Fahrer unterfordert: Gipfel mit Pirelli & Ecclestone

Von Mathias Brunner
​Der langjährige GP-Pilot David Coulthard sagt: «Viele Fahrer würden sich nicht trauen, das offen zu sagen, aber sie fühlen sich unterfordert.» Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone handelt.

Für den langjährigen BBC-Mitarbeiter David Coulthard (246facher GP-Teilnahmer) steht fest: Das ist nicht mehr seine Formel 1. Der 44jährige Schotte meinte im vergangenen Jahr in einer seiner Kolumnen für die Kollegen der BBC: «Für mich sollte die Formel 1 die schnellste Rennwagenformel sein. Wir aber sind mehrere Sekunden langsamer als vor zehn Jahren. In einer Welt, die sich mehr und mehr beschleunigt, ist das vielleicht nicht das richtige Signal. Die Fans wollen doch spüren, dass hier überdurchschnittliche Athleten 300 km/h schnelle Autos bändigen. Das ist fundamental für die Formel 1.»

«Vor kurzem habe ich für eine Hintergrundsendung Material vom Frankreich-GP 2000 angeschaut, den ich damals gewinnen konnte. Genau, das war jenes Rennen, in dem ich Michael Schumacher eine nicht ganz Gentleman-würdige Geste gemacht habe, weil mich sein Fahrstil aufgeregt hat. Mit Schumi war das ganz anders – diese Autos waren richtig schnell! Beim Studium der Aufnahmen war ich baff über den Unterschied zu heute.»

Der 13fache GP-Sieger weiter: «Heute sehe ich Fernsehbilder von den Piloten in Kurve 3 von Barcelona. Das ist eine fabelhafte Kurve, hier sollten die Piloten auf der Rasierklinge reiten, mit zusammengekniffenen Hinterbacken, fast Vollgas, so wie es noch vor einigen Jahren war. Nun jedoch müssen dort alle vom Gas, die ganze Herausforderung ist weg. Ich will die Fans aber staunen sehen: „Wow! Habt ihr gesehen, wie schnell die sind?“ Statt dessen bewegen sich die Autos in Bereichen, welche die Fahrer unterfordern. Keiner von ihnen würde das öffentlich sagen, aber ich weiss, dass viele Piloten von der gegenwärtigen Formel 1 enttäuscht sind. Sie sind einfach zu weit davon entfernt, was sie am Lenkrad wirklich zeigen könnten.»

Im Rahmen ihrer Arbeit für die Fahrervereinigung GPDA haben die Piloten diese Bedenken Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone mitgeteilt. Er bestätigt nun gegenüber BBC Sport: «Die meisten Fahrer sind mit den bisher verwendeten Reifen nicht mehr glücklich. Weil sie viel zu selten am Limit fahren können. Ich unterstützte komplett ihr Begehren, dass sie die meiste Zeit über alles aus dem Auto und auch aus sich selber holen können wollen. Und ich habe das Pirelli mitgeteilt.»

Anfangs Februar wollen sich Teamchefs, Bernie Ecclestone und Vertreter von Pirelli im Mailänder Hauptsitz von Pirelli treffen. «Jeder Fahrer ist herzlich eingeladen, auch zu erscheinen», sagt der 85jährige Ecclestone. «An der Sitzung wird der Präsident von Pirelli teilnehmen, kein Botenjunge.»

Die Fahrer fürchten: Wenn die Formel-1-Autos 2017 oder 2018 markant schneller werden sollen, wird Pirelli aus Sicherheitsgründen nicht mitziehen. Und die Mailänder wollen das deshalb nicht, weil sie so viele Daten als möglich sammeln wollen, ihr Wunsch nach mehr Testfahrten vom Formel-1-Reglement jedoch abgewürgt wird.

Bernie Ecclestone findet, Pirelli wurde damit in eine unmögliche Situation gebracht: «Pirelli ist mit mir einig – wir brauchen wieder mehr Tests. Ich will die besten Rennställe der Formel 1 mit ihren Stars testen sehen. Dann bekommt Pirelli auch die Antworten, die sie suchen.»

Netter Nebeneffekt: Über die Formel 1 würde mehr geredet. Es ist lächerlich, dass sich in gewissen Jahren vom WM-Finale Ende November bis zu den ersten Wintertests Ende Februar in der Formel 1 kein Rad dreht.

Aber haben die Fachleute von Pirelli nicht immer beteuert: Der Autoverband FIA und Bernie Ecclestone wollten Reifen, die gezielt abbauen – um Reifenwechsel zu begünstigen und die Grands Prix zu durchmischen? War das nicht die Vorgabe? Die hat leider zur Folge, dass die Fahrer mit ihren Walzen umgehen wie mit rohen Eiern. Und das ist spannungshemmend.

Bernie Ecclestone erwidert: «Wir haben nur gesagt – baut Reifen, die ungefähr die Hälfte des Rennens halten. Dann bekommen wir auch Boxenstopps. Doch ich finde, die Piloten sollten trotzdem in der Lage sein, so schnell als möglich zu fahren. Wenn die Startampel erlischt, sollten sie Vollgas geben können.»

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