KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Verhältnismässigkeit der Mittel

Kolumne von Guido Quirmbach
Auch der Racing-Box-Lola wurde Opfer der Stewards

Auch der Racing-Box-Lola wurde Opfer der Stewards

Nach dem 1000km-Rennen von Spa hagelte es Disqualifikationen. Die Begründungen aber sind mehr als zweifelhaft.

Da haben es die Techniker und Stewards der LMS mal wieder besonders viel Fingerspitzenggefühl bewiesen. Gleich vier Autos wurden nach dem Rennen aus der Wertung genommen. Zumindest bei zwei Fällen ist die Begründung möglicherweise nach den Buchstaben des Gesetzes, aber kann unmöglich im Sinne des Reglements sein.

Beim Sieger der GT2, dem Felbermayr/Proton-Porsche von Marc Lieb und Richard Lietz wurde beanstandet, dass ein Teil der Kotflügelverbreiterung hinten rechts fehlt und das Auto damit nicht mehr den Mindestmassen entspricht. Das Teil ging verloren, als ein Aston Martin beim Überrunden dem Porsche aufs Rad fuhr. Darüberhinaus gab es durch die Kollision noch einen Reifenschaden, alles in allem betrug der Verlust rund zwei Minuten. Und eins ist auch klar, durch dieses abgerissene Teil wird der Porsche sicher nicht schneller.

Nach Ansicht der Stewards hätte das Team reparieren müssen.  In der Verurteilung heisst es wörtlich:

«Es liegt in der Verantwortung des Wettbewerbes, das Rennen im Einklang mit den technischen Regularien zu beenden. Anstelle wenige Runden vor dem Ende des Rennens noch einen Reparaturstopp einzulegen und zu hoffen, noch zweiter oder dritter zu werden, hat der Wettbewerber entschieden, das Rennen mit einem illegalen Auto zu beenden, um die Führung nicht zu verlieren. Diese strategische Entscheidung rechtfertigt nicht, am Ende des Rennens ein nicht reguläres Auto zu haben. Entscheidung: Auto #77 wird vom Rennen ausgeschlossen!»

Die Kollision hat zur Rennmitte stattgefunden, aber laut dem Richterspruch hätte ein Reparieren in der vorletzten Runde gereicht. Man kann also fast das gesamte Rennen mit illegalem Auto fahren, nur im «parc ferme» muss es dem Reglement entsprechen?

Aber die Stewards hatten noch weitere Opfer. Der drittplatzierte LMP2-Racing-Box Lola hatte drei Runden vor dem Ende einen Reifenplatzer, der Reifen zerschlug die Heckpartie. An der Box gab es neuen Gummi und er fuhr noch die eine Runde bis zum Ende. Disqualifikation, denn ein Rücklicht ging nicht. Es war durch den Reifenschaden gar nicht mehr da.  

Eine Wahl hatte Racing Box sowieso nicht. Denn für eine Reparatur blieb keine Zeit und man muss in der LMS auf der Strecke ins Ziel fahren, um gewertet zu werden.

Übrigens, während der Rennen der LMS kommt es immer wieder vor, dass Autos von der Rennleitung an die Box befohlen werden, um optische Schäden oder zum Beispiel Lichter zu reparieren. In beiden Fällen aber schauten die Sachrichter zu, ohne etwas zu beanstanden.

Hier stimmt die Verhältnismässigkeit nicht. Bei nur fünf Rennen kann ein solcher Ausschluss meisterschaftsentscheidend sein. Es wurden zwei Wagen für unverschuldetes Rennpech doppelt gestraft, was nicht im Sinne des Sports sein kann.

Und die Urteilsbegründung bei Felbermyr-Proton lädt zum «Besch….» in der Zukunft gerade zu ein.

Natürlich geht es nicht, dass ein Auto bei der Abnahme nicht den Regeln entspricht. Aber sollten die Stewards doch einmal abwägen, ob das Vergehen einen Vorteil bietet und wie auch, wie der Schaden entstanden ist. Da könnte es auch angemessenere Strafen geben als ein Ausschluss.  Oder aber wie der Lateiner schon sagte: «in dubio pro reo!» Schliesslich geht es um Autorennen!

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