KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Stefan Bradl: «Ich habe kein Kalex-Chassis gesehen»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl: Er war 2013 in Texas Fünfter und 2014 Vierter auf der LCR-Honda

Stefan Bradl: Er war 2013 in Texas Fünfter und 2014 Vierter auf der LCR-Honda

Stefan Bradl hat am Montag und Dienstag in Jerez für Honda getestet und ist inzwischen in Texas eingetroffen. Der erste Test mit dem Kalex-Chassis wurde verschoben.

Stefan Bradl hat ein paar turbulente Tage hinter sich, denn er testete am Montag und Dienstag auf dem Circuito de Jerez die Honda RC213V und ahnte bei der Anreise bereits, dass er am kommenden Wochenende beim «Red Bull US GP» für den verletzten Marc Márquez einspringen muss.

Als diese Vermutung am Dienstag zur Gewissheit wurde, musste der Bayer den Jerez-Test bereits nach 14 Uhr abbrechen, um nach Sevilla zu hetzen, wo er um 17.30 Uhr einen Flug nach Madrid erreichen musste. Dort blieb der Honda-Testfahrer über Nacht und verpasste dann fast den Flug um 6.20 Uhr nach Frankfurt, von wo er Mittwochmittag mit der Lufthansa nach Houston/Texas flog. Dort folgte nach der Ankunft um 15 Uhr Ortszeit noch eine dreistündige Autofahrt nach Austin – mit einigen heftigen Gewittern unterwegs.

Am Wochenende steht Stefan Bradl (33) für Repsol-Honda erstmals seit dem Misano-GP 2022 wieder statt Marc Márquez im Einsatz. Er hat 2013 mit der LCR-Honda in Austin einen fünften und 2014 einen vierten Platz erreicht.

Erstmals in der MotoGP-Viertakt-Ära (sie begann 2002) treten zwei Deutsche in der «premier class» an, denn Landsmann Jonas Folger (29) ersetzt im GASGAS Factory Racing Tech3-Team den schwer verletzten Pol Espargaró.

Stefan, hast du schon zu Ostern erwartet, dass Marc Márquez für Texas nicht fit sein wird?

Man hat gewusst, dass Marc schon in Argentinien nicht fahren konnte und so ein Mittelhandknochenbruch auf der rechten Seite einige Wochen zur Heilung beansprucht. Deshalb war ich vorgewarnt.

Aber die finale Entscheidung kam erst zu Beginn dieser Woche.

Hast du das Testprogramm trotz der frühen Abreise in Jerez zur Gänze erledigen können?

Ja, aber natürlich hätten wir am zweiten Tag bei diesen einwandfreien Wetterverhältnissen noch einiges mehr erledigen können.

Wir sind halt am ersten Tag möglichst viel gefahren. Dann haben wir am Dienstag gleich kurz nach 10 Uhr begonnen und unser Testprogramm durchgezogen.

Aprilia-Testfahrer Lorenzo Savadori hat erzählt, du seist bereits mit dem neuen Kalex-Chassis gefahren. Aber die Beobachter, mit denen ich gesprochen habe, haben nur die bisherigen Honda-Chassis in deiner Box gesehen.

(Er lacht). Was soll ich dazu sagen? Ich habe bisher auch kein Kalex-Chassis gesehen.

Mein Rahmen war silbrig und aus Aluminium. Von der Form her habe ich keinen Unterschied zu den bisherigen Versionen gesehen.

Dann wurde der erste Probegalopp mit Kalex wohl auf den Montag-Test in Jerez am 1. Mai verschoben, weil das Chassis zuerst auf den Prüfständen von HRC in Japan getestet wird.

Dazu kann ich nichts sagen. Ich habe darüber keine Informationen. Aber der nächste MotoGP-Test findet am Montag nach dem Spanien-GP statt. Das ist richtig.

Ducati hat nach 2011 mit verschiedenen Herstellern einige Jahre gebraucht, bis ein konkurrenzfähiges Alu-Chassis entstanden ist. Also werden die Kalex-Techniker in der kurzen Zeit seit Mitte November auch kein Wunder vollbringen können.

Außer sie haben Zauberhände…

Du bist jetzt seit 2016 (damals mit Aprilia) nicht auf dem COTA gefahren. Mit welchen Erwartungen trittst du an? Marc Márquez hat dort sieben Mal gewonnen.

Ja, ob es für Honda eine gute Piste ist, werden wir sehen. Für Marc Márquez war dieser Linkskurs in der Vergangenheit eine gute Strecke.

Aber ich glaube, dass es für Honda momentan auch in Austin nicht einfach wird.

Die Strecke hat mir bisher immer Spaß gemacht, ich bin immer gerne in den USA gefahren, auch in Laguna Seca.

Es ist für mich immer etwas Besonderes und eine Ehre, für das Repsol-Honda-Werksteam am Start zu stehen, obwohl ich das mittlerweile gut kenne, weil ich es inzwischen x-mal gemacht habe.

Das Wichtigste ist, dass wir Punkte holen, wenn es möglich ist. Aber ich mach' mir da jetzt keinen Stress. Denn das neue Format mit nur zwei Trainings bis zum Quali und dem Sprintrennen ist für mich ungewohnt.

Die Strecke ist für 2022 teilweise neu asphaltiert worden, weil sie so bucklig geworden war. Ich bin gespannt, in welchem Zustand sie sich jetzt präsentiert. Das wird interessant.

Ich kann jetzt nicht vorrangig darum kämpfen, dass ich irgendwas reisse. Denn bei unserer Situation bei Honda ist es am wichtigsten, dass ich das Ding bewege, ein bisschen was lerne und heil aus dieser Nummer rauskomme.

Es hat keinen Sinn, mit hohen Ansprüchen in das Wochenende zu starten.

Ich kann mich mit den Testfahrerkollegen Michele Pirro und Jonas Folger messen, aber unsere Prioritäten sollten woanders liegen. Es geht nicht darum, ein Ergebnis zu erkämpfen und dann wieder heimzufliegen.

Langfristig gesehen wäre es für uns besser, wenn wir in Texas das Maximum an Effizienz aus der Technik rausholen und dazulernen, wie wir das Motorradl wieder in die Spur bringen.

Konntest du in Jerez jetzt einmal ein Sprintrennen simulieren?

Ja, das habe ich mir schon herausgenommen.

KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer hat Jonas Folger mit auf den Weg gegeben, er soll gesund bleiben und das Gerät heil ins Ziel bringen.

Ja, da ist schon was dran. Denn es gibt für einen Testfahrer in der WM momentan fast nichts zu gewinnen, aber jede Menge zu verlieren. Und das muss man schon in Relation sehen.

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