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FIA-Regeln: Ja, es geht noch bekloppter

Von Mathias Brunner
Michael Schumacher versucht nach dem Österreich-GP 2002, Rubens Barrichello zu trösten

Michael Schumacher versucht nach dem Österreich-GP 2002, Rubens Barrichello zu trösten

Bei «SPEEDWEEKipedia» gingen wir der Leserfrage nach: Geht es noch dümmer als mit doppelten Punkten zum WM-Finale 2014? Antwort: Leider ja.

Gestern haben wir in Form von «SPEEDWEEKipedia» die Frage von Leser Luca Kern beantwortet. Er wollte wissen: «Die neue FIA-Regel mit doppelten Punkten beim WM-Finale ist wirklich eine doofe Idee. Das hat mich auf die Frage gebracht – gab es in der Formel-1-Historie ähnlich skurrile Vorschläge?» Welche höchst fragwürdigen Vorschläge oder tatsächlich eingeführte Regeln es gab, können Sie HIER nochmals nachlesen.

Ich habe daraufhin einige Mails von Lesern erhalten, die wissen wollten, ob es noch mehr bescheuerte Ideen gab. Antwort: Leider ja. Amüsieren Sie sich über weitere, wie es der frühere Rennfahrer Martin Brundle nennt, «Antworten auf Fragen, die keiner gestellt hat».

Helmdesigner, bitte keine Kreativität!
Es gibt viele Formel-1-Fahrer, für die ist ihr Helmdesign beinahe heilig. Es käme ihnen nie in den Sinn, daran etwas zu ändern. Sebastian Vettel oder Lewis Hamilton hingegen finden es cool, sich zwischendurch etwas Neues einfallen zu lassen. Das war einigen Blazerträgern aus Paris zu viel: Bei der FIA wurde allen Ernstes erwogen, den GP-Piloten zu verbieten, ihr Helmdesign zu ändern. Begründung: Den Fans solle es leichter fallen, ihren Piloten zu erkennen. Die Reaktion der Fans lautete ungefähr: Wir wissen schon, wer in welchem Auto sitzt. Die Reaktion der kreativen Fahrer ist nicht druckreif. Der Vorschlag wurde daraufhin fallengelassen.

Fahrer, ab auf die Überholspur!
Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone beweist immer wieder: Alter schützt vor Torheit nicht (und wir sprechen jetzt nicht von Gerichtsfällen). Ob dem heute 83-Jährigen gewisse Vorschläge wirklich ernst gewesen sind, oder ob der blitzgescheite Brite nur provozieren wollte, ist jeweils schwer zu sagen. Eine Idee von «Mr. Formula One» vor der Formel-1-Saison 2010 (und nun halten Sie sich gut fest): Die GP-Strecken sollten mit Überholspuren ausgerüstet werden. Ecclestone schwebte vor, in einigen Kurven eine kürzere Innenbahn bauen zu lassen, womit der Pilot, der diese weniger lang Spur benützt, am Gegner vorbeigehen könnte. Bernie: «Jeder Fahrer darf dann pro Rennen maximal fünf Mal eine solche Spur nutzen. Damit wäre das Thema vom Tisch, dass ein Pilot hinter einem anderen festhängt, das wäre auch fürs Fernsehen prima.» Ganz abgesehen von den entsetzten Pistenbetreibern kam diese Idee, die etwas an elektrische Autorennbahn erinnert, auch bei den Fans nicht gut an.

Der Albtraum der Statistiker
Im Rahmen der Formel-1-WM seit 1950 wurde das Punktesystem fünf Mal geändert, leider nicht immer zum Besseren. Von 1950 bis 1959 erhielten nur die ersten Fünf WM-Punkte (8 für den Sieger, 1 für den Fünftplatzierten), dazu gab es einen Punkt für den Fahrer mit der schnellsten Rennrunde (keine schlechte Idee). Ab 1960 gab es diesen Zusatzpunkt nicht mehr, dafür einen Zähler für den Sechstplatzierten. Von 1961 bis 1990 galt: 9 Punkte für den Sieger, 6 für den Zweiten, 4 für den Dritten, 3 für den Vierten, 2 für den Fünften, 1 für den Sechsten. 1991 wurde das leicht geändert: Um den Sieg aufzuwerten, gab es nun 10 Punkte für den GP-Gewinner. Das galt bis Ende 2002. Ab 2003 erhielten die ersten Acht Punkte, nach dem Schlüssel 10-8-6-5-4-3-2-1. Doch seit 2010 ist alles anders: Bis heute erhalten nun die ersten Zehn WM-Zähler (weil man auch den Nachzüglern die Chance geben wollte zu punkten), zum Entsetzen der Statistiker nach dem Schlüssel 25-18-15-12-10-8-6-4-2-1. Damit ist jede Punktestatistik hinfällig. Gut gemacht, FIA!

Zusatzgewichte: Darf es etwas mehr sein?
Zur Saison 2002 hin wurde erwogen, jedem Auto für einen gewonnen WM-Punkt ein Kilo Zusatzgewicht aufzulegen. Gemäss des damals geltenden Punktesystems hätte ein Sieger beim darauf folgenden WM-Lauf zehn zusätzliche Kilo draufgepackt erhalten. Noch abartiger: Auf dem Wagen sollte das aktuelle Zusatzgewicht gross vermerkt sein, damit der Fan auf der Tribüne sofort weiss, aha, Schumacher fährt derzeit mit 48 Kilo Ballast herum. Die Teams erstickten diese Idee im Keim.

Mit elektrischer Energie durch die Boxengasse
Dieser Plan ist derzeit nur verschoben, leider nicht begraben: Im Rahmen des Plans, die Formel 1 grüner zu gestalten, will FIA-Chef Jean Todt, dass die Formel-1-Renner vor und nach dem Reifenwechsel allein mit elektrischer Energie durch die Boxengasse säuseln. Technisch ist das durchaus machbar. Doch ein Teammanager sagte mir schon vor zwei Jahren: «Wenn dieser Quatsch wirklich kommt, dann kannst du mit der Stoppuhr darauf warten, dass wir überfahrene Mechaniker haben. Es ist für unsere Jungs schon heute schwer genug, die Autos in der Boxengasse zu hören – wenn draussen die Gegner vorbeilärmen. Rollen die Autos dank Elektro-Energie so gut wie lautlos, dann wird es richtig gefährlich.» Noch ist unklar, ob die FIA ihren Willen durchsetzen wird.

Verbot von Stallorder
Selten gellten bei der Siegerehrung so viele Pfiffe wie nach dem Österreich-GP 2002: Der am ganzen Wochenende tadellos fahrende Rubens Barrichello wurde vom damaligen Ferrari-Teamchef Jean Todt (heute FIA-Präsident) dazu gezwungen, für Teamleader Michael Schumacher Platz zu machen. Die Fans fühlten sich, pardon, verarscht. Daraufhin wurde ein Verbot von Stallorder verhängt. Doch Anordnungen, dass ein Fahrer für den anderen Platz machen muss, gab es von jenem Moment an, als der erste Rennstall zwei Autos einsetzte. Von 2003 bis 2010 gab es natürlich ebenfalls Stallorder, nur wurde diese kaschiert – etwas in Form von rätselhaften Problemen bei einem Boxenstopp oder technischen Schwierigkeiten mit einem Wagen, die sich später im Grand Prix auf wundersame Weise von selber lösten. In vielen Situationen macht Stallorder durchaus Sinn: Hat der eine Fahrer noch Titelchancen und der andere nicht, ist es nur logisch, den besser Platzierten zu bevorzugen. Nach einem erneuten Skandal (2010 in Hockenheim, wo Ferrari Massa zum Platzmachen für Alonso zwang, später aber alle von Stallorder nichts wissen wollten) liess die FIA das Verbot fallen, in der Einsicht, dass Stallorder bisweilen ärgerlich, aber nicht zu verhindern ist.

Streichresultate, frisch gestrichen
Ein Thema, bei welchem die Wenigsten durchblickten, und das dankenswerterweise Ende 1991 nach 42 Jahren Formel 1 endlich fallengelassen wurde: Nur ein Teil der errungenen Punkte zählte für die WM, der Rest galt als Streichresultat. 1950 etwa zählten nur vier von sieben Rennen für die WM. Ergebnis: Der regelmässig punktende Luigi Fagioli hätte eigentlich WM-Zweiter hinter Giuseppe Farina werden müssen, doch sein dritter Rang von Monza wurde gestrichen. Damit war er nur noch WM-Dritter hinter Juan Manuel Fangio. 1967 galt, dass nur die besten fünf Ergebnisse aus den ersten sechs Grands Prix der Saison für die WM gelten sowie die besten vier der letzten fünf WM-Rennen. Von 1981 bis 1990 zählten nur die elf besten Ergebnisse des Jahres, von 16 Rennen! Man stelle sich diesen Quatsch in den letzten paar Jahren vor, in welchen die Autos so standfest geworden sind. Es kam, wie es kommen musste: Die Streichresultate wurden selber gestrichen.

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