FIA-Regeln: Gibt es noch dümmere Ideen?

Von Mathias Brunner
Diesen Flügel haben Sie nie in einem Grand Prix gesehen

Diesen Flügel haben Sie nie in einem Grand Prix gesehen

SPEEDWEEKipedia: Leser fragen, wir finden die Antwort. Heute: Gibt es in der Formel-1-Historie noch beklopptere Einfälle als doppelte Punkte beim WM-Finale?

In loser Reihenfolge gehen wir in Form von «SPEEDWEEKipedia» auf Fragen unserer Leser ein. Dieses Mal will Luca Kern aus Solothurn in der Schweiz wissen: «Die neue FIA-Regel mit doppelten Punkten beim WM-Finale ist wirklich eine doofe Idee. Das hat mich auf die Frage gebracht – gab es in der Formel-1-Historie ähnlich skurrile Vorschläge?»

Das liegt natürlich immer im Ermessen des Betrachters. Was der eine Formel-1-Fan als fragwürdig einstuft, findet ein anderer prima. Wir haben hier zehn frühere Vorschläge zusammengestellt, die mindestens eines gemein haben – sie gaben sehr viel zu reden!

Michael Schumacher im Minardi
Vor gut einem Dutzend Jahren wurde der Plan erwogen, die Fahrer unter der Saison den Wagen wechseln zu lassen. Diese Schnapsidee sah vor, dass die Piloten nicht mehr vertraglich an ihre Rennställe gebunden sind, sondern dass die FIA die Fahrer zum Saisonstart ins jeweilige Auto platziert. Sollten alle Fahrer alle Fahrzeuge pilotiert haben, dann würden sie selber wählen können, welchen Renner sie bei den letzten WM-Läufen bewegen. Die ganz und gar absurde Idee kam nicht besonders weit.

Künstlich bewässerte Bahn
Auf der Suche nach einem Rezept, um die Rennen aufzupeppen, schlug Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone vor ein paar Jahren vor, die Rennstrecke mit Sprinkleranlagen auszurüsten. Wenn Petrus nicht mitspielte, würde es per Zufallsprinzip halt künstlichen Regen geben. Den wahren Formel-1-Fans grauste vor diesem Quatsch.

Ein WM-Lauf und keiner fährt hin
Idiotische Ideen sind durchaus nicht nur in der Formel-1-Neuzeit entstanden. Von 1950 bis 1960 gehörte das Indy 500 zur Formel-1-WM, obschon in Europa und in den USA komplett verschiedene Fahrzeuge verwendet wurden. Es kam, wie es kommen musste: Der Fahreraustausch zwischen der alten und neuen Welt blieb minimal. Von den 33 US-Amerikanern, die dank des Indy 500 in den Formel-1-Resultatlisten geführt werden, hat in dieser Zeit keiner bei einem weiteren WM-Lauf Punkte erobert.

Qualifying: Wo laufen sie denn?
Immer wieder wurde mit dem Qualifikations-Format herumgeeiert. 2005 wurden die Bestzeiten der Fahrer aus zwei Qualifyings addiert, weder Fans noch Fahrer mochten diese Lösung. Vor dem Monaco-GP wurde sie fallengelassen. Auch das Einzelzeitfahren von 2003 fanden die meisten Fans öde. Das heutige System mit Quali 1 (die sechs Langsamsten scheiden aus), Quali 2 (die nächsten sechs Langsamsten scheiden aus) sowie Quali 3 (die schnellsten Zehn im Kampf um die Pole-Position) hat sich durchgesetzt.

Und die Goldmedaille geht an ...
Die Sprinkleranlage war nicht die einzige tolle Idee von Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone: 2009 wollte er das Punktesystem für die Fahrer-WM durch Medaillen wie bei den Olympischen Spielen ersetzen: Gold für den Sieger, Silber für den Zweitplatzierten, Bronze für den Dritten. Weltmeister würde der Fahrer mit den meisten Medaillen. Der Applaus für diesen Einfall hielt sich in Grenzen.

Zwei Meisterschaften
1987 war die Formel 1 eine Zweiklassen-Gesellschaft: Autos mit Turbomotoren, Autos mit Saugmotoren. Die Sauger (Tyrrell, Lola, AGS, March und Coloni) waren rettungslos unterlegen. Also liess sich der Automobilverband ein Zückerchen einfallen und erschuf die «Jim Clark Trophy» (für den besten Fahrer mit Saugmotor) und die «Colin Chapman Trophy» (für das beste Team ohne Turbo). Erwartungsgemäss interessierte sich keiner für diesen Pokal, oder – Hand aufs Herz – hätten Sie gewusst, wer diese Titel eroberte? Es waren Tyrrell und Jonathan Palmer. In der Gesamtwertung wurde der Engländer immerhin WM-Elfter, Tyrrell eroberte Rang 6 im Konstrukteurs-Pokal.

Fahrhilfen
Gewiss, die Formel 1 sollte den Mount-Everest-Gipfel des technisch Machbaren darstellen, aber die Meisterschaft heisst noch immer Fahrer-WM. Also zog der Autoverband FIA Ende 1993 die technische Notbremse und verbannte Fahrhilfen wie Traktionskontrolle, ABS und aktive Radaufhängungen.

Einheits-Heckflügel
Überholen war in der Formel 1 nie einfach – nur haben früher die Fahrer nicht darüber gejammert. Um die Autos aerodynamisch weniger anfällig zu machen, um das Aufschliessen zum Gegner und somit auch das Überholen zu ermöglichen, wurde Nick Wirth (ex-Technikchef von Benetton) mit der Lösungsfindung beauftragt. Seine Lösung hiess «CDG Flügel» (centreline downwash-generating) – ein zweigeteilter Heckflügel, dessen Strömungsverhalten es erlaubte, dass der folgende Wagen nicht zu viel Anpressdruck auf seinem Frontflügel verliert. Wirth war davon überzeugt, dass die Idee funktioniert. Hübsch war sie trotzdem nicht, und die Entscheidungsträger waren davon nicht überzeugt. Ab in den Papierkorb! Wie das hätte funktionieren sollen sehen Sie ganz unten.

Einheitsmotor
Im Grunde hatten wir das schon mal: In den 70er Jahren fuhren (mit Ausnahme von Ferrari und BRM) alle mit dem Cosworth-V8-Motor. Also wurde diese Idee vor fünf Jahren wieder aufgegriffen, mit dem zweifelhaften Einfall, dass sich die modernen Motorenhersteller (und das waren in der Saison 2008 immerhin Ferrari, BMW, Renault, Toyota, Honda und Mercedes) darum bemühen sollten, der neue, alleinige Motorenlieferant der Formel 1 zu werden, ab 2010, bitteschön. Später präzisierte die FIA, die anderen dürften durchaus im Sport bleiben, hätten aber die Aggregate nach den Plänen des zu kürenden Motorherstellers zu bauen. Die Hersteller reagierten mit günstigeren Deals für die Kundenrennställe, den Einheitsmotor gab es zum Glück nie.

Grand Prix: Aus eins mach zwei
Der frühere Renault-Teamchef Flavio Briatore regte an, pro GP-Wochenende zwei Läufe auszutragen. Eine Idee, die periodisch wieder auftaucht, mit weiterer Verwendung aber nicht besser wird. Vor allem nicht dann, wenn auch noch wie in der GP2 und GP3 die Startaufstellung der ersten Acht umgedreht werden soll (der Sieger von Lauf 1 muss als Achter in Lauf 2 gehen, der Zweitplatzierte als Siebter etc.). Das ist alles viel zu künstlich. Ein Grand Prix muss etwas Besonderes bleiben, das Wochenende wird durch zwei Petit Prix nicht attraktiver.

Und hier die versprochene Animation des CDG-Flügels:

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