Sebastian Vettel (Ferrari): GP-Fans als Verlierer

Von Mathias Brunner
Sebastian Vettel

Sebastian Vettel

​Ferrari-Star Sebastian Vettel macht sich Gedanken darüber, wie die Formel 1 für die Grand-Prix-Freunde attraktiver gestaltet werden könnte. Er beobachtet Machtkämpfe mit Besorgnis.

Die Formel 1 steckt in der Tinte, schwärzer geht es kaum. Zwischen Jean Todt, dem Präsidenten des Automobil-Weltverbands FIA, und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone auf der einen Seite sowie den Motorenlieferanten auf der andere Seite ist ein Machtkampf entbrannt. Todt und Ecclestone haben es unterschätzt, welche Macht die Hersteller der sündhaft teuren V6-Turbomotoren erlangen werden, wenn man ihren zu viele Freiheiten gestattet. Bis hin zum Punkt, an dem die beiden Red-Bull-Teams ohne Motoren da standen und Rennställe wie Lotus und Sauber ohne Hoffnung auf Besserung ihrer Finanzsituation blieben.

Die Formel 1 ist auch zerstritten, weil Sauber und Force India bei den Wettbewerbshütern der EU vorstellig wurden, um die Preisgeldverteilung im GP-Sport zu beleuchten. Die Kleinen sind neidisch auf die Grossen, weil die Grossen überproportional Geld bekommen, und alle sind neidisch auf Ferrari, weil Ferrari ein ganz besonderer Sonderfall ist. Samt Vetorecht gegen Änderungen im technischen und sportlichen Reglement.

Die Formel 1 ist ferner zersplittert bei der Frage, wie es mittelfristig mit dem Sport weitergehen soll. Alle sind sich einig darüber, dass die Formel 1 die Zuschauer wieder mehr begeistern muss, denn proppevolle Ränge wie in Mexiko sind die Ausnahme, nicht die Regel.

Wir haben sehr viele Konfliktherde, grosse und kleine Machtkämpfe, und Ferrari-Star Sebastian Vettel, dem der Sport sehr am Herzen liegt und der ein grosser Bewunderer der reichen Grand-Prix-Historie ist, dieser Sebastian Vettel macht sich Sorgen.

Der Heppenheimer setzt mal dort den Hebel an, wo es ihn direkt betrifft: beim Überholen. Oder vielmehr bei Problem, eben nicht überholen zu können.

In einer Medienrunde in Interlagos hält der vierfache Formel-1-Champion fest: «Auf dem Papier müsste Brasilien beispielsweise ein Kurs sein, wo man leicht überholen kann. Aber in der Praxis zeigt sich: Wenn du nur zwei Zehntelsekunden schneller bist als dein Vordermann, ist es schon sehr schwierig, nahe genug für einen Angriff zu kommen.»

Was mit den modernen Rennern dann passiert: Der Windschatten ist kein Vorteil, sondern wird zum Nachteil. In den Luftverwirbelungen des vorausfahrenden Boliden wird die Aerodynamik des Verfolgers gestört, die Kühlung wird kompromittiert, die Reifen bauen ab.

Vettel schliesst daher: «Was wir brauchen, das ist ein Auto, mit dem man in jeder Kurve dicht aufrücken kann, in langsamen Ecken, in mittelschnellen Kurven, in schnellen Bögen. Das können wir nur dann erreichen, wenn wir wieder mehr mechanischen als aerodynamischen Grip haben.»

Nicht nur innerhalb der so genannten Strategiegruppe (Vertreter von sechs Rennställen, FIA-Präsident Jean Todt und Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone) wird heftig darüber gestritten, pardon, diskutiert, wie die neue, schnellere, aggressivere Formel 1 ab 2017 aussehen soll.

Vettel erkennt eine Abkürzung: «Gebt uns Reifen, mit welchen wir schneller fahren können. Rennfahrer wollen immer mehr Speed. Die Lösung wäre wirklich denkbar einfach. Leider aber sieht die Realität anders aus. Dieser Sport ist hochpolitisch, verschiedene Leute verfolgen unterschiedliche Ziele. Weil die Verantwortlichen sich selten auf etwas einigen können, wird es schwierig, hier einen Durchbruch zu erzielen.»

Bereits machte im Fahrerlager von Interlagos die Runde: Die Teams sind so uneins darüber, wie die Formel 1 2017 aussehen soll, dass der GP-Sport eventuell erst 2018 ein anderes Gesicht bekommt. Wenn überhaupt.

Für Vettel ist aber der Speed Grundlage dafür, dass wieder mehr Zuschauer zu den Strecken kommen. Der Ferrari-Pilot ist vom Gedanken überzeugt, eine schnellere Formel 1 wäre nicht nur für die Fans spektakulärer, sie wäre auch für die Piloten wieder reizvoller. Vettel würde das sofort unterschreiben: Die Formel-1-Anhänger sollen wieder Piloten am Limit sehen, keine Spritsparfahrten, bei welchen den Fahrern ständig vorgeschrieben wird, was sie zu tun und zu lassen haben. Die Fans wollen Helden am Lenkrad sehen, wie wollen spüren, dass es Ausnahmekönner braucht, um die Rennwagen zu bändigen.

Vettel bedauert: «Leider sind die Leidtragenden die Fans, die schliesslich für diesen Sport bezahlen. Ich bin überzeugt, dass sie eine schnellere, aufregendere Formel 1 sehen wollen. Gleichzeitig muss man auch realistisch bleiben. Wenn wir zehn Jahre zurückblicken oder zwanzig Jahre, dann gab es in den damaligen Rennen auch nicht mehr Überholmanöver.»

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