssysteme erlauben es einem Piloten beispielsweise, aggressiv über Randsteine zu brettern. Und, noch wichtiger, sie verbessern die Langlebigkeit der Reifen, einer der grossen Vorteile von Mercedes 2016. Es fiel auch auf, dass Red Bull Racing wieder mit einem so aggressiven Anstellwinkel wie früher fahren kann, niedrige Front, hohes Heck. Zahlreiche Male berichtete der frühere GP-Pilot Martin Brundle als Pistenbeobachter: «Die mit Abstand am besten auf der Piste liegenden Autos sind die Renner von Mercedes und Red Bull Racing.»

Der Brief von Simone Resta kann auch so verstanden werden: Ferrari hatte bei FRIC-simulierenden Systemen offensichtlich einen Rückstand, den versuchen die Italiener nun mit Hilfe der FIA zu verringern.

Die Antwort von Charlie Whiting scheint Ferrari auf den ersten Blick Recht zu geben und ein Warnschuss an die Rivalen der Italiener zu sein. Aber ein Sieg ist das aus verschiedenen Gründen nicht.

Whiting hat lediglich seiner Meinung Ausdruck gegeben. Ein Team kann solche Systeme in Australien an den Start bringen – unter der Gefahr, dass sich die FIA das aus freien Stücken geschauer anschaut oder aufgrund eines Protests von Gegnern aktiv wird. Dann würden sich die Rennkommissare mit dem Fall befassen müssen. Auch ihr Urteil wäre nicht bindend, ein etwaiges Verbot könnte vor das Berufungsgericht der FIA in Paris weitergezogen werden.

Wer wie Mercedes seit langem an solchen Systemen arbeitet, steht nun vor dem Problem: Soll diese hoch komplexe Aufhängung im Wagen bleiben? Oder soll auf ein weniger verfängliches System umgebaut werden? Die Zeit wird knapp: Erster Test – am 27. Februar in Barcelona. Erstes Training zum WM-Auftakt – am 24. März in Melbourne.

Viele Leser werden an dieser Stelle fragen: Wenn FRIC-verwandte Systeme mindestens im Graubereich des Reglements anzusiedeln sind, wieso ist die FIA nicht aktiv geworden? Antwort: Weil die technischen Kommissare der FIA bislang die Aufhängungen der betroffenen Rennställe als legal eingestuft haben.

Fazit: Noch bevor die neuen Formel-1-Renner auf der Bahn sind, türmen sich am Horizont bereits die Wolken des ersten handfesten Skandals 2017 auf.

Und in Sachen Ferrari gibt zu denken: Wieso brauchten die Italiener so lange, um ein System zu hinterfragen, das von den Gegnern seit längerem eingesetzt wird? Zielt das Timing des Resta-Briefes nicht vielmehr darauf, die Gegner um einen markanten Vorteil zu beschneiden? Und vor allem: Wieso liegt Ferrari bei innovativen Systemen oft im Hintertreffen? Siehe FRIC, angeblasener Diffusor, Doppeldiffusor, Mehrelement-Frontflügel, F-Schacht. Bei keiner dieser Errungenschaften war Ferrari der Innovator.

Präsentationen 2017

23. Februar: Mercedes in Silverstone
24. Februar: Ferrari in Fiorano

Wintertests 2017

27. Februar bis 2. März: Barcelona
7. bis 10. März: Barcelona

Formel-1-WM 2017

26. März: Australien (Melbourne)
9. April: China (Shanghai)
16. April: Bahrain (Sakhir)
30. April: Russland (Sotschi)
14. Mai: Spanien (Barcelona)
28. Mai: Monaco (Monte Carlo)
11. Juni: Kanada (Montreal)
25. Juni: Aserbaidschan (Baku)
9. Juli: Österreich (Spielberg)
16. Juli: Grossbritannien (Silverstone)
30. Juli: Ungarn (Budapest)
27. August: Belgien (Spa-Francorchamps)
3. September: Italien (Monza)
17. September: Singapur
1. Oktober: Malaysia (Sepang)
8. Oktober: Japan (Suzuka)
22. Oktober: USA (Austin)
29. Oktober: Mexiko (Mexiko-Stadt)
12. November: Brasilien (São Paulo) *
26. November: Abu Dhabi (Insel Yas)
* Finanzierung nicht gesichert

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